An Rhein und Ruhr. Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, schlägt Lungenfacharzt Thomas Voshaar kürzere Schulstunden und häufiges Lüften vor. Ist das realistisch?
Die Zahl der Coronavirus-Neuinfektionen steigt. Immer häufiger treten Fälle an Schulen auf, Anfang der Woche wurden Corona-Fälle unter anderem an Schulen in Dinslaken, Moers und Wesel bekannt. Wie kann das Ansteckungsrisiko an Schulen minimiert werden?
„Bei älteren Schülerinnen und Schülern sollte auf die Parameter Raumgröße, Anzahl von Personen, Dauer der Veranstaltung und Lüftungsmöglichkeiten geachtet werden“, erklärte Dr. Thomas Voshaar, Chefarzt der Lungenklinik am Bethanien-Krankenhaus in Moers, jüngst im Gespräch mit der NRZ. Sein Vorschlag: „In der Oberstufe können deshalb Schulstunden von etwa 30 Minuten durchaus Sinn machen, hier ist Flexibilität gefordert. Dann sollte der Raum stoßgelüftet werden.“
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Eine Verkürzung der Unterrichtsstunden könnte sich auch die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) in Nordrhein-Westfalen als Teil eines Maßnahmenpaketes vorstellen. „Wir haben der Landesregierung sehr lange gesagt, dass sie bitte einen Plan B vorlegen soll“, sagt GEW-Sprecher Michael Schulte. Wenn an einer Schule die Corona-Fallzahlen steigen, müsse darauf reagiert werden können. „Es ist sinnvoll, wenn man diese Maßnahme in einen Instrumentenkasten packt“, sagt der Gewerkschafter.
Mund-Nasen-Schutz, Entzerrung des Unterrichts, Verkleinerung der Lerngruppen, ein Mix aus Präsenz- und Onlineunterricht – „man muss verschiedene Maßnahmen anbieten.“ Die Gewerkschaft spricht sich dafür aus, dass aus diesem Paket an Maßnahmen individuell an den Schulen entschieden werden sollte. „Und immer nur dann, wenn es die Corona-Lage erfordert und die Gefahr einer Infektion zu groß wird“, sagt Schulte. Auch interessant: Diese niederländischen Provinzen sind Corona-Risikogebiet
Ist verkürzter Unterricht realistisch? Das sagen Schulleiter
Verkürzte Schulstunden und häufiges Lüften, um die Ansteckungsgefahr gering zu halten: „Das ist aus virologischer Sicht bestimmt ein super Vorschlag“, sagt Markus Zwering, stellvertretender Schulleiter des Franz-Haniel-Gymnasiums in Duisburg auf Anfrage. Schultechnisch ließe sich das aber kaum realisieren. An seiner Schule dauert eine Unterrichtseinheit 70 Minuten. Die Verkürzung der Unterrichtseinheiten auf 30 Minuten wäre seiner Ansicht nach nicht zielführend. Lesen Sie auch: Schulen in Moers bekommen CO2-Ampeln von der Stadt
„Man würde nichts geschafft kriegen, die Schüler müssten ja permanent den Unterricht wechseln“, sagt er. Jegliche Form von experimentellem Arbeiten sei so gar nicht erst möglich. Den Vorschlag, nach 30 Minuten Unterricht den Raum zu lüften, befürwortet er hingegen – „aber das machen ja sowieso schon alle.“
Eine ähnliche Einschätzung gibt Karen Schneider ab, Schulleiterin am Konrad-Duden-Gymnasium in Wesel. „Ich bin offen für alles, was uns hier leben lässt“, sagt sie. Aber: „Die Grundlage allen Arbeitens ist der Stundenplan.“ Eine Schulstunde am Konrad-Duden-Gymnasium dauert 45 Minuten, bei den meisten Schülern stehen Doppelstunden an.
Schulleiterin: Umstellung des Stundenplans sei „wochenlanger Prozess“
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Ein 90-Minuten-Block beinhalte schon jetzt zwei Pausen von je fünf Minuten zum Lüften. Aktuell seien Türen und Fenster ohnehin permanent geöffnet. „Ein Stundenplan kann nicht mal eben umgebaut werden, das sind wochenlange Prozesse“, sagt Schneider. Auch interessant: Corona-Neuinfektionen – Niederlande und NRW im Vergleich
Die Schulleiterin befürwortet zielführende Vorschläge von Experten, sieht die Entscheidungsgewalt aber bei den Schulen. „Die Schulleiter vor Ort kennen ihre Schule am besten. Ich will nicht, dass das Schulministerium mir das vorschreibt“, sagt sie. Vielmehr sieht sie Vorschläge wie von Voshaar als Angebot, das die Schulen intern mit den Schulgremien abstimmen können. „Das kann jede Schule selber leisten, wenn sie gewährleistet, dass die Regeln eingehalten werden.“
Elternschaft Duisburger Schulen sieht das Land in der Pflicht
Die Elternschaft Duisburger Schulen (EDuS) betont, dass geänderte Schulzeiten die Kooperationen von Schulen innerhalb des Stadtgebietes beeinflussen würden. „Der ÖPNV ist auf die aktuelle Situation eingestellt. All das ist zu berücksichtigen, wenn es sich empfiehlt, die Schulstundentaktung zu ändern oder zu verkürzen, um andererseits das Risiko von Schulschließungen zu minimieren“, heißt es auf Anfrage.
Die EDuS sieht die Verantwortung beim Land, einheitliche Konzepte mit landesweiten Regelungen zu schaffen. Diese sollten den verschieden Rahmenbedingungen der einzelnen Schulen gerecht werden. „Dabei sind auch virologische Anregungen wie von Herrn Voshaar mit zu diskutieren.“
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