Xanten. 27 Kühe leben auf dem Weidenhof in Xanten. Und einige von ihnen sind ganz schön verschmust… Doch nur manchmal gibt’s den großen Liebesbeweis.
Wilma und ihre Freundinnen liegen gemütlich auf der Wiese – keine Fliege, und auch kein Mensch, kann sie bei ihrer morgendlichen Ruhe stören. Na gut, etwas neugierig sind sie aber auch, deshalb verfolgen sie mit ihren dunklen Augen genau, wer sie denn nun besuchen kommt. Aber keine Sorge! Das sind nur Margot und Heinrich van den Berg, „ihre“ Landwirte. Da können sie ja ganz beruhigt weiterdösen, wiederkäuen, faulenzen… was kuh eben so an einem sonnigen Vormittag macht. Doch als ein lockendes „Mäusezahn“ erklingt, schaut Wilma schnell auf. Sie scheint zu wissen, was sie gleich erwartet, mehr noch, scheint sich richtig zu freuen aufs… Kuhkuscheln!
Klingt ungewöhnlich? Vielleicht. Aber Margot und Heinrich van den Berg lieben einfach Kühe, das war schon immer so, deshalb haben sie sich im Jahr 2016 dazu entschieden, auf Gelbvieh umzustellen. „Das ist eine bedrohte Hausrindrasse, die sehr ruhig ist“, erklärt er. „Dadurch ist ein entspannter Umgang möglich.“ Und das war ihr Ziel. Denn auf ihrem Weidenhof ist der landwirtschaftliche Betrieb längst zum Nebenerwerb geworden, stattdessen stehen familiengerechte Angebote im Vordergrund. Die beiden haben den Lehrgang zur Bauernhoferlebnispädagogik absolviert und bieten seitdem Ferien auf dem Bauernhof an, organisieren Kindergeburtstage, laden Schulklassen zum Erlebnistag ein – und nun gibt’s eben auch noch das Kuhkuscheln.
Vom Bankkaufmann zum Bauern
Letzteres ist vor allem auf seinem Kuhfladen, Pardon, Mist gewachsen… „Ich habe 30 Jahre als Bankkaufmann gearbeitet“, erzählt Heinrich van den Berg. Aber mit 55 Jahren war er bereit für eine neue Phase seines Lebens, eine, in der er sich gemeinsam mit seiner Frau in Vollzeit um den Familienbetrieb kümmert. Immerhin ist die Nachfrage nach Ferien oder Aktionen auf dem Bauernhof immer größer geworden. Woran das liegt? „Wahrscheinlich, weil die Umgebung ideal für Kinder ist“, vermutet Margot van den Berg. „Hier wird nicht viel verboten und auch Kinder, die sehr lebhaft sind oder eine Behinderung haben, können eine positive Zeit haben.“
Das Kuhkuscheln, das die beiden selbst mal auf einem anderen Hof ausprobiert haben, passt daher perfekt in ihr Programm. Bevor es aber so richtig losgeht, gibt Heinrich van den Berg noch eine kleine Einführung: „Man geht auf die Kuh zu, aber lässt ihr den letzten halben Meter.“ Dann kann das Tier selbst entscheiden, ob es Lust aufs Kennenlernen hat. Wobei es dabei einige Unterschiede gibt… „Die Herde lässt sich grob in drei Gruppen unterteilen“, erklärt er, „es gibt die Verschmusten, die, denen es wurscht ist, und die, die in Ruhe gelassen werden wollen.“ Zur letzteren Gruppe gehört Gertrude, „die würde sofort aufstehen und verschwinden.“ Ganz im Gegensatz zu Wilma.
Der Liebesbeweis einer Kuh
„Mit ihr lässt es sich gut schmusen“, sagt der Landwirt und setzt sich zu ihr auf die Wiese. Seine Frau hockt sich ebenfalls ins Gras und beginnt das Tier am Hals zu kraulen. Ach, herrlich! Wilma reckt genießerisch den Kopf in die Höhe, vergisst dabei fast zu kauen und fast, aber nur fast, fallen ihr dabei die Augen zu. „Kühe zeigen, was sie möchten oder nicht“, sagt Margot van den Berg. „Das ist das Tolle! Denn Menschen trauen sich genau das ja ganz oft nicht.“ Das bedeutet aber auch… „Vorsicht, von hinten kommt Gusti“, ruft ihr Mann. Gusti möchte jetzt bitte auch Aufmerksamkeit bekommen und ebenfalls so schön am Hals gekraut werden… Ja, Eifersucht kennen auch Kühe.
Deshalb sind Landwirt und Landwirtin immer dabei, wenn es zum Kuhkuscheln auf die Wiese geht. Angst braucht aber niemand zu haben, versichert Margot van den Berg. „Kühe sind sehr empathisch und achten auch auf Kinder.“ Und wem das noch nicht reicht: „Kühe können nicht beißen, weil sie oben keine Zähne haben.“ Das ist doch beruhigend. Falls Gusti aber doch zu aufdringlich wird, dann einfach aufrecht hinstellen und laut aufstampfen. „Dadurch lernen Kinder auch selbstbewusstes Auftreten“, sagt sie. Das braucht es aber bei Gusti nicht, sie schnuppert nur und leckt dann am Bein. „Ein echter Liebesbeweis!“ Doch so süß die Tiere auch sind, geht’s auch immer um einen Bezug zur Landwirtschaft.
Wie eine Wärmflasche
„Wir betreiben Mutterkuhhaltung“, hält Margot van den Berg fest. Die 27 Kühe sind also Nutztiere, dienen der Züchtung oder werden zum Schlachten verkauft. „Kinder sollen lernen, dass die Kuh gelebt hat, bevor sie zum Hamburger wird.“ Das klingt hart, gehört aber zur Wahrheit dazu. „Dann kann jeder selbst entscheiden, ob er Fleisch essen will oder nicht.“ Klar, auch ihr wachsen die Tiere ans Herz, viele behalten sie sowieso. Und diejenigen, die sie verkaufen, hatten zumindest ein schönes Leben. Aber, auch das muss sie oft erklären, nicht alle Kühe haben es so gut wie auf dem Weidenhof. „Selbst Schülern vom Gymnasium müssen wir oft erklären, wieso es überhaupt intensive Tierhaltung gibt.“
Ja, bei einem Besuch auf dem Bauernhof können Klein und Groß so einiges lernen. Aber natürlich darf der Spaß dabei nie aus dem Blick geraten… Deshalb ruhig nochmal Gesa über den Rücken streichen. „Das ist eine ganz Nette“, sagt Heinrich van den Berg. „Sie ist nur manchmal wie ein Elefant im Porzellanladen.“ Jedes Tier hat seinen ganz eigenen Charakter und Gesa ist eben etwas tollpatschig. Aber was ist denn nun das Tolle am Kuhkuscheln? Darauf gibt’s gleich mehrere Antworten. „Kühe sind ein Grad wärmer als Menschen“, sagt Margot van den Berg. „Deshalb sind sie wie eine Wärmflasche.“ Kuscheln ist also quasi eine Entschleunigung, bei der auch noch Glückshormone ausgeschüttet werden. Besser geht’s doch kaum!
Plötzlich entsteht Unruhe. Gretel, die Leitkuh, hat entschieden: Sie haben alle genug gekuschelt, jetzt ruft der Hunger. Noch ein kurzes Tätscheln abholen, dann trotten Wilma und ihre Freundinnen die Wiese hoch, wo das Gras noch etwas grüner ist, und mampfen, mampfen, mampfen. Was kuh eben so macht.
>>> Kuhkuscheln auf dem Weidenhof in Xanten
Das Kuhkuscheln auf dem Weidenhof, Trajanstraße 14a in Xanten, dauert rund anderthalb Stunden. Nach einer kurzen Einführung geht’s zu den Tieren auf die Weide oder in den Stall.
Die Kosten liegen bei 100 Euro für zwei Personen und bei 140 Euro für bis zu vier Personen. Größere Gruppen sind nur nach einer vorherigen Absprache möglich.
Weitere Informationen sind auf der Homepage zu finden: www.weidenhof-xanten.de. Buchungsanfragen sind möglich unter 02801/7009652 oder per E-Mail an info@weidenhof-xanten.de