Kreis Kleve. Im mutmaßlichen Missbrauchsfall in Kevelaer, hat das Bistum Münster Fehler eingeräumt. Dem Kaplan war weiterhin erlaubt, Gottesdienste zu feiern.
Das Bistum Münster hat im Umgang mit einem Priester, dem sexueller Missbrauch eines Kindes vorgeworfen wird, Fehler eingeräumt. Dem Mann war erlaubt worden, Gottesdienste nur zu feiern, wenn keine große Öffentlichkeit zu erwarten war. „Diese Formulierung war zu ungenau“, erklärte am Montag ein Sprecher des Bistum. Das sei ein Fehler gewesen. Der Priester im Ruhestand dürfe nun in der Öffentlichkeit generell keine Messen mehr feiern.
Die schweren Vorwürfe gegen den früheren Kaplan der Gemeinde St. Marie erschüttern seit dem Wochenende die Menschen in Kevelaer: In einem persönlich an Gregor Kauling, den leitenden Pfarrer von St. Marien Kevelaer, gerichteten Brief berichtet eine Frau davon, dass sie Mitte der 1980er-Jahre als Kind von einem heute noch lebenden, damals dort tägigen Kaplan G.H. über einen längeren Zeitraum sexuell missbraucht worden sei.
Die Missbrauchshandlungen sollen im Rahmen der Beichte stattgefunden haben. Der Brief wurde nun in Absprache mit der Betroffenen am 2. und 3. November von Pfarrer Kauling in Gottesdiensten der Pfarrei St. Marien verlesen.
Vorwürfe sind dem Bistum Münster schon länger bekannt
Der Vorgang war dem Bistum Münster seit 2010 bekannt. Die betroffene Frau hatte damals jedoch ausdrücklich verlangt, dass der Sachverhalt nicht öffentlich gemacht wird und auch, dass die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet werden darf.
Das Bistum hatte den Sachverhalt nach Rom an die Glaubenskongregation gemeldet. Nach Abschluss der dortigen Prüfungen wurden dem Geistlichen in einem Dekret seelsorgliche und priesterliche Tätigkeiten nur in einem vom Bistum zugewiesenen Bereich gestattet.
Der Geistliche feierte weiterhin öffentlich Gottesdienste
Die Betroffene hat sich dann Ende 2016/Anfang 2017 erneut beim Bistum gemeldet, weil der Geistliche – trotz entsprechender Auflagen – weiterhin öffentlich Gottesdienste feierte. Im Anschluss an diesen Hinweis wies der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, den Geistlichen schriftlich darauf hin, dass eine Zelebration nur eine Ausnahme sein dürfe und ihm nur erlaubt sei, wenn nicht mit einer großen Öffentlichkeit zu rechnen sei.
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Pfarrer Kauling wurde an Weihnachten 2018 von der betroffenen Frau über den erlittenen sexuellen Missbrauch in Kenntnis gesetzt. Im Laufe des Jahres 2019 führte die Betroffene verschiedene Gespräche, unter anderem mit Pfarrer Kauling und mit Peter Frings, dem Interventionsbeauftragten des Bistums Münster.
Weitere Betroffene sollen sich beim Bistum Münster melden
Im Anschluss an eine Beratung durch eine Rechtsanwältin und in Absprache mit dieser hat die Betroffene nun den Schritt in die Öffentlichkeit gemacht. Es gehe ihr vor allem darum, durch diesen Schritt mit dazu beizutragen, dass sich möglicherweise weitere Betroffene melden. Auch möchte sie deutlich machen, dass auch Frauen Opfer sexueller Übergriffe/Misshandlungen in der Kirche waren.
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Das Bistum Münster räumt ein, dass man es nach den ersten Hinweisen auf öffentliche Zelebration durch den Geistlichen versäumt hat, diesen mit der entsprechenden Konsequenz nachzugehen. Mittlerweile wurde dem Priester vollständig untersagt, in der Öffentlichkeit Gottesdienste zu feiern. Bischof Genn hat gegenüber der Frau in einem persönlichen Schreiben bedauert, dass die seitens des Bistums ausgesprochenen Auflagen nicht konsequent eingehalten wurden.
Der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, betont, dass man den Aussagen der Betroffenen, die auch durch entsprechende Hinweise in der ‚Missbrauchsakte‘ des Geistlichen bestätigt würden, glaubt. Außer dem nun öffentlich gewordenen Fall sind dem Bistum bisher keine weiteren Hinweise oder Meldungen bekannt. Frings bittet darum, dass sich möglicherweise andere Betroffene bei den Ansprechpersonen für Verfahren bei Fällen sexuellen Missbrauchs melden: Bernadette Böcker-Kock: 0151-63404738; Bardo Schaffner: 0151-43816695.
Pfarrei St. Marien lädt zu einem Gesprächsabend ein
Die Pfarrei St. Marien Kevelaer lädt zu einem Gesprächsabend ein, bei dem es um das Thema des sexuellen Missbrauchs und des Umgangs damit gehen soll. Dieser findet statt am Mittwoch, 6. November um 19.30 Uhr im Petrus-Canisius-Haus Kevelaer, Luxemburger Platz 1. Gesprächsteilnehmer werden unter anderem sein: Pfarrer Gregor Kauling, Bernadette Baldeau, Präventionsfachkraft der Pfarrei St. Marien, Peter Frings, Interventionsbeauftragter Bistum Münster.
Pfarrer G.H. war nach Angaben des Bistums Münster an folgenden Orten in folgenden Funktionen tätig:
- 1977 Aushilfe in Selm (Bork) St. Stephanus
- 1977 Kaplan in Damme St. Viktor
- 1981 Kaplan in Kevelaer Basilika St. Marien
- 1988 Pfarrer in Lippstadt (Bad Waldliesborn) St. Josef
- 1994 Leiter des Pfarrverbandes Wadersloh
- 1998 erneut Leiter des Pfarrverbandes Wadersloh
- 2001 Dechant im Dekanat Beckum
- 2004 zusätzl. Pfarrverwalter in Langenberg (Benteler) St. Antonius
- 2005 zusätzl. Pfarrverwalter in Wadersloh (Liesborn) Ss. Cosmas und Damianus
- 2007 erneut Dechant im Dekanat Beckum
- 2010 Pfarrer em. in Wadersloh (Bad Waldliesborn) St. Josef (red/dpa)