An Rhein und Ruhr. Peter Frings ist Interventionsbeauftragter des Bistums Münster. Er kritisiert den Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen und will aufklären.

Seit fast einem dreiviertel Jahr ist Peter Frings als Interventionsbeauftragter des Bistums Münster im Amt. „Ich fange gerade erst an, wir haben noch richtig viel zu tun“, sagt der 61-Jährige. Täglich beschäftigt er sich mit sexueller Gewalt in der katholischen Kirche, egal ob ehren-, neben- oder hauptamtliche Mitarbeitende des Bistums involviert sind.

Bei allen Fragen, Hinweisen und Meldungen ist Frings jetzt die erste Kontaktperson. „Entweder ich telefoniere oder ich bin im Bistum unterwegs“, erklärt er. Genau so solle das aber auch sein, so Frings. Der Jurist will vor allem für die Opfer stets erreichbar sein, wenn diese sich melden.

Denn, da will Frings nichts schönreden, in der Vergangenheit seien bei den Missbrauchsfällen unzählige Fehler gemacht worden. Als „totales Desaster“ bezeichnet Frings beispielsweise den Fall des vorbestraften Aushilfspfarrers, der von 1986 bis 1988 in der Moerser Kirchengemeinde St. Bonifatius tätig war, obwohl er in den 1970ern bereits zu einer Haftstrafe wegen „fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen“ verurteilt worden war.

Frings arbeitete bei der Caritas

Auch in Kevelaer, wo ein Pfarrer in den 1980er-Jahren zwei Mädchen sexuell missbraucht haben soll, habe die Kirche „versagt“. 139 beschuldigte Kleriker hatte eine Studie seit 1946 für das Bistum aufgelistet, Frings arbeitet für die Aufarbeitung nun eng mit dem Archiv zusammen. Der Vertrauensverlust, mit dem die Kirche seit dem Bekanntwerden der ersten Missbrauchsfälle 2010 zu kämpfen hat, überschatte alles.

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„Er hat mich aber auch motiviert, diese Aufgabe zu übernehmen“, so der Münsteraner, der vorher als Justiziar bei der Caritas in der Diözese Münster tätig und Leiter der Abteilung Recht und Wirtschaft war. Bereits 1986, nach Abschluss seines Studiums, begann Frings bei der Caritas, wo sein Schwerpunkt auf der sozialrechtlichen Beratung lag.

Das Thema sexueller Missbrauch ist für den dreifachen Familienvater nicht neu. Er war zwischen 1997 und 2017 auch Erster Vorsitzender des Vinzenzwerks Handorf und wurde in dieser Funktion 2010 mit Missbrauchsvorwürfen aus den 1950er-Jahren konfrontiert. „Das hat mich sehr betroffen gemacht und auch dazu geführt, dass mich diese neu geschaffene Stelle so interessiert hat“, erklärt Frings. „Es geht mir darum zu zeigen, dass wir es mit der Aufklärung endlich ernst meinen.“

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Schließlich sei das Thema jahrelang verschleiert worden. „Ich hoffe, dass ich etwas bewegen kann“, so der 61-Jährige. Frings ist innerhalb des Bistums weisungsunabhängig und hat freie Hand, was die Ausgestaltung seiner Aufgabe angeht. „So kann ich die Hilfsangebote für die Opfer in den Vordergrund meiner Arbeit stellen“, erklärt er. „Wenn es uns gelingt, dass diejenigen, die sich bei uns melden, eine Therapie bekommen, Opferanwälte sich um sie kümmern und die Verfahren vernünftig ablaufen, ist das schon ein Fortschritt.“

Viele Fälle lassen sich nicht klären

Das sei eigentlich selbstverständlich, in den vergangenen Jahren aber versäumt und nicht zentral koordiniert worden. Natürlich gebe es auch viele Opfer, die sich nicht melden würden und mit der Kirche nichts mehr zu tun haben wollten. „Sie haben Unvorstellbares erlebt, das macht einen fassungslos“, sagt Frings. Er beschäftigt sich täglich mit diesen Leidensgeschichten. „Viele Fragen, die sich die Menschen stellen, habe ich selbst auch, und die werden wir bei weit zurückliegenden Fällen auch nicht mehr klären können.“

Trotzdem sei es wichtig, bei den Informationsrunden, die zuletzt in Moers, Kevelaer, Rhede und Bocholt stattfanden, mit Opferverbänden und Gemeindemitgliedern ins Gespräch zu kommen. Die seien oft wütend, verletzt und traumatisiert. Als ungleich schwieriger empfindet er jedoch die Gespräche mit den noch lebenden Geistlichen, die des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurden. „Da ist leider keinerlei Einsicht oder Schuldgefühl erkennbar“, sagt der Münsteraner. Wichtig sei deswegen, dass es für diese Priester künftig schärfere und vor allem klarere Regeln seitens der Kirche gebe. „Alles andere ist für die Opfer blanker Hohn“, so Frings.

Frings kümmert sich auch um Prävention

Auch für die vielen Priester, Mitarbeiter in den Gemeinden und der Sozialarbeit sei es wichtig, dass die Kirche Verantwortung übernehme. „Sie leisten ja vielfach hervorragende Arbeit und leiden darunter, dass das Thema Missbrauch viele andere Bereiche der Kirche überschattet“, erzählt der Interventionsbeauftragte.

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Neben der Hilfe für die Opfer kümmert sich Frings auch um die Prävention. „Die Sensibilisierung für Missbrauch ist in der Kirche heute höher als früher, sie muss aber noch mehr geschult werden.“ Bisher sind im Bistum etwa 50.000 Mitarbeiter und Ehrenamtliche präventiv geschult worden. Vor Frings liegt trotzdem noch viel Arbeit. Er hat derzeit nur eine Mitarbeiterin, die Stelle soll aber, womöglich schon im kommenden Jahr, ausgeweitet werden.

Beim Bistum Münster ist Peter Frings telefonisch unter 0251/4956031 erreichbar. Betroffene können dem Interventionsbeauftragten auch eine Mail schreiben: frings-p@bistum-muenster.de.