Schmidt. Im Nationalpark Eifel führen ab 2022 neu ausgebildete Sternen-Guides durch die Nacht und klären dabei nicht nur über die Sternenwelt auf.

Die Bedingungen für die Sternenbeobachtung sind an diesem Abend einfach perfekt. Es ist kalt, die Temperaturen gehen unter Null, die Sicht ist klar: „Wir haben einen richtig tollen Winterhimmel“, freut sich Michaela Wüller. Warm eingepackt, mit Handschuhen, Mütze und dickem Schal kommt sie zum Treffpunkt – dem Eifel-Blick „Schöne Aussicht“ in Schmidt. Noch dämmert es. „Aber das wird jetzt schnell dunkel“, sagt die 48-jährige Natur- und Wildnispädagogin. Sie ist eine von 30 Sternen-Guides, die jüngst erst von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser ihr Zertifikat überreicht bekommen haben. Ab April werden sie im Rahmen des Projektes „Unterm Sternenhimmel – Eifel bei Nacht“ durch den Naturpark Nordeifel führen, „wenn die Nächte wärmer sind“, sagt Michaela Wüller.

Die Sternen-Guides erklären an den Abenden nicht nur den Sternenhimmel, sondern klären auch „über die Bedeutung von dunklen Nächten für Natur und Umwelt auf“, erklärt Manfred Poth, Vorsitzender des Naturparks Nordeifel. Dunkle Nächte wirken sich positiv „auf die Gesundheit aus, schonen Ressourcen und dienen damit dem Klimaschutz“, sagt auch Ursula Heinen-Esser. Dunkelheit ist zudem wichtig für die Artenvielfalt. Für viele nachtaktive Tier- und Pflanzenarten ist die Nacht überlebenswichtig, dazu gehören Fledermäuse, Eulen, fast alle Arten von Amphibien, Insektenarten wie die Nachtfalter, und auch Vögel zur Zugzeit sowie die Kohldistel. „Künstliches Licht kann in der Nacht für sie, eine ernste Bedrohung sein, weiß Michaela Wüller.

Freier Blick gen Himmel

Voller Elan trägt sie vom Parkplatz eine Kiste mit Tee, Keksen und so einigen Utensilien, die sie für die Führung braucht, zum Aussichtspunkt. Ein Jahr hat ihre Ausbildung gedauert, coronabedingt lief vieles online. Die meisten Sternen-Guides spezialisieren sich.

Michaela Wüller will vor allem Familien mit Kindern die Sternenwelt vermitteln. Dafür hat sie die vergangenen Monate vieles über die Welt hoch über den Wolken gelernt. Fasziniert hat diese die studierte Landschaftsarchitektin schon immer. „Immer wenn ich die Sterne gesehen habe, dachte ich: Wow.“

Ja. „Wow“. Was für ein schöner Ausblick auf den Rursee. Was für eine Ruhe. Wenn es nur nicht so kalt wäre. Aber auch das hat seinen Reiz. Nicht überall in NRW gibt es einen so freien Blick gen Himmel.

Blick in den Sternenhimmel am Rursee in der Nordeifel: Zu sehen sind die hellen Planeten Jupiter und Venus (mitte und rechter Bildrand) – und ziemlich genau in der Mitte der Saturn.
Blick in den Sternenhimmel am Rursee in der Nordeifel: Zu sehen sind die hellen Planeten Jupiter und Venus (mitte und rechter Bildrand) – und ziemlich genau in der Mitte der Saturn. © FFS | Foto: Lars Heidrich

Lichtsmog lässt die stockdunkle Nacht selten werden. Er stört die Finsternis und ganze Ökosysteme. Satellitenaufnahmen von der Erde zeigen nachts ein strahlendes Lichtermeer. Wer aber von unten hoch schaut, sieht oft: nichts. Straßenlaternen oder Fassadenbeleuchtungen vernebeln die Sternenschau in vielen Städten. „Eine Sicht wie hier gibt es nicht oft“, schwärmt Michaela Wüller. Sie nutzt die Dämmerung, um spielerisch in die Sternengeschichte einzuführen. Auf den Boden legt sie eine große hellblaue Plane, symbolisch für den Himmel. Darauf legt sie nachtleuchtende Planetenmodelle, die symbolisch für die Sonne, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, den Saturn stehen, und beginnt zu erklären.

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„Nicht alles, was wir am nächtlichen Himmel als leuchtenden Punkt sehen, ist ein Stern.“ Auch Planeten leuchten. Aber nicht von sich aus. „Sie leuchten nur, weil das Licht unserer Sonne auf sie fällt“, sagt Michaela Wüller. Mittlerweile ist es dunkel. Am Himmel erstrahlen die ersten Sterne. Sterne? „Nein. Die ersten Lichter, die wir am Himmel abends funkeln sehen, sind Planeten, keine Sterne.“ Die meisten Planeten strahlen genauso hell wie Sterne, „weil sie uns vergleichsweise nah sind und das Sonnenlicht stark reflektieren. Da rechts unten ist die Venus zu sehen, in der Mitte Saturn und links oben Jupiter.“

Mehr Sterne als Sandkörner

Sternenkunde – einfach erklärt, nicht nur für Kinder. Der Spaß, mit dem Michaela Wüller die Planeten erklärt, steckt an und macht Lust auf mehr. „Gleich müssen wir die Milchstraße sehen“, schaut sie nach oben und veranschaulicht weiter: „Wenn man alle Sterne unserer Galaxie zählen wollte, bräuchte man mehrere tausend Jahre. Es gibt mehr Sterne im All, als Sandkörner aller Strände der Erde.“

Längst sind wir trotz gefühlter Eiseskälte nicht mehr alleine an der Aussicht. Eine kleine Gruppe von Sternenguckern und ein Pärchen gesellen sich dazu und schauen durch ihre Fotokameras und Ferngläser gen Himmel.

In den schauen auch sicher wieder viele Menschen in der Silvesternacht, die auch in diesem Jahr coronabedingt anderes als sonst sein wird – ohne großes Feuerwerk und Knallerei. „Wenn es kein Feuerwerk geben kann, dann sollen die Leute zu den Sternen gucken“, empfiehlt Michaela Wüller. Sie wird es in der Nordeifel auf jeden Fall machen, ob das Wetter allerdings mitspielt, steht in den Sternen.