Kreis Wesel. Kredite sind teurer und Banken kritischer. Der Traum vom Eigenheim ist aber auch im Kreis Wesel ungebrochen. Worüber man sich klar sein sollte.
Es klingt abgegriffen, ist aber tatsächlich so: Vorbereitung ist das halbe Leben. Das gilt vor allem dann, wenn man sich dazu entscheidet, ein gefühltes halbes Leben lang einen Immobilienkredit abzuzahlen. Die Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass sich mehr Menschen für den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung entschieden haben. Die hohe Nachfrage trieb den Kaufpreis in die Höhe, der aber durch die extrem niedrigen Zinsen abgefedert wurde. Das Geld, das man sich so billig leihen konnte, führte viele Menschen zur Erfüllung ihres Traums vom Eigenheim.
Durch die gestiegenen Kreditzinsen, mittlerweile liegen sie bei vier Prozent, hat sich das zumindest in Teilen geändert. Die Immobilienpreise sind zwar wieder gefallen, laut der für den Kreis Wesel zuständigen LBS West in manchen Lagen und je nach Zustand um rund 20 Prozent. Allerdings sind die Kredite für den Kaufpreis wieder teurer und die Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltender geworden.
Immobilienkredit im Kreis Wesel: Was man vorher beachten sollte
Wer sich entscheidet, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, muss genau wissen, was er sich leisten kann. Wie viele Schulden kann ich machen? Welche monatliche Kreditrate kann ich noch stemmen? Und wie lange soll der Kredit laufen? Eine gute und detaillierte Übersicht zu allen Aspekten, die abgewogen werden sollten, bietet die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite. Was nehme ich monatlich ein, was gebe ich aus? Wie alt bin ich, wie sind meine Lebensumstände und was habe ich am Ende des Monats übrig?
Auch bei der Volksbank Niederrhein erfolgt eine Kreditvergabe mit Blick auf die individuellen Lebensumstände. Sie sagt: „Die monatliche Kreditrate sollte definitiv nicht mehr ausmachen als 40 Prozent des Nettoeinkommens.“ So empfiehlt es auch die Verbraucherzentrale. Die LBS liefert dazu ein Beispiel, womit Neueigentümer bei der Aufnahme eines Kredites heute zu rechnen hätten: Demnach haben sich die monatlichen Verpflichtungen innerhalb eines Jahres knapp verdoppelt. „Wer vor einem Jahr 300.000 Euro aufnahm, zahlte bei 1 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung monatlich 750 Euro.“ Heute aber werden laut LBS für einen Kredit in derselben Höhe bei 4 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung 1500 Euro fällig. Dass sich die Zinsen verändern, davon gehen die Experten eher nicht aus.
„Die aktuelle Faustregel lautet: Pro 100.000 Euro sind Finanzierungskosten von 500 bis 550 Euro zu kalkulieren“, sagt die LBS. Hinzu kommt bei einer Eigentumswohnung das Hausgeld oder bei einem Haus die monatliche Rücklage für Reparaturen.
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Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Höhe des Eigenkapitals. Eine 100-Prozentfinanzierung ist selten, und etwa 20 Prozent der Gesamtsumme sollten es schon sein, sagt LBS-Sprecher Christian Schröder, „damit werden im Wesentlichen die Erwerbskosten abgedeckt, wie Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten sowie gegebenenfalls Maklerkosten“.
Die Volksbank Niederrhein geht „im Idealfall“ von einer Eigenkapitalquote von etwa 25 Prozent aus. „Wenn die Einkommenssituation der Kunden es aber erlaubt, werden von uns selbstverständlich auch Finanzierungen mit nur einem geringen oder gar keinem Eigenkapital-Kapital begleitet.“ Allerdings sagt auch die Volksbank, dass Kunden zumindest in der Lage sein müssten, die Kaufnebenkosten aus verfügbarem Eigenkapital zu begleichen.
Trotz aller Unsicherheiten, trotz Ukrainekrieg, Energiekrise, Heizungsdebatte und Inflationsbelastungen ist das Interesse am Eigenheim groß. Mehr als 1200 Kreditanfragen im Bereich der privaten Wohnbaufinanzierung sind im vergangenen Jahr bei der Volksbank eingegangen. „In diesem Jahr sind es bereits bis Ende April immerhin schon wieder knapp über 300 Kreditneuanfragen“, sagt die Volksbank.
Immobilien im Kreis Wesel: Preise fallen laut LBS nicht weiter
Doch nicht alle bekommen auch einen Kredit. Die Ablehnungsquote liegt bei der Volksbank Niederrhein momentan bei rund zehn bis 15 Prozent. „Das machen wir letztlich auch im Interesse unserer Kunden.“
Bleibt die Frage, was für eine Immobilie man sich leisten kann, wenn man sämtliche Einnahmen, Ausgaben und zukünftigen Belastungen durchkalkuliert hat.
Neubau-Häuser oder -Eigentumswohnungen bleiben teuer, sagt Christian Schröder. Hohe Lohn- und Materialkosten sowie verschärfte Bauvorschriften und wenig vorhandene Grundstücke treiben den Preis. Reihenhäuser sind etwas günstiger als frei stehende Einfamilienhäuser, aber die Neubaupreise „werden mindestens in Inflationshöhe weiter steigen müssen“, so Schröder. Der Vorteil seien niedrige Energiekosten sowie beim Eigenheim die Möglichkeit, Eigenleistung einzubringen.
Die stärksten Preisrückgänge von bis zu 30 Prozent sind bei großen 60er/70er-Jahre Einfamilienhäusern zu verzeichnen. Insgesamt sind die Preise rund 20 Prozent zurückgegangen, „aber nicht in begehrten Lagen und bei jüngeren, energieeffizienten Gebäuden ab etwa Jahrtausendwechsel“, so der LBS-Sprecher. „Wegen der anhaltend hohen Nachfrage, Zuwanderung und stark steigender Mieten sowie des schwachen Neubaus werden die Preise jetzt gleich bleiben bis wieder leicht steigen.“
Der Traum vom Eigenheim muss dennoch nicht platzen. Wer sich nicht von der derzeitigen Verunsicherung durch die Heizungsfrage abschrecken lasse, habe jetzt nach Jahren der hohen Preise die Chance, einen guten Einstieg bei älteren Eigenheimen zu finden. Was an den geburtenstarken Jahrgängen liegt: „Immer mehr Babyboomer suchen eine Stadtwohnung und geben ihr Haus ab.“