Kleve. Nachhaltige Landwirtschaft und Teilhabe zu selbstbestimmtem Leben sind Entwicklungsziele bis 2030 an der Hochschule Rhein-Waal.

Raus aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft und im Austausch mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bestehende Ängste abbauen und Potenziale für eine nachhaltige Zukunft heben: Das sind Ziele der Hochschule Rhein-Waal (HSRW) in ihrem Hochschulentwicklungsplan 2030. „Wir wollen unseren Beitrag zur Gestaltung der Region Niederrhein leisten“, versprach Peter Kisters, Vizepräsident für Forschung, Innovation und Wissenstransfer. Man wolle von Kleve und Kamp-Lintfort aus die „gesellschaftliche Transformation durch erkenntnisgetriebenen Diskurs mitgestalten“, so Präsident Dr. Oliver Locker-Grütjen. Das sei neben Nachhaltigkeit und regionaler Entwicklung bei der Weiterentwicklung der mittlerweile zehn Jahre alten Hochschule entscheidendes Leitkriterium.

Die Vizepräsidenten Peter Kisters, Tatiana Zimenkova und Jörg Petri (v.l) rahmen Präsident Oliver Locker-Grütjen (2.v.r) ein.
Die Vizepräsidenten Peter Kisters, Tatiana Zimenkova und Jörg Petri (v.l) rahmen Präsident Oliver Locker-Grütjen (2.v.r) ein. © NRZ | Stephan Hermsen

Vom Acker bis zum Teller

Im Forschungsschwerpunkt „Sustainable Food Systems“ soll dies unter anderem konkret werden. Wie kann es gelingen, nachhaltig Landwirtschaft und Ernährung zu betreiben – „vom Acker bis zum Teller“, brachte es Kisters auf den Punkt: Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung, Verwertung von Abfallstoffen, innovative Produktionssysteme wie „essbare Wälder“, Lebensmittel aus dem 3D-Drucker – die „Palette“ des HSRW-Forschungsschwerpunkts „Nachhaltige Ernährungssysteme“ ist vielfältig.

Regionale Partner gehören dazu

Die Hochschule will das mit regionalen Partnern praktisch umsetzen und auswerten. Ein kleiner Punkt ist das „vertical farming“, grüne Hängegärten, bei dem am bisher grau-hässlichen Parkhaus Fassadenbegrünung mit verschiedenen Pflanzen ausgetestet wird. Die regionale Hochschule wolle zu Entwicklungen beitragen, die auch globale Lösungen unterstützen. Forschungsarbeiten und die Expertise zahlreicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule würden auf dem Gebiet der nachhaltigen Naturressourcenbewirtschaftung, Ernährung, Gesundheit und Bioökonomie zusammengeführt.

Zugang zu Wissen und Nutzung von hilfreicher Technik

Außerdem ist in diesem Jahr der Forschungsschwerpunkt „Assistenz und Teilhabe“ gestartet: Ein selbstbestimmtes Leben führen – das steht im Mittelpunkt dieses Schwerpunktes, der nun alle dazu relevanten Forschungsaktivitäten aus den unterschiedlichen Fachdisziplinen bündelt. In der zunehmend digitalisierten Gesellschaft gehe es um den Zugang zu Wissen sowie Nutzung und Erforschung technischer Assistenzsysteme.

Die Hochschule stärkt einen ihrer größten Trümpfe: ihre Internationalität. Rund die Hälfte der derzeit 7200 Studierenden kommen aus dem Nicht-EU-Ausland. „Wir wollen hier die Welt zu Gast haben. Entweder um die jungen Menschen mit dem hier erworbenen Wissen wieder in ihre Heimat zu schicken oder sie und ihre Kompetenzen hier für diese Region zu binden“, so Locker-Grütjen.

Impfstoffe ausländischer Studierender wurden nicht anerkannt – Plan B für den Winter

Was in den letzten zwei Jahren der Corona-Pandemie eine riesige Herausforderung war: Viele Studierende durften nicht wieder einreisen, waren im Ausland zwar geimpft worden, aber nicht mit den hier anerkannten EU-Impfstoffen. Jetzt aber läuft ein Semester wieder in Präsenz. Auch, wenn die Hochschule sicherheitshalber einen Plan B für den Winter entwickelt, falls es doch wieder Kapazitätsbeschränkungen bei Veranstaltungen gebe.

Ohnehin: Manche wollen die digitalen Lehr- und Lernformate durchaus beibehalten. Und die Hochschule wird auch weiterhin vieles anbieten. Sinnvoll sind derlei Lernangebote vor allem da, wo einer vorträgt und viele zuhören. Je mehr es um das miteinander Diskutieren und Lernen geht, desto wichtiger ist die Präsenz auf dem Campus, von Veranstaltungen in Werkstätten und Labors mal abgesehen. Von Bauernhöfen in Parkhäusern ganz zu schweigen.

Was der Krieg gegen die Ukraine bedeutet

Die Forschung der Hochschule Rhein-Waal mit russischen Kooperationspartnern liegt auf Eis, so Hochschulpräsident Oliver Locker-Grütjen. Für die 84 russischen Studierenden ändert sich – theoretisch – erst einmal nichts: Sie werden nicht exmatrikuliert – auch, wenn russische Propaganda derlei behaupte. Konflikte mit den 34 Studierenden aus der Ukraine gebe es nicht.

Die Hochschule rechnet mit steigenden Studierendenzahlen aus der Ukraine. Gasthörer können sie auf jeden Fall werden und Sprachkurse besuchen. Alles Weitere wird individuell geprüft, auch wenn Unterlagen fehlen. Rhein-Waal hat eine Partner-Uni in Charkiw. Besser gesagt: hatte. „Die Hochschule gibt es nicht mehr“, so Vizepräsidentin Tatiana Zimenkova (Internationales/Diversität).