Kevelaer. Dunja Berendsen ist mit ihrer Familie und ihrer Schafsherde von Witten nach Kevelaer gezogen. Ein Fernseh-Team hat sie dabei begleitet.

Das ratternde Motorengeräusch stellt Lennart kurz ab, um vom Sitzrasenmäher zu springen und schnell zum Haus zu laufen. Er sagt mal eben seiner Mutter Bescheid, danach muss er aber weitermachen. Der 16-Jährige hilft auf dem Naturhof Kevelaer mit, wo er nur kann. „Weil mir das Spaß macht“, sagt er noch, bevor er das nächste Rasenstück mäht. „Sonst hätten wir den Schritt gar nicht erst gewagt“, erklärt seine Mutter Dunja Berendsen, die sich mittlerweile dazugesellt hat. Dann wären sie gar nicht erst vom Ruhrgebiet an den Niederrhein, von Witten nach Kevelaer gezogen.

Denn dort, wo es etwas bergiger ist als hier auf dem platten Land, hat alles begonnen. Tiere fand Dunja Berendsen schon immer toll, Bauernhöfe auch. „Früher habe ich immer zu meiner Mama gesagt: Wenn ich mal groß bin, wohne ich auf einem Bauernhof mit meiner großen Familie und vielen Tieren“, erinnert sie sich. „Zum Glück habe ich den passenden Mann gefunden, der das alles mitmachen wollte.“ Sie lacht und erzählt von ihrem „serpentinenartigen Lebenslauf“, der sie irgendwann ins Büro führte. „Aber ich war nie glücklich in meinem Job“, sagt sie.

Mit drei Flaschenlämmern fing alles an

Dann aber zog Dunja Berendsen mit ihrem Mann Stefan auf ihren ersten, kleinen Hof in Witten. Und weil zu ihrem Grundstück viel Land gehörte, schenkten ihnen Bekannte drei Flaschenlämmer. Der Name verrät es bereits: Dabei handelt es sich um Lämmer, die mit der Flasche aufgezogen werden. Nun, aus den drei Lämmern sind mittlerweile 200 Schafe geworden, aus der Büroangestellten eine Schäferin. Das passierte natürlich nicht von einem Tag auf den anderen. Sie besuchte Kurse bei der Landwirtschaftskammer, arbeitete bei einem älteren Schäfer mit. „Man braucht praktische Erfahrungen“, betont sie.

Dunja Berendsen aus Kevelaer züchtet Coburger Fuchsschafe – eine alte Landschafrasse, die vom Aussterben bedroht ist.
Dunja Berendsen aus Kevelaer züchtet Coburger Fuchsschafe – eine alte Landschafrasse, die vom Aussterben bedroht ist. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Was als Selbstversorgung anfing, stieß auf immer größeres Interesse in ihrem Umfeld. „Plötzlich wollten auch Freunde das Fleisch kaufen“, erzählt Dunja Berendsen. Und so wuchs langsam die Schafsherde, die darüber hinaus noch einen weiteren, großen Nutzen hat. „Wir haben in Witten ökologische Landschaftspflege betrieben“, erklärt sie. Ein wichtiger Aspekt in immer mehr Städten und Gemeinden: Sogenannte Ausgleichsflächen werden der Natur überlassen. Damit allerdings keine Verbuschung stattfindet, kommen Schafe auf die naturnahen Gebiete. Quasi als lebende Rasenmäher.

WDR begleitet Umzug nach Kevelaer

Doch irgendwann reichte der Platz nicht mehr, sodass sich die Familie nach etwas Größerem umsah und dabei auf den Hof in Kevelaer stieß. Umziehen mit zwei Kindern, einer Oma sowie einigen Hühnern, Hunden, Gänsen und einer ganzen Schafsherde? Gar nicht so leicht. Das ganze Abenteuer, das im August 2021 losging, hat ein Fernseh-Team begleitet. „Unsere eigene Farm“ nennt sich die Sendung im WDR, die im Frühjahr erstmals ausgestrahlt wurde und aktuell noch in der Mediathek abrufbar ist. Dunja Berendsen, die vorher schon bei „Land und Lecker“ mitgemacht hat, hofft mit der Sendung vor allem eines zu bezwecken: „Ein positives Bild von der Landwirtschaft in die Köpfe der Menschen zu bringen.“

Im Hofladen von Dunja Berendsen in Kevelaer gibt’s Hausschuhe aus Wolle, aber auch Fleisch vom Schaf und vieles mehr.
Im Hofladen von Dunja Berendsen in Kevelaer gibt’s Hausschuhe aus Wolle, aber auch Fleisch vom Schaf und vieles mehr. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Dafür nahm die Schäferin auch lange Drehtage in Kauf – „und dass man einen Teil seines Lebens preisgibt.“ Die erste Staffel zeigt den turbulenten Umzug, beleuchtet aber auch die anfänglichen Herausforderungen. Mit ihrem ersten Schlachter hatten sie großes Pech, das komplette Weihnachtsgeschäft brach weg. Davon unterkriegen ließen sie sich aber nicht, das ist auch nicht ihre Art. „Unsere Familie hat sich dazu entschieden, positiv in die Welt zu blicken“, erklärt sie. Deshalb hieß es für sie nach dem Flopp: Ärmel hochkrempeln und eine neue Landschlachterei in der Region finden. Und tatsächlich, am Ende hatten sie auch damit Erfolg.

Fleisch, Wolle und Seife im Hofladen

„Der Schinken ist mein absoluter Liebling“, sagt Dunja Berendsen. Schinken, Pfefferbeißer & Co. bieten sie nun in ihrem kleinen Hofladen an, in dem es auch Schafmilchseife oder Wollprodukte zu kaufen gibt. Letztere kommen aus der Zusammenarbeit mit der Genossenschaft „Das goldene Vlies.“ Das Konzept: „Wir schicken unsere Rohwolle dorthin, wo es gesammelt gewaschen und kardiert wird, und die daraus entstandenen Produkte können wir ein- und wiederverkaufen.“ Irgendwann, vielleicht im kommenden Jahr, planen sie außerdem ein Café zu eröffnen. Getränke und Snacks zum Mitnehmen möchten sie schon vorher anbieten, Gespräche mit regionalen Anbietern laufen bereits.

Außerdem hofft Dunja Berendsen, ihre Schafe bald auch auf niederrheinische Ausgleichsflächen schicken und somit ihren Teil zur ökologischen Landschaftspflege beitragen zu können. Schon jetzt aber hat der Naturhof Kevelaer noch ein anderes, wichtiges Standbein. „Wir wollen Kindern die Natur wieder näherbringen und ihnen zeigen, woher Lebensmittel wie Fleisch eigentlich herkommen“, erklärt sie. Kindergärten und Schulen können einen Ausflug zum Hof planen, daneben finden auch immer wieder verschiedene Aktionen wie die Ferienbetreuung im Sommer statt. Die Kinder dürfen dann zur Herde, um so den achtsamen und respektvollen Umgang mit den Tieren zu erlernen.

Zweite Staffel von „Unsere eigene Farm“

Das macht natürlich großen Spaß! Denn wer einmal über durchs hohe Gras, vorbei an Pusteblumen und Löwenzahn, gestapft ist, wird sofort von den neugierigen Lämmchen begrüßt. „Das sind Flaschenlämmer“, erklärt Dunja Berendsen. „Die Mama hatte Drillinge und bei zwei Zitzen kommt eines immer zu kurz, deshalb füttern wir zu.“ Auch darum geht es ihr – zu zeigen, was für ein schöner und wichtiger Beruf der einer Schäferin oder eines Schäfers ist. Und weil es noch so viel vom Naturhof Kevelaer zu erzählen gibt, laufen aktuell die Dreharbeiten für die zweite Staffel von „Unsere eigene Farm“. Dabei, das muss Dunja Berendsen zugeben, „habe ich selbst seit 18 Jahren keinen Fernseher.“

>>> Zu Besuch auf dem Naturhof Kevelaer

Der Hofladen auf dem Naturhof Kevelaer hat aktuell immer samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Für Camper, die im Rahmen der bundesweiten Aktion „Landvergnügen“ vorbeikommen, öffnet Dunja Berendsen darüber hinaus ebenfalls die Tür.

Weitere Informationen zu Aktionen und Veranstaltungen sind im Internet zu finden unter www.naturhof-kevelaer.de oder bei Facebook und Instagram unter Naturhof Kevelaer.