Am Niederrhein. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wenig Intensivbetten der Kreis Viersen im NRW-Vergleich besitzt. Der Gesundheitsdezernent fordert Umdenken.

Der Kreis Viersen sieht sich bei Intensivbetten im Nachteil. Während der zweiten und dritten Corona-Welle waren im Kreisgebiet fast immer weniger als zehn Prozent der Betten frei gewesen. „Die Pandemie hat gezeigt, dass die Verteilung der Intensivbetten im Land überdacht werden sollte“, erklärte Gesundheitsdezernent Jens Ernesti (Grüne) auf Nachfrage der Redaktion (1. Juni 2021).

Es sei „nicht nachvollziehbar, warum die Bevölkerung des Kreises Viersen derart benachteiligt wird“, so Ernesti weiter. Tatsächlich waren die Intensivstationen im Kreisgebiet an mehreren Tagen sogar komplett ausgelastet gewesen.

Nachbarkreis Kleve hat mehr als doppelt so viele Intensivbetten

„Wir haben in der Zeit vier Patienten in Nachbarstädte und -Kreise verlegt“, heißt es bei der Kreisverwaltung. Möglicherweise sind noch weitere Patienten auf Veranlassung von Kliniken verlegt worden. Dazu lagen im Kreishaus aber keine Angaben vor.

Der Kreis Viersen kommt auf aktuell 33 Intensivbetten. Im Nachbarkreis Kleve sind es mehr als doppelt so viele - und das bei ähnlicher Einwohnerzahl, nämlich etwa 300.000. Allerdings gibt es im Kreis Kleve auch etwas größere Krankenhäuser. In Viersen ist das AKH das größte Haus (insgesamt 315 Betten), in den vergangenen Jahren waren im Kreisgebiet zudem einzelne Häuser geschlossen worden.

Bettenzahl durch Sonderförderung aufgestockt

Die Verteilung der Intensivbetten in Nordrhein-Westfalen gilt als historisch gewachsen. Im Landes- und Bundesvergleich fällt der Kreis Viersen sogar noch deutlich ab. Deutschlandweit kamen laut Kreis zuletzt ungefähr 33,9 Intensivbetten auf 100.000 Einwohner (Angabe von 2017), in NRW 35,7 (2018).

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Mit seinen 33 Intensivbetten kommt der Kreis Viersen da also nur auf weniger als ein Drittel des NRW-Schnitts. Und die 33 Betten ergeben sich auch nur durch eine Sonderförderung des Landes während der Pandemie. „Wie lange sie bestehen bleiben sollen, ist noch nicht klar definiert“, heißt es im Kreishaus. Bis März 2020 hatte der Kreis Viersen lediglich über 28 verfügt.

KGNW: Wohnortnahe Versorgung erhält größeres Gewicht

Bei der Krankenhaus-Gesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) heißt es auf Nachfrage der Redaktion: „Die Corona-Pandemie hat den hohen Wert der Intensivmedizin noch einmal mehr ins Blickfeld gerückt“, so Sprecher Hilmar Riemenschneider. Es ist in kurzer Zeit gelungen, die vorübergehend benötigten Reservebetten aufzubauen, nachdem Kapazitäten „über viele Jahre sehr restriktiv gesteuert worden“ seien.

Mit dieser Erfahrung im Bewusstsein erhalte in vielen Regionen gerade die wohnortnahe Versorgung ein größeres Gewicht: „Wenn einzelne Krankenhäuser nun eine Aufstockung ihrer regulären Intensivkapazitäten beantragen, für die ein nachweisbarer Bedarf besteht, setzen wir auf eine zügige Genehmigung durch das Land NRW“, so Riemenschneider weiter.