An Rhein und Ruhr. Die Tourismusregionen in NRW rücken das Thema Nachhaltiges Reisen immer mehr in ihren Fokus. Auch Hotels stellen sich um.

Der Ruhrtal-Radweg hat erst jüngst die Auszeichnung als „Erster leitungswasserfreundlicher Radfernweg Deutschlands“ von „a tip: tap e.V.“ erhalten, einem Verein, der sich für den Genuss von Leitungswasser einsetzt, um Plastikmüll, CO₂ und Geld zu sparen. Vor einem Jahr ist die Ruhr Tourismus GmbH eine Kooperation mit dem gemeinnützigen Verein eingegangen. 59 kostenfreie Leitungswasser-Nachfüllstationen werden entlang des Radfernwegs angeboten – alle zehn bis 15 Kilometer einer.

„Bei diesem Projekt treffen zwei große Tourismus-Trends aufeinander: Radtourismus und nachhaltiges Reisen“, erklärt Axel Biermann, Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH. „Immer mehr Menschen suchen nach einer Möglichkeit, ihren Urlaub nachhaltig zu gestalten. Der Umstieg auf das Fahrrad ist da natürlich eine effektive Maßnahme.“ Analysen zeigen: Radfahren wird als eine der nachhaltigsten Freizeitbeschäftigungen immer beliebter. Der Anteil der Radtouren an allen Reisen in NRW ist nach einer Radreiseanalyse des ADAC von 2020 bis Mitte 2021 um 12,4 Prozentpunkte auf 31,1 Prozent gestiegen. Insgesamt laden in NRW rund 50.000 Kilometer Wanderwege und ein landesweites Radwegenetz von rund 29.000 Kilometern Gesamtlänge zu klimaneutralen Erkundungstouren ein.

Hotelier: „Nachhaltigkeit wird nicht über Nacht erreicht“

An dieser Infrastruktur setzen touristische Projekte an: „Uns war es wichtig, weitergehende Angebote zu schaffen: Wer seine Flasche während des gesamten Radurlaubs mit Wasser auffüllt, spart zusätzlich Verpackungsmüll sowie CO₂-Emissionen ein“, sagt Biermann.

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Doch „Nachhaltigkeit“, dessen ist sich Michael Große Holtforth bewusst, „wird nicht über Nacht erreicht. Wir gehen einen Schritt nach dem anderen“, sagt der Hotelier, dessen Landhaus Beckmann in Kalkar zu den GreenLine Hotels – mit Nachhaltigkeitssiegel – gehört. Das Landhaus Beckmann in Kalkar am Niederrhein wurde 1850 als Landwirtschaftsbetrieb mit Ausschank gegründet. Michael Große Holtforth führt das Hotel in der 5. Generation und legt den Fokus seit Jahren auf Nachhaltigkeit, Regionalität und eine vegane, aber nicht ganz fleischfreie Küche. Eine Wildblumenwiese mit 38 Blumenarten und ein Kräutergarten kann auch von den Gästen genutzt werden. Zudem gibt es Bienenhotels, Nisthilfen und Vogelhäuser.

Beim Thema Nachhaltigkeit gehe es schon lange nicht mehr nur um die Reduktion von CO₂ sondern auch um effizientes modernisieren und das nutzen neuer Technologien: Im Landhaus Beckmann wird mit der Dachs Kraft-Wärme-Kopplung Wärme, Warmwasser und Strom erzeugt. Der Strom für die Ladestationen für E-Bikes und Elektroautos stammt aus dem hoteleigenen Blockheizkraftwerk.

Naturerlebnisraum Eifel

Unweit des Landhaus Beckmann setzt das ebenfalls als GreenSign zertifizierte Gästehaus & Hofcafé Lindenhof auf Naturnähe, Regionalität und biologische Vielfalt. Ein biologischer Schwimmteich bietet Gästen eine Erfrischung und vielen Tierarten ein geschütztes Zuhause. Sogar Rehe kommen zum Trinken und seit vielen Jahren sind Schleiereulen ansässig.

Die Beispiele zeigen: Am Niederrhein wird grundsätzlich der „sanfte Tourismus“ gefördert, der sich vom Massentourismus abhebt, wie Geschäftsführerin Martina Baumgärtner vom Niederrhein Tourismus erläutert. „Ich denke, dass wir dadurch ganz gut Naturschutz und Tourismus vereinbaren können.“ Niederrhein Tourismus arbeite zudem mit der Hochschule Rhein-Waal und Prof. Dr. Reiser zusammen, um mit Betrieben nachhaltige Strategien für die touristischen Betriebe in der Region zu erarbeiten.

Wer nachhaltig Urlaub machen will, sollte aber nicht nur vor Ort schauen, sondern auch auf die Anreise achten. Und wo es möglich ist, Nah- und Fernverkehrnutzen, sagt Philp Heldt von der Verbraucherzentrale NRW. Was dann die Unterkunft anbelange: Ob Hotel oder Ferienhaus, mache erstmal keinen Unterschied. Hauptsache der Platz werde der Personenanzahl angemessen genutzt. Und je luxuriöser die Unterkunft, umso höher der Ressourcenverbrauch. Auch die Art des Urlaubs kann einen großen Unterschied machen: Beispielsweise Golf- oder Skiurlaub in NRW, sei alles andere als klimaschonend. „Da werden die Pisten beschneit, Wald wird gerodet“, so Heldt. „So ein Urlaub in einer künstlichen Welt ist nicht so nachhaltig, wie wenn ich im Wald durch den Schnee wandere.“

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Und so ist einiges zu beachten. Viele Tourismusregionen wie die Eifel oder das Sauerland bieten Reisepakete an, die auch ein Gästeticket enthalten – für die An- und Abreise mit Bus und Bahn und Ausflugsfahrten vor Ort. In der Nordeifel haben Radler und Wanderer vielerorts die Möglichkeit, in einen Zug umzusteigen, wenn die Beine müde sind. Für ein landesweites Pilotprojekt haben die Kreise Euskirchen und Düren 19 Bahnhöfe und Haltepunkte mittels Infoterminals, Wanderbänken, Fahrradständern und Luftpumpen zu Rad- und Wanderbahnhöfen weiterentwickelt.

Und auch das ist nachhaltig: In NRW werden immer mehr Ausflugs- und Freizeitangebote barrierefrei gestaltet. So hat der Nationalpark Eifel seinen Natur-Erlebnisraum „Wilder Kermeter“ mit einem 4,7 Kilometer langen Wandernetz ausgestattet, das Rollstuhl- und Handbikefahrer sowie Menschen mit Rollatoren problemlos nutzen können. Unter anderem geht es zum „Hirschley“, einem Aussichtspunkt im Nationalpark. Viele Museen, Restaurants oder Hotels sind nach dem bundesweit einheitlichen Zertifizierungssystem „Reisen für Alle“ ausgezeichnet – und stehen somit allen Menschen offen.