Berlin. Männer und Frauen profitieren von glücklichen Beziehungen. Ein Geschlecht hat dabei die Nase vorn – und kann durch Liebe sogar länger leben.
Romantische Beziehungen seien für Frauen wichtiger als für Männer – diesem „weitverbreiteten Glauben“ widersprechen die Autoren einer neuen Studie. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: Nicht nur das Wohlbefinden der Männer hänge von ihrer romantischen Beziehung ab, sie profitieren auch stärker davon als Frauen – der Grund hat es in sich.
„Männer sind offenbar tendenziell stärker darauf fokussiert, feste Beziehungen einzugehen. Außerdem wirken sich diese Beziehungen bei Männern positiver auf Wohlbefinden und Gesundheit aus als bei Frauen“, erklärt die Hauptautorin der Studie, Iris Wahring, in einer Mitteilung. Selbst die Lebenserwartung von Männern hänge stärker davon ab, ob sie in einer festen Beziehung leben, als das bei Frauen der Fall sei, so die Forscherin der Humboldt–Universität zu Berlin (HU).
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Romantische Beziehung: Frauen haben mehr Alternativen
Für die aktuelle Untersuchung, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Behavioral and Brain Sciences“, wertete das Team um Wahring 50 Studien zu Geschlechterunterschieden in heterosexuellen Beziehungen aus. Diese kamen von der Humboldt–Universität zu Berlin, der University of Minnesota und der Vrije Universität Amsterdam. Dabei fanden sie neben dem Fakt, dass Männer für ihr Glück stärker auf eine romantische Beziehung angewiesen sind als Frauen, auch heraus, warum das so ist.
Der zentrale Punkt: die emotionalen Bedürfnisse. Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Intimität und emotionaler Unterstützung, so die Forschenden. Sind diese Bedürfnisse erfüllt, fühle man sich verstanden, wertgeschätzt und umsorgt. Dafür würden insbesondere romantische Partner in Beziehungen sorgen – genauso könnten aber auch Geschwister, langjährige Freunde oder enge Kollegen diese Rolle einnehmen.
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Darum sind romantische Beziehungen für Männer wichtiger als für Frauen
Doch gerade da hapert es eben bei den Männern: Frauen haben außerhalb romantischer Beziehungen eher soziale Kontakte, bei denen sie sich geborgen fühlen. „Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass Frauen typischerweise mehr emotionale Unterstützung von ihrem sozialen Umfeld erhalten als Männer“, so Iris Wahring. Im Gegensatz zu den Männern ist für Frauen daher nicht zwingend der Partner die erste Anlaufstelle, wenn es um Probleme geht.
Erschwerend hinzu kommt laut den Studienergebnissen, dass Männer seltener als Frauen die Trennung wollen, nach einer Trennung stärker unter Einsamkeit leiden und die positiven Seiten weniger sehen. Daher seien heterosexuelle Männer stärker von ihrer festen Partnerin abhängig, um ihre emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen als heterosexuelle Frauen, meint Wahring, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Psychologie-Institut der HU. „Kurz gesagt, feste Beziehungen sind psychologisch wichtiger für Männer als für Frauen.“
Doch wie kommt es, dass Frauen emotionalere Freundschaften haben als Männer? Ein Erklärungsansatz der Studie: Frauen würden bereits in jüngeren Jahren enge Freundschaften schließen; Freundschaften, in denen sie sich emotional öffnen – Männer hingegen würden stattdessen sogenannte „transaktionelle“ Freundschaften aufbauen, die eher den Fokus auf Aktivitäten als auf tiefen Gesprächen haben. Frauen hätten dadurch auch als Erwachsene eher Freunde, denen sie sich anvertrauen und auf die sie sich verlassen können.
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Gesundheit: Soziale Unterstützung spielt wichtige Rolle
Paul van Lange, Co-Autor der Studie, erklärt: „Schon kleine Kinder erleben diese Normen, denen zufolge es für Mädchen viel üblicher und angemessener ist als für Jungen, Emotionen und Verletzlichkeiten zu teilen.“ Ohne eine Partnerin fehle es Männern daher oft an vertrauten Menschen, gegenüber denen sie sich öffnen können und die sie emotional unterstützen.
Das kann laut der Studie weitreichende Konsequenzen für Gesundheit und Wohlbefinden haben. Emotionale Unterstützung spiele hier unter anderem deshalb eine große Rolle, weil sie es leichter macht, mit stressigen Situationen umzugehen, so die Autoren der Studie.
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Mit Blick auf die Studienergebnisse hoffen die Forscherinnen und Forscher, dass gesellschaftliche Geschlechter–Stereotype weiter aufgebrochen werden und mit ihnen die vermeintlichen Rollen im sozialen Miteinander. Das erleichtere es Männern, ihre Gefühle und ihre verletzliche Seite offen zu zeigen. Und wenn Männern das gelinge, würde auch ihr Bedürfnis nach Intimität und emotionaler Unterstützung mit größerer Wahrscheinlichkeit erfüllt.