Berlin. Für manche Paare ist die Beziehungspause ein Lichtblick, für andere das Ende. Experten geben wichtige Tipps für eine Trennung auf Zeit.

  • Wenn es in der Beziehung kracht, entscheiden sich manche Paare dafür, eine „Pause“ einzulegen
  • Doch ist das eine gute Idee? Oder ist eine Beziehungspause eine Art „Freifahrtschein“ fürs Fremdgehen
  • Wovor Experten warnen

Die Beziehungspause hat keinen guten Ruf. Häufig wird sie als Vorzeichen für das endgültige Aus einer Partnerschaft oder als Nährboden für Untreue abgetan. Aber ist die Trennung auf Zeit wirklich so zerstörerisch, wie viele glauben? Eine Diplom-Psychologin und ein Paartherapeut werfen einen differenzierten Blick auf das umstrittene Konzept.

Was ist eine Beziehungspause?

„Ich brauche eine Pause.“ – ein Satz, der für viele Paare wie ein Schlag in die Magengrube wirkt und unweigerlich die Frage aufwirft, ob das Ende der Beziehung naht. Laut Paartherapeut Dr. Alexander Piotrowski, der in seiner Berliner Praxis Menschen dabei unterstützt, einschränkende Muster loszulassen und selbstbestimmter zu leben, können Beziehungspausen tatsächlich schnell zu einem „Abschied auf Raten“ werden. „Oft zeigt die Praxis, dass die Beziehungspause von vornherein eher als Trennung auf Probe gedacht ist oder impulsiv und einseitig entschieden wird“, warnt der Experte.

Das müsse aber nicht immer so sein, ebenso müsse die Pause nicht immer negative Folgen haben. „In der Theorie ist die Beziehungspause eine bewusste Entscheidung, Abstand zu nehmen, um sich zu sammeln und zur Ruhe zu kommen“, erklärt Piotrowski. Der Abstand sollte nicht nur Entlastung bringen, sondern auch die Basis für Veränderung schaffen. „Der Begriff „Pause“ legt also nahe, dass das Paar langfristig zusammenbleiben will“, betont Piotrowski.

Die Berliner Diplom-Psychologin und Paartherapeutin Tina Rosenberger stimmt zu: „Eine Beziehungspause gibt beiden Partnern die Möglichkeit, eine Auszeit vom gewohnten Beziehungsalltag zu nehmen und eine neue Perspektive zu gewinnen.“ Für viele Paare bedeute dies vor allem eine räumliche Trennung. „Oft zieht eine Person vorübergehend zu Freunden, Verwandten oder in eine Übergangswohnung. Paare, die nicht zusammen wohnen, vereinbaren meist, sich in dieser Zeit nicht zu sehen oder anderweitig zu kontaktieren“, so Rosenberger.

Paartherapeut Dr. Alexander Piotrowski
Dr. Alexander Piotrowski ist Paartherapeut und arbeitet als Berater mit Teams und Führungskräften. In seiner Berliner Praxis für Psychotherapie unterstützt er Menschen dabei, selbstbestimmt zu leben und sich von einschränkenden Mustern zu lösen. © Dr. Alexander Piotrowski | Dr. Alexander Piotrowski

Kommt eine Beziehungspause auch bei älteren Paaren vor oder ist sie eher ein Phänomen jüngerer Paare?

Beziehungspausen seien zudem keineswegs ein reines Phänomen der Generation Z, wie Klischees vermuten lassen. Zwar seien sie häufiger bei jüngeren Paaren zu beobachten, erklärt Diplom-Psychologin Rosenberger, da sich junge Menschen oft noch in der Experimentierphase befänden und die Konsequenzen einer vorübergehenden Trennung – etwa in Bezug auf die Wohnsituation, die Kinder oder die Finanzen – weniger gravierend seien.

Beziehungspausen kommen aber auch bei älteren Paaren vor, und zwar laut laut Paartherapeut Piotrowski meist dann, wenn Lebensumbrüche wie der Auszug der Kinder oder der bevorstehende Ruhestand zu Verunsicherungen führen. „In solchen Phasen kann eine Beziehungspause die Möglichkeit bieten, innezuhalten, sich neu zu orientieren und eine eigene Lebensperspektive zu entwickeln“, so der Therapeut.

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Die häufigsten Gründe für eine Beziehungspause

Neben der verstecken Trennung auf Probe können die Gründe für eine Beziehungspause sehr unterschiedlich sein – meist ist jedoch eine Beziehungskrise ausschlaggebend und der Gedanke, alltäglichen Konflikten und Eskalationen aus dem Weg zu gehen, erklärt Diplom-Psychologin Rosenberger.

1. Gefühl der Erschöpfung

Paartherapeut Piotrowski beobachtet in solchen Momenten bei den Paaren häufig ein Gefühl der Erschöpfung: „Die Beziehung laugt aus und kostet mehr Kraft, als sie gibt. Viele Paare erleben sich in einem Strudel immer wiederkehrender Konflikte. In solchen Fällen empfindet zumindest eine Person den Abstand als erholsam“, sagt er.

Diplom-Psychologin Tina Rosenberger
Tina Rosenberger ist Diplom-Psychologin, Gestalt- und Paartherapeutin und leitet eine eigene Praxis in Berlin. Ihr Schwerpunkt liegt darin, Beziehungen harmonischer und erfüllter zu gestalten und Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen. © Sara Walker | Sara Walker

2. Wunsch nach Klarheit

Hinter der Trennung auf Zeit steht laut Rosenberger oft auch der Wunsch nach Klarheit. Der Abstand soll Raum schaffen, sich mit den eigenen Perspektiven, Bedürfnissen und Wünschen auseinanderzusetzen – ohne die emotional belastenden Auseinandersetzungen, die in der Partnerschaft oft den Blick trüben.

„Fragen wie ‚Liebe ich meinen Partner noch? Was empfinde ich wirklich?‘ lassen sich mit etwas Abstand oft klarer beantworten“, betont Rosenberger. Ohne den Druck des täglichen Miteinanders könnten Paare ihre Gefühle und Gedanken in Ruhe ordnen und herausfinden, ob die Beziehung eine Zukunft hat – oder ob Distanz eine dauerhafte Lösung sein könnte.

3. Raum für eigene Probleme

Manchmal liegt der Grund für eine Auszeit nicht nur in der Beziehung, sondern auch in persönlichen Herausforderungen. Paartherapeut Piotrowski erklärt, dass persönliche Belastungen wie Suchtprobleme, unverarbeitete Traumata oder emotionale Konflikte eine Auszeit notwendig machen können. In solchen Fällen könne die Auszeit Raum für persönliche Entwicklung schaffen, ohne die Beziehung zusätzlich zu belasten.

Regeln für die Beziehungspause: Wie soll man sich verhalten?

Eine Beziehungspause kann eine wertvolle Chance für einen Neuanfang sein – vorausgesetzt, sie ist klar strukturiert. „Im besten Fall bietet die Pause Raum, die Beziehung zu reflektieren und sich mit sich selbst auseinanderzusetzen“, erklärt Rosenberger. Sie sieht darin einen „Warnschuss“, der beiden Partnern Zeit gibt, aus festgefahrenen Mustern zu lernen und die Beziehung auf neue Beine zu stellen.

Eine Beziehungspause sei aber nur dann sinnvoll, wenn sie nicht missbraucht werde, warnt Rosenberger. Sie sollte nicht dazu dienen, das Singledasein zu genießen oder sich eine Auszeit zu nehmen, um dann wieder ins vertraute Nest zurückzukehren. Auch Paartherapeut Piotrowski betont: „Eine Beziehungspause ist keine Art „Vitaminspritze“, die man sich in einer gut funktionierenden Beziehung ab und zu gönnen sollte. Sie ist vielmehr ein letzter Versuch vor der endgültigen Trennung“.

Damit eine Beziehungspause nicht scheitert, sollten Paare im Vorfeld klare Regeln vereinbaren. Die Experten empfehlen vier wesentliche Punkte:

1. Klare Ziele setzen

Als erstes, so die Experten, sollten sich Paare gemeinsam die Frage stellen, was die Beziehungspause bewirken oder verändern soll. „In irgendeiner Form sollte es immer darum gehen, dass jeder an sich arbeitet und herausfindet, was er oder sie braucht, um danach wieder erfüllter in der Beziehung sein zu können“, sagt Paartherapeut Piotrowski. Der bloße Wunsch nach Erholung sei zu vage und führe selten zu langfristigen Veränderungen.

2. Kommunikationsregeln festlegen

Im zweiten Schritt sollte das Paar entscheiden, wie viel Kontakt während der Pause sinnvoll ist. Rosenberger rät dazu, den Kontakt auf ein Minimum zu reduzieren: „Die Beziehungspause sollte – soweit möglich – beiden Partnern wirklich die Möglichkeit bieten, für sich zu sein und eben nicht in häufigem Kontakt miteinander zu stehen.“ Gleichzeitig, so die Diplom-Psychologin, könne es sinnvoll sein, sich zwischenzeitlich an neutralen Orten wie in einer Paartherapie oder bei einem Spaziergang zu treffen, um die Entwicklung beider Partner zu reflektieren.

3. Regeln für das Verhalten während der Pause aufstellen

Wichtig ist auch zu klären, was in der Beziehungspause erlaubt ist und, wie Rosenberger erklärt, was absolute „No-Gos“ sind – etwa das Verbot, bei einer anderen Person zu übernachten, auch wenn andere Kontakte erlaubt sind. „Spielfeldbegrenzungen sind essenziell“, betont auch Piotrowski. „Je klarer die Spielregeln sind, desto weniger verletzte Gefühle gibt es später.“

4. Den Zeitrahmen definieren

Eine Beziehungspause sollte nicht endlos sein. „Besprechen Sie, wann und wie Sie sich wieder treffen“, rät Piotrowski. Außerdem empfiehlt der Paartherapeut, beim Wiedersehen – wenn das Gespräch nicht schon während der Pause stattgefunden hat – zu klären, was man über sich und die Beziehung gelernt hat und wie man in Zukunft anders miteinander umgehen will. „Ohne diesen Schritt kann die Pause wirkungslos bleiben und alte Gewohnheiten gewinnen schnell wieder die Oberhand“, warnt der Therapeut.

Beziehungspause bedarf viel Arbeit – Selbst bei Trennung positiver Effekt

Das alles ist anspruchsvoll“, räumt Paartherapeut Dr. Alexander Piotrowski ein. Die entscheidende Frage sei auch, warum Paare gerade in dieser angespannten Phase in der Lage sein sollten, konstruktive Gespräche zu führen. „Hätte das in der Vergangenheit funktioniert, wäre die Pause gar nicht nötig gewesen“, merkt Piotrowski kritisch an. Dennoch sieht er Potenzial in einer gut gestalteten Pause: „Abstand kann entlastend wirken – manchmal so sehr, dass Raum für eine neue, positive Dynamik entsteht.“

Auch Rosenberger sieht Hoffnung in der räumlichen Trennung: „Manchmal reicht der Abstand, um das Kribbeln und die Liebe füreinander wieder spürbar zu machen. Es kann stärkend sein, wenn beide erleben: ‚Ich kann auch ohne dich, ich bin ein eigenständiger Mensch – aber mit dir zusammen ist es doch schöner.‘“ Gleichzeitig betont sie: „Selbst wenn die Pause am Ende zur Trennung führt, ist die Entscheidung dann oft reifer. Die Paare gehen dann mit dem Gefühl auseinander, zumindest alles versucht zu haben“.