Alpen. Schon mal was vom Grünen Zebra gehört? Barbara Sensen aus Alpen baut in ihrer Gärtnerei Rosalie hunderte kuriose Tomatensorten an.

Rote Cocktailtomaten hat Barabara Sensen schon einige angebaut, immer in der Hoffnung, dass darunter mal „ein Knaller“ sein könnte. Aber so richtig überzeugt war sie nie, denn es gibt so viele andere, ausgefallenere und – das ist wohl das wichtigste – leckerere Sorten. Rund 900 hat sie bereits in den vergangenen vier Jahren hochgezogen, gut 300 wachsen aktuell in ihrer Gärtnerei Rosalie. Ja, die Sammelleidenschaft hat sie gepackt, das muss sie lachend zugeben. „Ich bin eine Tomatenerhalterin“, erklärt sie, „ich sammele Raritäten.“ Und wahrhaftig, solche Exemplare wie bei ihr gibt’s ganz bestimmt nicht im Supermarkt „umme Ecke“ zu kaufen…

podcast-image

Dabei ist die gelernte Gärtnerin eigentlich spezialisiert auf Zierpflanzen, nur kam sie eines Tages über einen Kollegen „auf die Tomate“. Mit zehn Sorten fing sie an, im nächsten Jahr waren es schon 20 und plötzlich kam der Ehrgeiz. Welche Tomate ist noch hübscher, welche noch schmackhafter? „Einige Kunden wollten anfangs den Green Tiger haben“, erzählt Barbara Sensen. Also gut, dann kaufte sie eben die entsprechenden Samen – und wurde vom Ergebnis selbst überrascht. „Die sieht einfach lustig aus!“, sagt sie und führt direkt mal zu einer Staude, an der die länglichen, gelbgrün gestreiften Früchte hängen. Das Beste aber: „Sie ist super lecker, ich war total begeistert.“

Die perfekte Reisetomate zum Snacken

Denn, was viele vielleicht nicht wissen: „Gerade die grünen Tomatensorten haben ein ausgewogenes Säure-Süße-Verhältnis.“ Das gilt beispielsweise auch fürs Grüne Zebra, das klassisch rund daherkommt, aber in seiner Färbung alles andere als alltäglich ist. Blush Tiger, also der errötete Tiger, ist übrigens Barbara Sensens absoluter Liebling, „weil er ein bisschen nach Melone schmeckt“. Tomate ist eben nicht gleich Tomate, das zeigt sich spätestens beim Gang durchs Gewächshaus. „Das hier ist die Reisetomate“, erklärt die Gärtnerin und erntet eine seltsam geformte Frucht, die sie aufbricht – ohne dabei zu kleckern. Denn das ist der Clou: „Durch die einzelnen Segmente kann man sie während der Reise ganz leicht snacken.“

In dem Gewächshaus der Gärtnerei Rosalie wachsen die kuriosesten Tomaten.
In dem Gewächshaus der Gärtnerei Rosalie wachsen die kuriosesten Tomaten. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Zugegeben, geschmacklich befindet sich die Reisetomate jetzt nicht unter den Top 3. „Aber sie ist einfach so knuffig, dass ich sie behalte“, sagt Barbara Sensen. Hat sie selbst eigentlich noch Lust auf Tomaten? Auf jeden Fall! „Letztes Wochenende habe ich wieder 40 Gläser eingekocht“, erzählt sie. Gerade die großen Fleischtomaten eignen sich dafür optimal, einfach mit etwas Knoblauch, Zwiebeln, Salz, Pfeffer würzen und fertig ist eine leckere Sauce. Andere Sorten dagegen sind einfach zu hübsch, um püriert zu werden. Dort drüben, die sind ja richtig schwarz?! „Das ist die Sœur de Cœur, also die Schwester des Herzens.“ Und wer sich jetzt fragt, woher solch philosophische Namen kommen: „Die Form sieht aus wie die eines Herzens.“

Tipps von der Tomatenexpertin

Und Snow White ist… nee, nicht schneeweiß, aber zumindest hellgelb, und ziemlich klein. Es geht sogar noch kleiner, die Sweet Peas erinnern ein wenig an schwarze Johannisbeeren. „Und das hier ist der Alte Kommunist“, sagt Barbara Sensen und zeigt auf eine rote Flaschentomate. „Das ist eine alte DDR-Sorte.“ Die vielen, verrückt klingenden Sorten kauft sie weltweit ein, allerdings immer nur bei offiziellen Händlern. Schließlich möchte sie sichergehen, dass keine Sorten verkreuzt und stattdessen samenfest sind, sich also in der nächsten Generation nicht überraschenderweise ganz anders als geplant entwickeln. Ihr Tipp: „Wenn bei gekauften Samen F1 Hybride draufsteht: Finger davon weglassen!“

Ja, auch das sind Tomaten – zu finden in der Gärtnerei Rosalie in Alpen.
Ja, auch das sind Tomaten – zu finden in der Gärtnerei Rosalie in Alpen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Denn auch das gehört zur Aufgabe einer „Tomatenerhalterin“: Saatkörner einkaufen und aussäen, die Pflanzen pflegen und ernten – und schließlich die Samen der schönsten, leckersten, ertragreichsten Pflanzen gewinnen, um sie an Interessierte weiterzuverkaufen und in der nächsten Saison selbst wieder einzupflanzen. Das klingt nach viel Arbeit… Barbara Sensen nickt: „Wir sind ein 1,5-Frauen-Betrieb.“ Ihre Mutter hilft in der Hochsaison mit, ansonsten steht sie vor und nach ihrem Bürojob alleine im Gewächshaus und bewässert, beschneidet oder schüttelt die Pflanzen – Letzteres, „weil Tomaten Selbstbestäuber sind“. Aber es bereitet ihr alles so großen Spaß, dass sie die Arbeit gern auf sich nimmt.

Frische Tomaten im Winter – vom Niederrhein

Wenn sie beispielsweise mal wieder von einer Sorte so richtig überrascht wird, so wie zuletzt von der Piennolo del Vesuvio, dann ist ihre Begeisterung riesig. Barbara Sensen schnappt sich ein Messer und schneidet einen Strang mit den tiefroten Früchten ab. Eine kleine Kostprobe gefällig? Klar! Hmm… das riecht ja schon lecker und wie das erst schmeckt… „Aromatisch, aber nicht zu süß“, fasst die Expertin zusammen, während sie mehrere Stränge an einer Schnur befestigt. „In Italien hängen solche Bündel oft unter der Decke.“ Sie selbst hat es im vergangenen Jahr selbst mal ausprobiert, hat ihrer Mutter und ihren Brüdern auch welche mitgegeben und am Ende gefragt, wie lange sie jeweils bei ihnen gehalten haben.

Diese Tomate trägt den hübschen Namen „Rainbow Jazz Heart“.
Diese Tomate trägt den hübschen Namen „Rainbow Jazz Heart“. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Bei ihren Brüdern nicht so lang. „Die waren einfach zu lecker...“ Bei ihrer Mutter dagegen bis Ostern, dann gab’s köstliche Tomatensuppe. Und das hat Barbara Sensen nun wirklich gefreut, denn „noch ‘ne lila Tomate brauche ich eigentlich nicht mehr“, sagt sie und lacht, „aber so musste ich den ganzen Winter keine frischen Tomaten kaufen.“ Ein echter Geheimtipp also, der aber nur mit dieser ganz speziellen Sorte umsetzbar ist. Deshalb wachsen in der aktuellen Saison auch 70 solcher Pflanzen bei ihr im Gewächshaus. Einige Bündel wird sie schon bald fertigbinden, um sie bei ihrem großen Tomatenfest aufzuhängen. Dann will sie wieder mal beweisen, dass es so viel mehr gibt als langweilige, kleine, rote Cocktailtomaten. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Rainbow Jazz Heart?

>>> Tomatenfest in Alpen

Barbara Sensen lädt am 17. und 18. September, jeweils von 10 bis 16 Uhr, zu ihrem dritten Tomatenfest in ihrer Gärtnerei Rosalie, Römerstraße 271, in Alpen ein. An anderen Tagen ist die Gärtnerei nicht geöffnet, Barbara Sensen ist nur telefonisch erreichbar über 02802/9482920. Weitere Informationen sind auf der Homepage zu finden: www.gärtnerei-rosalie.de

In diesem Jahr ist die Ernte besonders gut ausgefallen, verrät die Gärtnerin, deshalb können sich Interessierte auf jede Menge Raritäten zum Probieren und Mitnehmen freuen. Und wer seine Lieblingssorte selbst im kommenden Jahr im Garten oder auf dem Balkon anbauen möchte, kann direkt die jeweiligen Samen oder Jungpflanzen bestellen.