An Rhein und Ruhr. Erik Uwe Amaya von Haus & Grund spricht im NRZ-Interview über Immobilienpreise und warum Wohnen teurer wird. Was er jungen Familien rät.
Den Traum vom Eigenheim haben junge Familien auch heute noch. Aber immer weniger können ihn sich erfüllen. Dabei gilt die eigene Immobilie als gute Altersvorsorge. Erik Uwe Amaya, Direktor des Eigentümerverbands Haus & Grund Rheinland Westfalen, erklärt, warum das Wohnen immer teurer wird, wie sich hohe Immobilienpreise auf den Mietpreis auswirken und warum weniger gebaut wird. Im Sommerinterview sprach er mit Reporter Tobias Kaluza auch darüber, was beim Immobilienkauf zu beachten ist.
Wohnen Sie selbst zur Miete oder im Eigenheim?
Erik Uwe Amaya: Ich bin seit zehn Jahren selbst nutzender Eigentümer einer Wohnung in Köln. Vorher habe ich zur Miete gewohnt. Von daher kenne ich beide Seiten – sowohl als Mieter und als Eigentümer.
Würden Sie heute wieder kaufen?
Ja, definitiv. Letztes Jahr habe ich eine weitere Wohnung gekauft und vermiete die andere. Es war absolut die richtige Entscheidung. Sowohl damals als auch im letzten Jahr. Man muss aber schauen, ob man das finanziell stemmen kann. Das ist eine große Herausforderung. Aber ich würde immer empfehlen, Eigentum zu erwerben, wenn man sich das leisten kann. Denn es ist auf lange Sicht eine gute Investition.
Also ist die Immobilie auch heute noch eine gute Altersvorsorge?
Ja, allerdings kommt es darauf an, wo man Eigentum erwirbt. Die Lage ist das A und O. Und man muss entscheiden, was man möchte. Bin ich Einzelperson, habe ich eine Familie, wohne ich in einem Zweipersonenhaushalt? Wenn man eine Familie hat, muss überlegt werden, ob es eine Wohnung oder ein Haus mit Garten sein soll. Außerdem ist die Infrastruktur ganz wichtig. Also, die Versorgung mit Schulen, Kitas, Freizeiteinrichtungen oder Naherholung.
Wenn man älter ist, hat man andere Schwerpunkte. Da würde ich kein Haus empfehlen, sondern eine barrierefreie Wohnung mit Aufzug und guter ÖPNV-Anbindung. Man muss vorausschauend planen. Daher ist es wichtig, dass Eigentum in einer Region erworben wird, in der man es später gegebenenfalls wieder verkaufen kann und es keinen Wertverlust gibt.
Auch interessant
Was sind das für Regionen?
Seit vielen Jahren sind Ballungsgebiete sehr gefragt. Universitätsstädte wie Köln, Düsseldorf oder Münster. Aber wir haben auch im Ruhrgebiet Städte wie Essen oder Dortmund, wo die Nachfrage steigt. In ländlichen Regionen ist es schwierig. Da würde ich es mir überlegen, ob ich dort Eigentum erwerben würde. Es ist schön da, keine Frage. Aber heutzutage ist die Infrastruktur wichtig: ÖPNV-Anbindung, Ärzteversorgung, Nahversorgung und mittlerweile: der Internetzugang.
Woran erkennt man denn gefragte Regionen?
Wenn die Mieten hoch sind, ist das ein Indiz dafür, dass auch die Nachfrage hoch ist. In NRW gibt es Regionen, wie Ostwestfalen-Lippe oder teilweise das Sauerland oder die Eifel, wo die Nachfrage nicht so hoch ist. Im Ruhrgebiet gibt es auch einige Gebiete, die nicht so gefragt sind. Jede Stadt hat Gebiete wie den Essener Norden, der nicht so gefragt ist wie der Süden. Das findet man in jeder Stadt.
Würden Sie jemandem, der Eigentum besitzen möchte, raten, zu kaufen oder zu bauen?
Die Kaufpreise sind immer noch hoch. Und auch die Baupreise sind stark gestiegen. Die steigen auch noch weiter und da werden wir nicht von wegkommen. Das liegt am Materialmangel und dem Fachkräftemangel, insbesondere bei Handwerkern. Es sind aber auch die vielen Bauvorschriften. Für breite Teile der Bevölkerung ist das Bauen nicht finanzierbar. Und wenn man in einer gefragten Region bauen möchte, dann ist es so gut wie ausgeschlossen. Da wurde bislang eher Bestand gekauft. Momentan haben wir ohnehin eine große Zurückhaltung beim Immobilienkauf, weil die Zinsen in sehr kurzer Zeit gestiegen sind.
Was würden Sie dann jungen Familien raten, die ein Eigenheim wollen?
Familien sollten langfristig denken. Wenn die Kinder ausgezogen sind, hat man ein großes Haus mit Zimmern, die ungenutzt sind. Und wenn man älter ist und sanieren muss, dann ist das eine große Last. Oder man findet den richtigen Zeitpunkt, zu verkaufen, und zieht dann in eine Wohnung in der Innenstadt. Man kann ein Haus für einen gewissen Lebensabschnitt erwerben.
Auch interessant
Immer weniger Menschen können sich aber eine Immobilie leisten. Wie schafft man das mit durchschnittlichem Einkommen?
Für viele ist eine Immobilie heute nicht finanzierbar, weil die Zinsen in kurzer Zeit stark gestiegen sind. Normalerweise sollten die Wohnkosten – also auch die Finanzierung – nicht mehr als ein Drittel des Haushaltsnettoeinkommens betragen. Das ist schon eine Hürde. Dazu kommen die Kaufnebenkosten. Wenn man finanzieren will, muss man diese selbst aufbringen. Das sind Kosten für Notar und Makler. Und vor allem die Grunderwerbssteuer, die in NRW mit 6,5 Prozent sehr hoch ist. Das ist dann schon viel. Im Prinzip kann man vom Kaufpreis 12 Prozent beiseitelegen nur für die Nebenkosten. Das sollte als Eigenkapital vorhanden sein. Wenn aber schon die Kaufpreise hoch sind, ist das schwierig für eine junge Familie.
Was hat das für Auswirkungen?
Viele, die normalerweise gerne Eigentum erwerben würden, können es nicht, weil es selbst für Menschen mit guten Einkommen nicht mehr erschwinglich ist. Dadurch drängen sie zusätzlich auf den Mietmarkt, wodurch dort dann aber die Nachfrage weiter steigt. Das ist eine sehr unglückliche Situation.
Ist es heute also günstiger zu mieten?
Wenn man Miete zahlt, dann freut sich der Vermieter, aber das Geld ist weg. Wenn ich Eigentum habe, muss ich zwar auch sanieren, aber ich habe eine Kapitalanlage. Und langfristig gibt es in der Regel eine Wertsteigerung. Daher wäre das Eigentum sinnvoller. Wenn das aktuell aber nicht finanzierbar ist, nimmt man sich eine Mietwohnung, bis es möglich ist. Das Problem ist aber auch, dass in Ballungsgebieten nicht ausreichend Mietwohnungen zur Verfügung stehen.
Was kann man denn dagegen machen?
Normalerweise sagt man: „bauen, bauen, bauen“. Aber viele Projekte wurden gestoppt, weil die Kosten explodiert sind. Es wird nicht genug gebaut. Die Politik macht es einem aber auch sehr schwer. Die Bau- und Wohnungspolitik ist gescheitert – unabhängig davon, wer regiert. Weil viele Standards neu hinzukommen, die das Bauen immer teurer machen. Mit dem Heizungsgesetz wird es auch neue Kosten geben.
Wenn man jetzt neue Mietwohnungen baut und das refinanzieren will, müsste man theoretisch 20 Euro pro Quadratmeter nehmen. Und das ist völlig ausgeschlossen. Es gibt Förderungen, aber wenn heute Mietwohnungsbau nur funktioniert, wenn das in hohem Maße bezuschusst wird, dann ist das zwar die richtige Antwort, aber löst das Grundproblem nicht, dass das Bauen zu teuer ist. Es gibt also keine richtige Lösung, die die Politik anbieten kann, ohne dass man von Standards runtergeht, die alle wichtig sind und von der Gesellschaft gewünscht werden.
Auch interessant
Was müsste denn passieren, damit Preise sinken?
Es wird vor allem in NRW versucht, das Bauen bezahlbar zu machen. Aber wenn Weltereignisse hinzukommen wie der Ukraine-Krieg oder Corona, dann ist das nicht förderlich. Wir hatten vor Corona gute Jahre, weil die Zinsen sehr niedrig waren. Dadurch wurde gebaut und investiert. Jetzt haben wir hohe Baukosten und Zinsen, aber auch die Ungewissheit, wo die Reise hingeht. Wir sehen auch Herausforderungen, was den Klimaschutz angeht. Denn da kommt noch so einiges auf die Wohnungsbestände zu. Deswegen ist auch die Debatte beim Heizungsgesetz so emotional, weil es eine Richtungsentscheidung ist. Klimapolitik kostet eben Geld. Daher wird Bauen und Wohnen auch in Zukunft teurer werden – für alle.