Voerde. Peter Langer hat die Solidarische Landwirtschaft Niederrhein in Voerde mitgegründet. Die Idee: Jeder hilft mit – und bekommt eine Gemüsekiste.
Der kalte Wind pfeift durch alle Ritzen, doch den Leuten auf dem Feld macht das ungemütliche Frühlingswetter nix aus. Sie setzen Pflänzchen um Pflänzchen in die vorgebuddelten Erdlöcher, fein säuberlich im stets gleichen Abstand, dann ist auch schon die nächste Reihe dran. „Das ist alles Salat“, erklärt Peter Langer, „und dort drüben ist Brokkoli.“ So langsam beginnt auf dem Acker die heiße Phase – auch wenn es derzeit noch ziemlich kühl ist. Und das bedeutet eben: viel Arbeit für all jene, die sich an der Solidarischen Landwirtschaft Niederrhein e. V. beteiligen. Was das ist? Für die Antwort geht’s in einen der windgeschützten Folientunnel, weil es sich hier einfach besser plaudern lässt.
Eines muss er aber erstmal klarstellen: „Wir duzen uns alle! Ich bin der Peter.“ Also gut. Aber wie hat denn nun alles angefangen? „Mit Tomaten“, antwortet Peter. „Die haben mir einfach nicht mehr geschmeckt.“ Mit Erdbeeren war es ähnlich, die waren auch nicht mehr so lecker wie früher. „Das kann doch alles nicht sein“, sagte er zu seiner Frau Uli und stieß kurz darauf auf einen Zeitungsartikel über das Konzept der „Solidarischen Landwirtschaft“. Die Idee dahinter: Bürgerinnen und Bürger finden sich zusammen, um gemeinsam eine Ackerfläche landwirtschaftlich zu betreiben. Gemeinsam tragen sie die Kosten, profitieren aber auch von der Ernte.
Saftige Tomaten
Das wär’s doch! Tomaten anzubauen, ganz ohne Pestizide, die dadurch dann wieder richtig lecker schmecken. So wie früher. Gut, ein gewisser Idealismus schwingt dabei natürlich mit. Eigentlich sogar „wahnsinnig viel Idealismus“, gibt der Alpener zu. Aber, das sagt er auch: „Ich möchte die Welt ein bisschen verändern.“ Deshalb also hat er im Jahr 2017 mit einigen anderen die Solidarische Landwirtschaft Niederrhein e. V., kurz SoLaWi, gegründet. Nun ist er, der gelernte Dreher und jetzige Rentner, kein Landwirt, ebenso wenig wie seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Wie also die gut einen Hektar große Fläche, bereit gestellt vom Tinthof, bewirtschaften?
„Learning by Doing“, sagt Peter. Eine echte Hilfe waren aber die beiden Gärtner, die sie mit je einer halben Stelle angestellt haben. Gemeinsam mit den Profis haben die Laien also damit begonnen, den Acker vorzubereiten, und konnten schon ein halbes Jahr später in die Saison starten. Klar, zwischendurch ist auch immer mal wieder etwas schief gegangen. Plötzlich haben beispielsweise die Rehe gemerkt, dass es auf dem Feld köstliches Gemüse gibt… „Aber dann haben wir eben Netze aufgestellt.“ Oder sie haben festgestellt, dass Erbsen und Bohnen zwar super sind, aber täglich geerntet werden müssen. Das funktioniert bei ihnen zeitlich nicht, deshalb bauen sie die nun nicht mehr an.
Arbeit auf dem Feld
Aber sie haben auch große Erfolge verbuchen können, wie Peter stolz erzählt. Durch Crowdfunding konnten sie einen Trecker kaufen, seit Neustem haben sie sogar einen eigenen Brunnen. Manchmal denkt er sich schon: „Mensch, kneif mich mal!“ Weil er kaum fassen kann, wie viel eine Gemeinschaft aus Weltverbesserern schaffen kann. Insgesamt 65 Anteile sind aktuell vergeben, „damit versorgen wir, mit den jeweiligen Familien dahinter, über 200 Menschen“, bis zu 80 Anteile gibt’s insgesamt. Interessierte können also noch mitmachen… Aber, das ist ihm wichtig zu betonen: „Man bezahlt nicht einfach Geld und kriegt am Ende eine Gemüsekiste, man sollte schon mitmachen.“
Für viele ist die Arbeit auf dem Feld eine Freizeitbeschäftigung geworden, von der sie auch kein lausiger Wind nicht abhalten kann… Und gerade Familien kommen gern her, „damit die Kinder dann auch mal in der Erde buddeln können und sehen, woher eigentlich die Kartoffeln kommen“, erklärt Peter. „Wir machen das ja gerade auch für die nächste Generation“, fügt seine Frau Uli hinzu. Sie ist es übrigens auch, die sich bei Familie Langer um die Weiterverwertung der Gemüsekiste kümmert. Und das ist, gibt sie zu, nicht immer so einfach… Denn was lässt sich mit gleich zwei Kilogramm Tomaten anstellen? Ja, das kommt im Sommer durchaus vor. „Da wird man kreativ“, sagt sie und lacht.
Haferwurz und Okraschoten
Wie gut, dass sich die Gemeinschaft auch dabei unterstützt. „Wir haben eine passionierte Köchin, die immer Ideen hat und beispielsweise auch schon mal einen Fermentier- oder Kochkurs angeboten hat“, erzählt Uli. Und so weiß sie mittlerweile, dass sich aus Möhrengrün wunderbar Pesto herstellen lässt oder dass Mangold auf Pizza wie Spinat schmeckt. Und zur Not hilft auch das Internet, wenn sie nicht weiß, was sie mit Haferwurz oder schwarzem Rettich oder Okraschoten kochen kann… Letztere hat einer der Gärtner vorgeschlagen, weil es die in seinem Heimatland Afghanistan gibt. Tatsächlich, die können auch auf niederrheinischen Äckern wachsen!
So, genug geplaudert. Was steht als nächstes an? „Den ersten Rucola und ein paar Radieschen haben wir schon letzte Woche geerntet“, sagt Uli. „Ab jetzt geht’s also richtig los.“ Wenn, ja, wenn das Wetter nun endlich auch mal mitspielt…
>>> Neues vom Acker
Interessierte können bei der Solidarischen Landwirtschaft Niederrhein e. V. mitmachen, indem sie einen Anteil zu 75 Euro oder einen halben Anteil zu 40 Euro im Monat kaufen.
Die Gemüsekiste können sie immer freitags oder samstags im Tinthof oder an verschiedenen Abholstationen in der Region abholen.
Kontakt: 0152/23033085 oder per E-Mail an verein@solawi-niederrhein.de. Weitere Informationen sind im Internet zu finden unter www.solawi-niederrhein.de