Kreis Wesel. Ein Gericht entscheidet, dass eine Landwirtin ihre Herdenschutzhunde nachts in den Stall bringen muss – ein Einzelfall. Reaktionen zum Urteil.

Schafhalter in der Region werden genau hingeschaut haben: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat entschieden, dass eine Landwirtin aus dem Rhein-Sieg-Kreis ihre Herdenschutzhunde im Wolfsgebiet nachts (22 bis 6 Uhr) und während der Mittagsruhe an Sonn- und Feiertagen (13 bis 15 Uhr) in einem Gebäude unterbringen muss, sodass das Gebell der Hunde die Nachbarn nicht stört.

Das OVG schreibt in seiner Mitteilung von einer möglichen Beschränkung „im Einzelfall“. Hieraus sei keine Verallgemeinerung abzuleiten, betont ein Sprecher des OVG zur Einordnung. Zudem gibt es bei dem vorliegenden Anliegen ein paar Besonderheiten: So fehlten offenbar Angaben der Frau, etwa zur notwendigen Zahl der Hunde oder zu einem anerkannten Standard, dass ihre Herdenschutzhunde zertifiziert sind. Nichtsdestotrotz: „Es spricht Überwiegendes dafür, dass das Gebell der Herdenschutzhunde die Nachbarn mehr als nur geringfügig belästigt und daher gegen das Landes-Immissionsschutzgesetz verstößt“, befand das Gericht. Der Herdenschutz genieße nicht absoluten Vorrang, so der Gerichtssprecher.

Vorsitzender der Schafhalter im Kreis: „Wir müssen uns entscheiden, was wir wollen“

Man müsse den Einzelfall unterscheiden, das sei nicht der Allgemeinzustand, ordnet auch Maik Dünow, Vorsitzender der Schafhalter im Kreis das Urteil ein. Er sagt aber auch: „Wir müssen uns als Gesellschaft entscheiden, was wir wollen.“ Wenn der Wolf hier lebe, Schafe gehalten werden – auch für den Deichschutz – dann müssten die Halter ihre Tiere schützen, und Anwohner entsprechend auch das Bellen ertragen. Dünow nimmt die zuständigen Behörden in die Pflicht: Sie müssten sich für die Halter einsetzen, Anwohner entsprechend sensibilisieren und diese Diskussion bald führen.

Er hält selbst Herdenschutzhunde, kennt die Diskussion, wenn es auch seines Wissens in der Region noch keine massiven Beschwerden gegeben hat. Für Schäfer, welche ihre Tiere auf einer festen Weide grasen lassen, mitunter auch näher an Wohnbebauung, sei das schon eher ein Thema als für die wandernden Schäfer. Das Bellen der Tiere sei auch schon mal kilometerweit zu hören. „Dafür sind die Hunde aber auch da“, sie sollen Eindringlinge wie den Wolf damit von der Herde fernhalten, betont er. „Was sollen wir machen ohne die Hunde? Wir wissen, dass Zäune nicht funktionieren.“ Denn bei ihm haben sich Herdenschutzhunde als effektive Maßnahme bewährt.

Anschaffung der Herdenschutzhunde: Förderung nur unter bestimmten Voraussetzungen

„Sie sind das A und O“, betont auch Peter Malzbender, Vorsitzender vom Naturschutzbund (Nabu) im Kreis Wesel. Auf das Gerichtsurteil angesprochen, sagt er: „Das ist Realsatire“, nachts hätten Herdenschutzhunde ihre Hauptaufgabe zu erfüllen, Halter müssten doch verzweifeln.

Laut Landwirtschaftskammer werden Ausbildung und Anschaffung von Herdenschutzhunden im Wolfsgebiet gefördert, allerdings nicht in der Pufferzone. Auch ist die Förderung an gewisse Voraussetzungen wie die Herdengröße gebunden. (acf)