Kevelaer. René van den Berg führt eine Pastamanufaktur in Kevelaer. Er stellt u.a. Brotretterchen her – Nudeln aus Brot, das sonst im Müll gelandet wäre.
Nudeln über Nudeln purzeln in die Schublade, dann stoppt René van den Berg die Maschine. Für heute reicht’s! Jetzt stehen erstmal andere Aufgaben im Kävelse Pasta Hüsli an, beispielsweise die bereits getrockneten Makkaroni in längliche Packungen abfüllen. Aber nebenbei kann er natürlich plaudern, darüber, wieso ein Schweizer denn am Niederrhein eine Pastamanufaktur eröffnet… Wobei, eigentlich vereint er ja zwei Nationalitäten in sich, betont er: „Ich bin hier geboren und in der Schweiz aufgewachsen.“ Doch so ganz hat er Kevelaer nie vergessen, konnte er auch nicht, denn mit seiner Familie hat er immer wieder seine alte Heimat besucht. Das Beste dabei: „Die Pommesbude!“
Okay, das passt auf den ersten Blick vielleicht nicht zur klassischen Erfolgsgeschichte einer Pastamanufaktur… René van den Berg lacht. „Für meinen Bruder und mich war das immer das Highlight, weil es sowas nicht bei uns gab.“ Aber gibt’s auch etwas in der Schweiz, das dem Niederrhein fehlt? „Durch die Nähe zu Italien haben wir viele Pastamanufakturen“, erklärt er. Das könnte doch auch in der Wallfahrtsstadt funktionieren! Oder? Denn irgendwie zog es ihn wieder hierher zurück. „Ich habe das Glück, dass ich zwei Heimaten habe und mich an beiden Orten wohl fühle.“ Vor zwei Jahren also wagte er den Schritt, zog nach Kevelaer und fand in der Innenstadt schon bald ein passendes Geschäftslokal.
Der perfekte Nudelteig
Ein Restaurant wollte René van den Berg nicht eröffnen, zumindest war das „nicht das bevorzugte Ziel“, sagt er. Denn in erster Linie geht’s ihm um die eigene Produktion von Pasta. Nee, gelernt hat er das nicht, gibt er zu. Aber seine Mutter, die Schweizerin ist, hat ihm das Kochen beigebracht. Und das anfängliche Experimentieren gehört doch irgendwie auch dazu. Mittlerweile aber hat er die einzelnen Kniffe raus, weiß genau, wie der Teig für die perfekten Nudeln aussehen muss. „Zuhause hat man eher einen Teig, der an Kuchenteig erinnert“, erklärt er, „tatsächlich brauche ich aber eine krümelig Konsistenz, weil die Maschine sonst nicht damit klarkommt.“
So hat René van den Berg übrigens auch herausgefunden, dass der Teig an regnerischen Tagen weniger Wasser braucht als bei trockenem Wetter. Aber was kommt denn nun eigentlich alles in den Nudelteig? Ein Geheimnis macht er nicht daraus, im Gegenteil: „Auf ein Kilogramm Hartweizengrieß kommen drei Eier und Wasser.“ Sonst nix? Er schüttelt den Kopf. „Sonst nix.“ Keine Konservierungsstoffe, keine Zusatzstoffe. „Viele sagen, dass die Nudeln dadurch frischer schmecken und das Ei besser durchkommt.“ Damit sie dennoch mindestens ein Jahr lang haltbar sind, müssen sie nur durchtrocknen. Dazu breitet er sie auf der Schublade mit Gitter aus, der Experte spricht von der „Nudelhorde“, und schüttelt sie regelmäßig durch.
Die kleinen Brotretterchen
Zwölf Kilogramm könnte die Maschine pro Stunde schaffen, allerdings geht’s René van den Berg auch um die Vielfalt. Deshalb stellt er jeden Tag zwei bis drei Sorten her, insgesamt kommt er so auf zwölf Varianten. Spaghetti, Tagliatelle und Spirelli sind natürlich dabei, aber auch Radiatori – das sind diese geriffelten Nudeln, die an winzige Heizkörper erinnern – oder Lasagneplatten und Spätzle. Aber jetzt mal ehrlich: Schmecken die denn alle wirklich unterschiedlich? „Nein“, sagt er und lacht. Aber manchmal hat der eine eben Lust auf längliche, die andere Appetit auf kurze Pasta. Außerdem kommt es natürlich auch auf die Beilage an: „Glatte Spaghetti nehmen eine Sauce anders auf als aufgeraute Radiatori.“
Und dann gibt’s noch die kleinen „Brotretterchen“, hergestellt aus Brotresten, die sonst im Müll gelandet wären. Die Idee dazu hatten Barbara und Carolin Jansen von der Bäckerei Jansen in Rees – und der Nudelexperte aus Kevelaer war sofort begeistert. „Foodwaste ist ein großes Thema unserer Zeit“, betont er. Wenn er einen Beitrag dazu leisten kann, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, dann ist er dabei! Deshalb verarbeitet er nun also das Paniermehl aus den übrig gebliebenen Brötchen zusammen mit Hartweizengrieß zu einem Teig, aus dem am Ende ebenjene „Brotretterchen“ entstehen. Übrigens, ein paar Zubereitungstipps hat der Experte auch: „Länger als zwei Minuten muss man sie nicht kochen. Und dann schmecken sie besonders gut in einer kräftigen Sauce, wie einer Gulaschsauce.“
Tipps vom Pasta-Experten
Wo er jetzt schon mal bei den Tipps ist… braucht es wirklich Öl im Wasser, damit die Nudeln nicht verkleben? „Kann man machen“, antwortet René van den Berg. Wobei er selbst darauf verzichtet, weil er die Nudeln in Netzen durchschüttelt. Denn so ganz ohne Gastronomie geht’s dann doch nicht. Jeden Tag bietet er einen „Mittagstisch to go“ an – Radiatori Arrabiata, Mac’n’Cheese oder etwa Spaghetti Carbonara sein. Zu besonderen Anlässen, wie dem Brunnenleuchten am 24. März, probiert er auch mal andere Gerichte aus. Das kann sogar mal eine Paella sein, „Hauptsache, es ist ungewöhnlich und niemand sonst bietet es an.“
Ja, René van den Berg ist froh, dass er nach Kevelaer zurückgekommen ist und sein – zumindest für den Niederrhein – ungewöhnliches Konzept umgesetzt hat. „Das ist eine klasse Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte“, sagt er. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb bei ihm kein Heimweh aufkommt. Oder aber es liegt an den Graffiti, die er extra an die Wände hat sprühen lassen: Vor den Bergen steht eine Kuh und begrüßt alle Gäste in seinem Kävelse Pasta Hüsli. Und von ihnen können ruhig noch mehr vorbeikommen, findet er: „Ich hoffe, dass noch mehr Leute auf den Geschmack von frischer Pasta kommen...“
>>> Kävelse Pasta Hüsli
Das Kävelse Pasta Hüsli, Busmannstraße 36 in Kevelaer, hat dienstags bis samstags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Meist gibt’s den „Mittagstisch to go“ bis 16 Uhr.
Die wechselnde Tageskarte ist auf der Homepage zu finden: www.pasta-huesli.de. Vorbestellungen nimmt René van den Berg auch per E-Mail an: kaevelsepastahuesli@gmx.de
Im Laden bietet er die abgepackten Nudeln, aber auch selbstgemachte Saucen und Pestos an. Da er alles frisch herstellt, gibt’s die jeweiligen Produkte nur in kleinen Mengen – damit nichts im Müll landet.