Moers. Im Schwafheimer Hofladen in Moers gibt’s die rote Laura, die dicke Belana… Landwirt Hendrik Fechner verrät, welche seine Lieblingskartoffel ist.
Die Annabelle sieht etwas… struppig aus. „Nee“, sagt Hendrik Fechner, „die ist einfach losschalig.“ Bitte was? Also gut, da muss der Landwirt wohl etwas weiter ausholen: „Wenn eine Kartoffel früh geerntet wird, ist sie noch nicht schalenfest.“ Zur Veranschaulichung reibt er einmal mit dem Daumen drüber und tatsächlich, schon löst sich die Schale. Doch im Schwafheimer Hofladen gibt’s nicht nur die struppige – Pardon, losschalige – Annabelle, sondern auch die glatte Gunda oder die dicke Belana oder, oder, oder… Insgesamt zwölf Sorten gehören zum Sortiment, „und das ist schon etwas Besonderes“. Wobei, das betont er auch, nicht alle immer vorrätig sind. Aber so langsam startet die Saison und deshalb geht’s nun direkt aufs Feld.
Bereits in der dritten Generation führt Hendrik Fechner den Hof, gemeinsam mit seiner Freundin Petra Wessels. Er kümmert sich um die Landwirtschaft, sie sich um den Laden. Dabei haben sie zunächst ganz andere Berufe angestrebt… „Wir haben beide eine kaufmännische Ausbildung gemacht“, erzählt er. „Ich habe dann noch Agrarwissenschaften studiert und 2009 den Hof übernommen.“ Sein großes Glück: „Ich konnte eine große Ackerfläche ankaufen und den Betrieb weiter ausbauen.“ Dort drüben, er zeigt auf die Felder, steht gerade Winterraps, daneben wachsen Zuckerrüben und neben dem Getreide kommen die Kartoffeln. Das ist übrigens auch die Fruchtfolge im Ackerbau, damit der Boden gesund und nährstoffreich bleibt. „Der Anbau von Kartoffeln bedeutet aber die meiste Arbeit“, hält er fest.
Die Lieblingskartoffel des Landwirts
Im Februar, genauer gesagt „an Valentinstag“, erinnert sich Hendrik Fechner, haben er und seine Mitarbeiter die Mutterknollen eingepflanzt. Einige waren in Kisten schon „vorgekeimt“, hatten daher einen kleinen Vorsprung… also gut, theoretisch. „Die Knollen haben wir dann ganz vorsichtig eingepflanzt, damit die Keime nicht abbrechen“, erklärt er. „Aber es hat im Frühjahr so viel geregnet, dass sie kaum wachsen konnten.“ So etwas passiert, kein Grund, sich darüber zu ärgern. Im Sommer dagegen muss er seine Felder natürlich immer großzügig bewässern, „sonst hätte ich weniger als die Hälfte der Ernte“, sagt er. Kartoffeln sind durstige Pflanzen – und mitunter auch ganz schön anspruchsvoll. Besonders, wenn es um die alten Sorten geht…
Die Cilena gehört dazu oder auch die Laura – der persönliche Liebling des Landwirts. Das Problem allerdings dabei: „Die alten Sorten brechen unter großer Hitze zusammen.“ Deshalb probiert er auch immer wieder Neues aus, Emanuelle beispielsweise, „hat was von der Cilena, ist schön gelb, kommt aber mit dem Klima klar“, erklärt er. „Der Anbau macht einfach Spaß!“ Oder hier, er schnappt sich eine Pflanze und zieht sie aus der Erde, „die Corinna baue ich zum ersten Mal an.“ Sofort lösen sich die Kartoffeln von der Wurzel und fallen zu Boden. „Sonntag haben wir sie zum ersten Mal gegessen und sie war geschmacklich super.“ Ertragreich ist sie auch, an jeder Knolle sollten 15 bis 25 Kartoffeln wachsen. Wobei es bei der Vorgabe einen Unterschied zwischen Speise- und Pommeskartoffel gibt.
Mutterknolle und Tochterkartoffel
Ja, der Experte spricht von Pommeskartoffeln. „Eine Mutterknolle erzeugt zwischen zehn und 15 Tochterkartoffeln, die aber größer als Speisekartoffeln sind.“ Die Pommes sollen schließlich lang und knusprig werden. Alles was im Durchmesser kleiner als 3,5 Zentimeter ist, fällt durchs Sieb – und gibt kein Geld. Aber auch bei der Speisekartoffel kommt’s auf die Größe an. „Zu klein soll sie nicht sein, weil man sie noch schön schälen können muss“, weiß er, „zu groß darf sie aber auch nicht sein, weil man sie sonst durchschneiden müsste.“ Seinen persönlichen Rekord, 1,4 Kilogramm, möchte wohl kaum jemand auf dem Teller haben. „70 bis 80 Gramm sind optimal.“ Und wie soll die perfekte Kartoffel aussehen? „Die hier hat Wachstumsdepressionen“, sagt er und zeigt auf eine kleine Einkerbung. „Das kann Klimagründe haben.“ Die kommt schon mal weg.
In einer Halle sortieren Hendrik Fechner und Petra Wessels, gemeinsam mit ihren Angestellten, die Kartoffeln. Alles, was gut aussieht, kommt aufs Fließband und dann in Tüten oder Netze – die später in Hofläden oder Supermärkten landen. Aber Vorsicht, manche Sorte hat auch so seine Besonderheiten… Bei der Quarta beispielsweise sind die roten Augen nicht etwa ein Schädlingsbefall, sondern eine Spezialität. Oder die Laura, der Liebling vom Landwirt, ist außen rot und innen gelb… Nach dem Begutachten auf dem Feld kommt sie wieder zu ihren Kolleginnen, schnell noch etwas Erde draufpacken, „sonst wird sie grün“.
Mit Öl und Rosmarin
Aber wo ist denn nun die Annabelle? Ach ja, dort drüben! „Wir haben sie schon krautreguliert, damit sie nicht weiterwächst“, erklärt er und zieht eine raus. „Vier bis fünf Wochen kann sie ruhig noch im Boden bleiben.“ Dann wird auch die Schale noch etwas fester, der Geschmack aber bleibt… ja, wie eigentlich? Schwierig zu sagen, „erdig“, sagt der Experte, aber vor allem so gut, dass sie keine Sauce braucht. Einfach mit Öl und Rosmarin im Ofen backen – und dann genießen.
>>> Schwafheimer Hofladen
Im Schwafheimer Hofladen gibt’s nicht nur Kartoffeln, sondern auch Obst, Nudeln, Milch, Käse, Konfitüre, Eis und vieles mehr. „90 Prozent unseres Sortiments haben wir regional zugekauft“, betont Petra Wessels, die 2016 den Laden übernommen hat.
In der Pandemie ist zudem das Hofcafé entstanden, „auch auf Wunsch des Dorfes“. Sie selbst backt die Kuchen mit regionalen und saisonalen Produkten. Geöffnet sind Laden und Café dienstags bis donnerstags von 9 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr, freitags von 9 bis 18 Uhr sowie samstags von 8.30 bis 13 Uhr.
Der Automat mit dem „Grundsortiment fürs Wochenende“ – also Milch, Eier, Kartoffeln und Grillfleisch – steht vor dem Schwafheimer Hof, Dorfstraße 81, und ist Tag und Nacht geöffnet.