Kreis Heinsberg. Am Tagebau Garzweiler haben Aktivisten einen Wald besetzt: Zwischen Keyenberg und Kuckum sind zwei Baumhäuser entstanden, weitere sollen folgen.
Im geplanten Abbaugebiet des Tagesbaus Garzweiler haben Kohle-Gegner in einem Wald nahe der Erkelenzer Ortschaft Keyenberg erste Baumhäuser errichtet. „Wir bleiben hier, bis die Kohlebagger stillstehen“, sagte Sprecherin Julia Riedel an diesem Sonntag (27. September 2020) der Redaktion. Sie kündigte an, dass weitere Baumhäuser folgen werden.
Den Angaben zufolge gibt es in dem Wald derzeit zwei Baumhäuser, eines in 18 Metern Höhe, ein anderes in etwa sieben bis acht Metern. „Wir sind seit seit etwa einer Woche vor Ort“, sagte Riedel. Die beiden „Häuser“ sollen über ein gutes halbes Dutzend Schlafplätze verfügen - „in unserem Projekt sind aber mehr Leute“. Die Initiative nennt sich „Unser Aller Wald“ und hat sich auf eine längere Besetzung eingerichtet: „Wenn es im Winter kalt ist, packen wir uns halt ein bisschen dicker ein“, sagte Riedel.
Erfahrungen aus dem Hambacher Forst
Der zwischen Keyenberg und Kuckum gelegene Wald besteht u. a. aus Buchen und Eschen. Er soll wie die beiden Ortschaften und vier weitere Dörfer auch demnächst dem Tagebau Garzweiler weichen. Die Waldbesetzer fühlen sich den noch verbliebenen Dorfbewohnern verbunden: „Wir sind quasi das siebte Dorf“, sagte Riedel. Die Waldbesetzung bei Keyenberg erinnert nicht von ungefähr an die Besetzung des Hambacher Forstes.
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Einige Teilnehmer des Projektes hätten Erfahrungen im Hambacher Wald gemacht, erklärte Riedel. Insgesamt setze sich „Unser Aller Wald“ aber aus ganz unterschiedlichen Menschen zusammen. Sie alle eine, dass man dem Braunkohleabbau sowie „der Zerstörung durch RWE“ Einhalt gebieten wolle. Zudem sei man der Auffassung, dass ein anderes Wirtschaftssystem nötig sei - „eines, das nicht am Profit orientiert ist“.
Zersplitterte Eigentumsverhältnisse
Die Polizei hat die Baumhäuser bei Keyenberg auch schon entdeckt. Zuständig sei die örtliche Bauaufsicht, erklärte eine Sprecherin der Polizei Aachen auf Nachfrage der Redaktion. Wem das betreffende Waldstück gehöre, sei aktuell nicht ganz klar, so die Sprecherin weiter. Die Polizei werde Amtshilfe leisten, wenn sie darum gebeten werde. Die Eigentumsverhältnisse in dem Bereich sind ziemlich zersplittert.
Die Besetzung wurde an diesem Sonntag bei einem der Protestspaziergänge von Waldführer Michael Zobel der Öffentlichkeit vorgestellt. Etwa zeitgleich hatte die Klimabewegung „Ende Gelände“ ihr Aktionswochenende für beendet erklärt - die ehemalige Gaststätte in Keyenberg war noch bis zum Morgen besetzt gewesen. Aktivisten luden Anwohner dort zum Frühstück ein.
Erstmals auch Blockaden von „Gasinfrastruktur“
Den Angaben zufolge waren im Rheinland mehr als 3000 Teilnehmer vor Ort gewesen. Neben Kohleeinrichtungen war erstmals auch Gasinfrastruktur blockiert worden - etwa das Gas-und-Dampf-Kraftwerk in Düsseldorf und offenbar auch eine Zeelink-Baustelle. Die Aktionen verteilten sich über das ganze Rheinland, ein Schwerpunkt war der Tagebau Garzweiler. Kohlebunker und Gleise wurden besetzt. Vereinzelt gab es Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Polizei setzte Pferde, Schlagstöcke und Pfefferspray ein.