Den Haag. Seit dem 1. Juni dürfen Kneipen und Restaurants in den Niederlanden wieder öffnen. In Den Haag werden die neuen Freiheiten ausgelassen gefeiert.

,,Bella ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao.’’ Der italienische Klassiker wird aus voller Kehle und von vielen Kehlen gesungen auf dem Plein in Den Haag. Es ist punkt zwölf Uhr mittags. Pfingstmontag, der 1. Juni 2020. Es ist das von vielen Niederländern lang ersehnte Ende des Lockdowns der Gastronomie. Holland feiert die wiedergewonnene gastronomische Freiheit.

Im Nu sind die Terrassen voll besetzt. Aber man hält sich penibel auf den vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Metern. Das „Social Distancing“ funktioniert. Die Tische und Stühle stehen in einem gebührenden Abstand zueinander. Maximal vier Menschen dürfen an einem Tisch zusammen sitzen, vorausgesetzt, sie leben gemeinsam in einem Haushalt. Für Pärchen gibt es eine Ausnahme. Sie dürfen auch zu zweit an einem Tisch sitzen, auch dann, wenn sie nicht zusammen wohnen. Für sie gilt das „Social Distancing“ nicht.

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,,Es ist wie Geburtstag, Weihnachten und Silvester zugleich,‘‘ freut sich Marijke, die sich bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen mit ihrer Freundin ein kühles Glas Rosé auf einer der vielen Terrassen auf dem Haager Plein gönnt. Der Plein, eines der vielen Ausgangszentren der niederländischen Regierungsmetropole, direkt am Parlament und dem weltberühmten Mauritshuis-Museum im Herzen der Haager Innenstadt gelegen, lebt wieder. Aber anders.

Den Haag: Nicht mehr als 30 Personen in Kneipen und Restaurants

Es ist nicht mehr so wie es noch vor dem 15. März, 18.00 Uhr hier noch war, als der Lockdown begann. Nicht mehr so ausgelassen. Nicht mehr so ungezwungen, nicht mehr so spontan, so unkonventionell, so relaxed. Vorbei sind die Zeiten, da jeder jeden seiner Bekannten und Freunde bei der Ankunft und beim Abschied dreimal auf die Wange küsste und sich dabei spontan umarmte. Das war einmal. Social Distancing ist jetzt die neue Norm. Hoffentlich nicht für immer. Aber: Wenn erst einmal die Abstandsregel der 1,5 Meter fällt, dann wird man sich hier auf dem Plein und anderswo wieder ungezwungen zur Begrüßung dreimal auf die Wange küssen.

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Außerdem: Das Personal der Gastronomiebetriebe ist angehalten, die Gäste, bevor sie bedient werden, zu fragen: Habt ihr irgendwelche Corona-Symptome ? Wer die Frage bejahen sollte, wird nicht bedient und muss nach Hause gehen. Aber wer sagt schon ja auf eine solche Frage. Eine etwas naive Regel, die sich die christlich-liberale Haager Regierung da ausgedacht hat.

Eine andere neue Regel gilt für die Innenräume von Kneipen und Restaurants. Dort dürfen sich gleichzeitig nicht mehr als 30 Menschen aufhalten, exklusive des Bedienungspersonals. Dort muss man ab jetzt vorab telefonisch einen Platz reservieren. Aber wer will an diesem sonnigen und sommerlichen Pfingstmontag schon drinnen sitzen. Niemand.

Niederlande: Viele deutsche Touristen reisten nach Scheveningen

In anderer Hinsicht war die Haager Regierung großzügig. Wegen der 1,5 Meter Abstandsregel gestattet sie allen Cafés, Kneipen und Restaurants, dass sie ihre Terrassen im Freien um bis zu ein Viertel vergrößern können und dafür keine Sondersteuer zahlen müssen. Und: Eine Maskenpflicht, den textilen Maulkorb, den gibt es in den Niederlanden auch nicht, außer für Reisen in Nahverkehrsmitteln.

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Auch viele deutsche Touristen fühlten sich bei diesen sommerlichen Temperaturen von den schönen sandigen Stränden an der niederländischen Küste wieder angezogen und stiegen ins Auto um nach Scheveningen oder nach Zeeland zu fahren. Und das obwohl der niederländische Premierminister Mark Rutte und der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet deutsche Touristen eigens in einer Videobotschaft dazu aufriefen: Fahrt über Pfingsten nicht an die Strände in den Niederlanden. Viele Deutsche taten es trotzdem. Denn die deutsch-niederländische Grenze ist offen.