An Rhein und Ruhr. Asiatische Hornissen breiten sich in NRW aus. Auch immer mehr Nester werden gefunden. Schon bald seien Honigbienen in Gefahr, meint ein Experte.

Sie machen Jagd auf Honigbienen direkt am heimischen Stock, beißen Kopf und Hinterleib ab und verfüttern den Rumpf an ihre Brut: Für Imker Ulrich Gottschalk aus Duisburg-Rumeln und seine Bienen sind Asiatische Hornissen längst ein reales Problem. An vier Ständen seines Zuchtvereins Rumeln seien die invasiven Einwanderer vergangenes Jahr aufgetaucht, erzählt der Vereinsvorsitzende.

Wenig später habe sich das Problem vorerst gelöst: Die Arbeiter-Hornissen gehen im Herbst ein, die Königin überwintert und zieht weiter. Besorgt ist der Duisburger Imker trotzdem: „In Frankreich vernichten sie ganze Bienenvölker. Das wird hier auch passieren, so schnell, wie die sich verbreiten.“

Asiatische Hornissen in NRW: Viele Meldungen an Rhein und Ruhr

Wie schnell sich Asiatische Hornissen in NRW ausbreiten, zeigen Zahlen des Landesumweltamts, das alle bestätigten Sichtungen beim Online-Portal „Neobiota“ angibt. Das Portal zeigt eine Meldung für 2020, neun für 2022 und bereits 119 für dieses Jahr (Stand 27. September). Vor allem an Rhein und Ruhr wurden Exemplare gesichtet, zum Beispiel in Mülheim, Duisburg, Düsseldorf, Moers, Voerde und Kleve.

Die Art heißt wissenschaftlich Vespa velutina, stammt aus Südostasien und wurde wahrscheinlich über Importwaren eingeschleppt, so der Naturschutzbund (Nabu). Sie ist etwas kleiner als die Europäische Hornisse, ihr Kopf ist schwarz, ihre Stirn orange. In Deutschland wurde das erste Exemplar 2014 nahe Karlsruhe nachgewiesen, in NRW erst 2020 im Kreis Heinsberg.

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„Mittlerweile ist die Art auch im Ruhrgebiet und am Niederrhein etabliert“, sagt Biologin Daniela Kupschus von der Nabu-Naturschutzstation Niederrhein gegenüber der NRZ. Das milde Klima entlang des Rheins sei sehr günstig für Tierarten, die aus Asien oder dem Mittelmeerraum einwandern. Zudem locke der Klimawandel exotische Arten vom Süden in die Region.

Imker entfernt Hornissen-Nester – überall in NRW

Auch große Nester tauchen seit 2022 immer häufiger in NRW auf. Und fast immer, wenn eines gefunden wird, klingelt das Telefon von Imker Thomas Beissel. Er hat sich auf die Asiatische Hornisse spezialisiert und sei im Moment sechs Tage pro Woche in ganz Deutschland unterwegs, um ihre Nester zu entfernen. „Ich mache nichts anderes mehr“, erklärt er der NRZ. Seine Partnerin kümmere sich um seine Imkerei im Rhein-Sieg-Kreis.

Die Nester sehen aus wie große Bälle und könnten im Durchmesser bis zu 60 Zentimeter groß werden. „Jetzt gerade sind die Völker am größten, dann können 2500 bis 3000 Tiere in einem Nest leben“, sagt Beissel. Asiatische Hornissen würden sie überall bauen, auch an Häusern. Meistens hängen sie aber hoch oben in Bäumen, wodurch sie gerade im Sommer schwer zu finden seien.

Nester von Asiatischen Hornissen hängen in Bäumen und werden im Durchmesser bis zu 60 Zentimeter groß. Dieses Nest hat Imker Thomas Beissel in Mönchengladbach gefunden.
Nester von Asiatischen Hornissen hängen in Bäumen und werden im Durchmesser bis zu 60 Zentimeter groß. Dieses Nest hat Imker Thomas Beissel in Mönchengladbach gefunden. © Thomas Beissel

Thomas Beissel spürt sie auf, indem er einzelne Hornissen mit einem Kescher einfängt und ihnen Mini-Peilsender umbindet. „Wir laufen den Funksignalen hinterher und suchen so das Nest“, erklärt er. So hat er zum Beispiel das Nest in Duisburg-Rumeln gefunden, aus dem die Tiere kamen, die die Bienenvölker des Zuchtvereins Rumeln bedrohten.

Wie Thomas Beissel die Nester der Asiatischen Hornisse bekämpft

Häufig entferne er die Nester mit bis zu 30 Meter langen Teleskoplanzen vom Boden aus. „Dadurch können wir Stellen erreichen, an die wir mit schwerem Gerät nicht hinkommen“, sagt der Fachmann. Die Insekten würden mit dem Biozid Kieselgur abgetötet: „Das trocknet die Tiere aus und ist nicht giftig für Vögel, die die Larven holen.“

Bei Nestern in Griffnähe verschließe er den Eingang. Die Tiere töte er mit einem Insektizid, dann könne er das Nest abnehmen. Rund 20 Nester habe er dieses Jahr auf diese beiden Weisen bekämpft, unter anderem drei in Düsseldorf. Die nächsten Aufträge seien schon eingegangen, zum Beispiel für ein Nest in Oberhausen.

Imker Thomas Beissel spürt Nester auf, indem er Asiatische Hornissen fängt, ihnen einen Peilsender umbindet und das Funksignal verfolgt.
Imker Thomas Beissel spürt Nester auf, indem er Asiatische Hornissen fängt, ihnen einen Peilsender umbindet und das Funksignal verfolgt. © velutina.de

Dass sich Asiatische Hornissen in NRW schnell verbreiten, weiß auch der Experte. Aus einem Nest, das einen Lebenszyklus durchläuft, entstünden fünf neue – bei dreimal so vielen Tieren pro Nest im Vergleich zur heimischen Hornisse. „Bei ungebremster Ausbreitung baut die Asiatische Hornisse zehn bis zwölf Nester pro Quadratkilometer, während die heimische ein bis zwei baut“, erklärt Thomas Beissel.

Beissel: „Die Imkerei wird bald leiden“

Zurzeit könne die Art gesunden Bienenvölkern noch nicht gefährlich werden, doch Beissel ist sich sicher: „Die Imkerei wird bald leiden.“ In Spanien würden Asiatische Hornissen schon jetzt Bienenvölker so sehr belagern, dass die Honigbienen nicht mehr fliegen.

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In der Region Galicien seien selbst Weinbauer betroffen: „Die können dieses Jahr keinen Qualitätswein produzieren, weil die Hornissen die Weintrauben auffressen.“ In etwa fünf Jahren werde die Art auch in Deutschland solche Schäden anrichten, schätzt er.

Vor einzelnen Tieren müssen sich Menschen jedoch nicht fürchten. Dem Nabu und Landesumweltamt zufolge seien die Hornissen nicht aggressiv. Ein Stich sei so ungefährlich wie der einer heimischen Wespe. Wer einem Tier begegnet oder sogar ein Nest entdeckt, soll den Fund beim „Neobiota“-Portal oder der unteren Naturschutzbehörde melden – am besten mit einem Foto.

>> EXPERTE: AUCH ALLERGIKER MÜSSEN SICH NICHT VOR HORNISSEN FÜRCHTEN

  • Auch Allergiker müssen sich nicht vor der Asiatischen Hornisse fürchten. Nur in wenigen Ausnahmefällen sei ein Stich lebensbedrohlich, sagt Hautarzt Prof. Dr. Alexander Kreuter von den Helios Kliniken in Duisburg und Oberhausen. „Das gilt genauso bei Stichen von heimischen Insekten.“
  • Bis zu drei Prozent der Bevölkerung sind gegen Insektenstiche allergisch. Laut Alexander Kreuter würden aber die meisten Allergiker nur auf Wespenstiche allergisch reagieren.
  • Ein Notfallset aus Adrenalin, Kortison und einem Antihistaminikum sollten Allergiker immer bei sich tragen. Zudem empfiehlt Dr. Kreuter, nicht barfuß über Gras zu laufen und vorsichtig zu sein, „wenn man den Müll rausbringt oder im Sommer Marmelade auf dem Tisch stehen hat“.