Moers/Münster. Trotz Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs war ein Aushilfspfarrer über Jahrzehnte als Seelsorger tätig – auch in Moers und Essen.
Ein Aushilfspfarrer, der von 1986 bis 1988 in der Gemeinde St. Bonifatius in Asberg beschäftigt war, hat sich offenbar des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht. Wie das Bistum Münster mitteilt, ist der Mann 1988 wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Bereits 1972 war er wegen „fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen“ zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Trotz der Verurteilungen wirkte der Priester über Jahrzehnte als Seelsorger in verschiedenen Bistümern.
Ob der namentlich nicht genannte Mann auch in Asberg Straftaten begangen hat, aufgrund derer er 1988 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist, ließ sich am Dienstag nicht klären. Christoph Heckeley, Sprecher des Erzbistums Köln, sagte der NRZ, die Aktenlage sei sehr dünn. Ein Grund, weshalb man jetzt mit den Informationen an die Öffentlichkeit gegangen ist, sei die Hoffnung, dass sich Missbrauchsopfer melden, die bisher geschwiegen haben.
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Herbert Werth, leitender Pfarrer der Großgemeinde St. Josef, zu der St. Bonifatius gehört, erklärte auf Anfrage, er sei in der vergangenen Woche unterrichtet worden und informiere derzeit die Gremien der Gemeinde. Dort wolle man auch besprechen, ob der Missbrauchsfall am Sonntag in den Gottesdiensten thematisiert oder die Gemeindemitglieder über das Gemeindeblatt informiert werden. Für Montag, 25. November, ist in Moers ein Informationsabend geplant (Einzelheiten werden noch bekanntgegeben).
Seit 2002 ist der Pfarrer im Ruhestand
Das Bistum Münster informierte am Dienstag in einer Pressemitteilung über den Fall. Es beruft sich dabei auf Nachforschungen im Erzbistum Köln und den Bistümern Münster und Essen. Der heute 85-jährige Priester ist seit 2002 im Ruhestand und inzwischen nicht mehr in der Seelsorge tätig.
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Peter Frings, der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, war im Mai 2019 durch ein Schreiben auf den Fall aufmerksam gemacht worden, heißt es in der Pressemitteilung. Das Erzbistum Köln hatte daraufhin der Rechtsanwaltskanzlei in München, die seit Anfang 2019 alle Fälle von sexuellen Missbrauch im Erzbistum untersucht, auch das Aktenmaterial der anderen Bistümer für diesen Fall zur Verfügung gestellt.
Die Kanzlei soll prüfen, wer von den Verantwortlichen der betroffenen Bistümer worüber informiert war und wer welche Entscheidungen getroffen hat. Die genauen Ergebnisse der Untersuchung sollen im Frühjahr 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Der Fall wirft in bedrückender Weise Fragen auf
Der Interventionsbeauftragte des Erzbistums Köln, Oliver Vogt, zeigte sich erschüttert darüber, dass ein Priester, der zweimal rechtskräftig verurteilt wurde, dennoch weiter in der Seelsorge bleiben konnte. „Dieser Fall wirft in besonders bedrückender Weise Fragen auf, die gründlich aufgearbeitet werden müssen: Wie konnte man einen Priester, der sich des Missbrauchs schuldig gemacht hat, dennoch weiter in der Seelsorge arbeiten lassen? Wie konnte man ihn erneut in einer Pfarrei einsetzen?“, wird Vogt in der Mitteilung zitiert.
Erzbistumssprecher Heckeley erläuterte auf Anfrage, dass über den Einsatz von Priestern der Erzbischof entscheide. Er berate sich allerdings mit einer so genannten „Personalkonferenz“, in der Geistliche sitzen, „die sich im Erzbistum gut auskennen und die auch die Priester kennen“. Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs, so Heckeley, müssen dort bekannt gewesen sein: „Um so unfassbarer ist es, dass der Mann immer wieder versetzt worden ist.“
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Die
Aufarbeitung des Falls, so betont der Interventionsbeauftragte Vogt weiter, habe man deshalb bewusst in unabhängige Hände gegeben. „Die Öffentlichkeit und insbesondere die Betroffenen haben ein Recht zu erfahren, wer in den Bistümern die Entscheidungen über einen weiteren seelsorglichen Einsatz zu verantworten hatte. Die Verantwortlichen werden nach Abschluss der Untersuchungen namentlich genannt. Sie haben große Schuld auf sich geladen und den Täterschutz und das Ansehen der Institution über den Schutz der Betroffenen gestellt.“
Der Priester war in den drei Bistümern an folgenden Orten und in folgenden Funktionen im Einsatz:
- 1960 bis 1964 Kaplan in Hl. Kreuz, Köln Weidenpesch
- 1964 bis 1970 Kaplan in St. Josef, Köln-Porz
- 1970 bis 1972 Pfarrer in St. Peter, Essen-Kettwig
- 1973 Aushilfe in Bocholt/Lowick St. Bernhard
- 1974 bis 1978 Schulabteilung Generalvikariat Münster mit Aushilfe in Westerkappeln
- 1978 bis 1985 Pfarrverwalter in Petrus-Canisius Recklinghausen
- 1986 bis 1988 Aushilfsseelsorger St. Bonifatius Moers-Asberg
- 1989 bis 2002 Altenheimseelsorger CBWK Clarenbachwerk Köln
- 2002 bis 2015 Ruhestandsgeistlicher in St. Josef, Bochum-Wattenscheid
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Die Akten aus den drei Bistümern, so betonte der Interventionsbeauftragte des Erzbistums Köln weiter, seien teilweise sehr lückenhaft. „Da wir nicht ausschließen können, dass es in allen drei Diözesen weitere Betroffene gibt, bitten wir darum, dass diese sich bei einer der beauftragten, externen Ansprechpersonen in den Diözesen melden.“
Ansprechpartner im Bistum Münster sind Bernadette Böcker-Kock (0151/63 40 47 38) und Bardo Schaffner (0151/43 81 66 95); im Bistum Essen Angelika von Schenk-Wilms: (0151/571 500 84) und Karl Sarholz (0171/ 3 16 59 28).