An Rhein und Ruhr. Der Umweltverband BUND hingegen sieht die CDU-Politikerin „auf dem komplett falschen Dampfer“ und fordert mehr Herdenschutz.

Angesichts einer hohen Zahl von Weidetierrissen will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) den Umgang mit Wölfen zum Wahlkampfthema machen -das sorgt auch in Nordrhein-Westfalen für Diskussionen. Klöckner, die auch CDU-Bundesvize ist, spricht sich dafür aus, dass dort, wo es viele Wölfe gibt, einzelne geschossen werden dürfen.. Allerdings stehen die Raubtiere unter strengem Artenschutz.

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Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ, 21. Juni 2021) plädierte die Politikerin für ein sogenanntes regionales Bestandsmanagement. Deutschlandweit steigt die Zahl der Wölfe. Klöckner sieht die Raubtierart in einigen Bundesländern in einem „guten Erhaltungszustand“. Als ein Beispiel nannte sie Niedersachsen, wo zuletzt 23 Rudel ansässig waren. Noch mehr Wolfsrudel leben laut Bundesamt für Naturschutz in Sachsen (28) und Brandenburg (47).

Rheinische Bauern: Tierhalter sind „leidgeprüft“

2019 hätten Wölfe bundesweit fast 3000 Nutztiere getötet oder verletzt: Dafür könne man die Augen nicht verschließen, meinte Klöckner. Eine 2019 von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Verschärfung des Bundesnaturschutzgesetzes, die den Abschuss „auffälliger“ Wölfe erleichtern sollte, hält die CDU-Politikerin für nicht ausreichend.

Der Rheinische Landwirtschafts-Verband begrüßte den Vorstoß. „Wir freuen uns, dass Ministerin Klöckner sich das Thema Wolf auf die Fahnen schreibt“, so Sprecherin Andrea Hornfischer. Ein „Miteinander“ von Wolf und Weidetieren könne aus Sicht der Bauern nur gewährleistet werden, wenn es auch klare Regeln gibt. „Den leidgeprüften Tierhaltern wäre zu wünschen, dass den Ankündigungen auch Taten folgen“, sagte Hornfischer.

In NRW viel weniger Wölfe ansässig als in Niedersachsen

Holger Sticht hingegen, der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende des Umweltverbandes BUND, sieht die Ministerin „auf dem komplett falschen Dampfer“. Nicht die Wölfe seien das Problem: „Weidetierhalter müssen in die Lage versetzt werden, ihre Herden zum Beispiel durch spezielle Zäune zu schützen.“ Da müsse noch mehr getan werden. Überdies hält Sticht den Klöckner-Vorstoß für artenschutzwidrig.

In NRW sind derzeit zwei Wolfsrudel bekannt - eines in Schermbeck am Niederrhein, ein weiteres in der Leuscheid im Rhein-Sieg-Kreis. Zudem hat sich Wolfspärchen im deutsch-belgischem Grenzgebiet Eifel/Hohes Venn gefunden. Eine einzelne Wölfin lebt im Eggegebirge in Ostwestfalen; zuletzt war dort auch ein Männchen unterwegs.

Seit Jahresbeginn: Über 50 Schafe und ein Pony gerissen

51 Schafe und ein Pony sind in Nordrhein-Westfalen seit Jahresbeginn nachweislich von Wölfen gerissen worden, weitere Fälle werden untersucht. Diskussionen hatte es insbesondere immer wieder um die Risse am Niederrhein, also im Wolfsgebiet Schermbeck, gegeben. Aktuell scheint sich die Lage dort etwas beruhigt zu haben. Zuletzt war am 1. März ein Schaf in Dinslaken gerissen worden.

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„Hier im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen sind wir noch weit weg von Verhältnissen, wie im Bund oder in bestimmten, wolfsreichen Bundesländern wie Niedersachsen“, sagte ein Sprecher von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) auf Nachfrage der Redaktion. Angesichts des kleinen Bestandes sind Rufe nach einer Bestandsreduktion in Nordrhein-Westfalen „nicht zielführend“, so der Sprecher weiter. Er verwies auf den Schutzstatus von Wölfen.

NRW stellt jährlich 1,5 Millionen Euro für Herdenschutz bereit

Ungeachtet dessen sei man in NRW „sehr wachsam“ und investiere zur Unterstützung der Schäferinnen und Schäfer jährlich rund 1,5 Millionen Euro in präventiven Herdenschutz, hieß es weiter. Auf Bundesebene setze man sich für „klare, nachvollziehbare Regeln“ ein, wann ein einzelner Wolf als „problematisch“ bezeichnet werden und entsprechend der Artenschutzgesetze auch rechtssicher geschossen werden darf.

Unter der Federführung des Bundesumweltministeriums entwickele eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen sogenannten „Praxisleitfaden“, erklärte der Sprecher von NRW-Ministerin Heinen-Esser. Der Leitfaden solle in diesem Jahr fertiggestellt werden. Landwirtschaftsverbände und Bundeslandwirtschaftsministerium würden beteiligt.