Köln. Der Kapitän steuert in Köln bei der KD Partyschiffe, während 1600 Menschen auf dem Deck feiern. Dabei ist vollste Konzentration gefragt.

„Nehmt alle Hände nach oben!“, schallt es aus den pechschwarzen Boxen, die über den Köpfen der tanzenden Menge hängen. Jubel brandet auf. Die Geräuschkulisse hebt sich immer weiter an. Der Hall unter der gewaltigen Hohenzollernbrücke in Köln treibt die Lautstärke auf ein noch höheres Niveau.

Es ist Freitagabend, die Temperatur beträgt weit über 30 Grad. Zeit für die Köln-Düsseldorfer (KD) Sion-Kölsch-Disco auf dem Rhein. Seit mittlerweile 23 Jahren existiert diese Partyreihe. Über 1600 Menschen sind zusammengekommen, um auf Europas größtem Event-Katamaran, der MS Rheinenergie ordentlich zu feiern. Eine Gruppe von Frauen, alle in pinken T-Shirts gekleidet, die mit Rückennummer und Namen versehen sind, drängeln sich auf dem Schiff zur Theke. Eine von Ihnen mit Brautschleier auf dem Kopf. Ein Junggesellinnenabschied mit Flatrate. Im Preis für die Sion-Kölsch-Disco ist das Bier nämlich mit inbegriffen. Kein Zapfhahn auf der MS Rheinenergie steht an diesem Abend still. Rund 22.500 Gläser Kölsch, das macht 4500 Liter, gehen durchschnittlich bei einer solchen Party der KD über den Tresen. An der ein oder anderen Person geht das nicht spurlos vorbei, aber dazu später mehr.

Vibrierender Boden im Steuerhaus

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Die Schiffsreise startet am Anleger zwischen Deutzer und Hohenzollernbrücke, der Kölner Dom liegt direkt im Rücken. Vom Schiff aus ergibt sich ein beeindruckendes Panorama. Auf dem Deck tanzen sich die Besucher zu aktuellen Charts-Hymnen warm. Doch nicht alle an Bord können sich gehen lassen. Ein paar Stufen höher, in einem geräumigen, mit schickem Parkett ausgestatteten Steuerhaus sitzt Kapitän Mirco Fichte. Auf seinem Lederstuhl hat der 41-Jährige den perfekten Blick auf den Rhein vor sich, über der Party thront er. Vor ihm liegt eine Schaltzentrale, eine abgespeckte Version eines Flugzeug-Cockpits. Bildschirme zeigen ihm alle nötigen Informationen an, mit einem Joystick kann er das Schiff lenken. Bei geschlossenen Türen ist die Party auf Deck nur noch gedämpft zu hören. Von den Bässen vibriert der Boden.

Besonders unter den Brücken stieg der Geräuschpegel auf dem Partyschiff immer deutlich an.
Besonders unter den Brücken stieg der Geräuschpegel auf dem Partyschiff immer deutlich an. © FUNKE Foto Services | Lucas Bayer

„Hier ist viel mehr Stimmung, was natürlich ganz logisch ist. Auf Kabinenschiffen ist es viel ruhiger“, sagt Fichte, der zwar seit mehreren Jahrzehnten in NRW wohnt, den sächsischen Akzent seiner Heimat Dresden aber noch nicht verloren hat. Während der 41-Jährige erzählt, huscht immer wieder ein Lächeln über sein Gesicht. Ihm scheinen Partyfahrten wie diese, tatsächlich viel Spaß zu bereiten. „Wenn der DJ die richtige Musik auflegt, ist es am angenehmsten. Toll ist es auch immer, wenn hier Live-Künstler auftreten“, so Fichte. Etwas zu laut werde es ihm nur bei Techno-Partys, die besonders im Zuge der Veranstaltung Pollerwiesen in Köln von der KD angeboten werden.

Partygäste zu Besuch beim Kapitän

Seit über zehn Jahren ist der jetzige Bonner bei dem Unternehmen als Kapitän unterwegs. Davor absolvierte er eine Ausbildung als Schiffsjunge bei der KD, mit der anschließenden Übernahme als Matrose. Bei einer Flusskreuzfahrtsgesellschaft fuhr Fichte drei Jahre zwischen Basel und Amsterdam hin und her. „Jetzt liegt unser Kerngeschäft bei der KD größtenteils zwischen Mainz und Düsseldorf.“

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Plötzlich öffnet sich die Tür des Steuerhauses. Doch es ist kein Partygast, nur ein Mitglied der großen Crew, die sich um das Wohl der Besucher auf dem Schiff kümmert. Aber kommt das nicht manchmal vor, dass sich fremde Personen an das Steuer setzen möchten? „Das versucht immer wieder der ein oder andere. Auch die Glocke da draußen zu läuten ist sehr beliebt, wenn es beispielsweise um eine Wette unter Freunden geht. Wir haben hier aber auch Security, die darauf achten, dass so etwas nicht passiert“, antwortet Fichte. Eine wichtige Aufgabe der Sicherheitsleute sei natürlich auch zu schauen, dass niemand über Bord geht. Was in den allermeisten Fällen auch gelinge, versichert der 41-Jährige. Schließlich bestehe bei solchen Aktionen für die Personen Lebensgefahr.

Während Fichte das erzählt, dreht er die MS Rheinergie hinter der Rodenkirchener Brücke, es geht langsam zurück zum Anleger. Auf der Tanzfläche im Freien ist die Stimmung ausgelassen. Nur wer Enge nicht mag, fühlt sich auf Deck möglicherweise nicht ganz so wohl. Nach einer zweieinhalbstündigen Fahrt legt das Schiff wieder an. Dem ein oder anderen torkelnden Gast muss von Freunden oder der Security von Bord geholfen werden, wohl eine Mischung aus Seekrankheit und zu viel Kölsch. Für Kapitän Fichte ist der Abend derweil noch längst nicht zu Ende. „Unser Arbeitstag ist nach 6 oder 7 Stunden nicht vorbei. Die Party geht hier auch nach dem Anlegen weiter“, sagt der 41-Jährige. Einige Gäste bleiben bis halb 2 nachts. Für den Sommer wünscht sich Fichte, dass es nicht wieder zu so einem Niedrigwasserstand wie im vergangen Jahr kommt. 2018 musste die Party eine Zeit lang auf einem liegenden Schiff stattfinden: „Gerade die Fahrt über den Rhein macht diese Veranstaltung schließlich aus.“