Berlin. Ein Migrationsexperte sieht in dem Sturz des Assad-Regimes eine Chance für Deutschland und Europa. Ein Sicherheitsanalyst hat Zweifel.

Deutschland hat in den vergangenen Jahren Hunderttausende Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Das Ministerium von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will nach dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad in Syrien keine Voraussagen machen, ob daraus weitere Fluchtbewegungen Richtung Deutschland folgen könnten. „Die Bundesregierung verfolgt die sich rasch verändernde Lage in Syrien genau“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums dieser Redaktion. „Ob sich aus dieser Lage Fluchtbewegungen in der Region oder aus der Region hinaus ergeben, ist zurzeit noch nicht vorhersehbar.“

Menschen aus Syrien machen einen großen Teil der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aus. Von Januar bis November 2024 stellten gut 236.000 Menschen hierzulande einen Asylantrag, davon haben knapp 75.000 die syrische Staatsbürgerschaft, das entspricht fast einem Drittel. Damit waren Syrer wie schon in den Vorjahren die größte Gruppe von Asylbewerbern in Deutschland.

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CDU-Politiker warnt vor „Flüchtlingswelle“ und fordert Zurückweisungen an der Grenze

Der Unionsinnenexperte Alexander Throm warnte: Am wichtigsten sei nun, dass es keine „neue Flüchtlingswelle“ gebe. „Deshalb sind gerade jetzt Zurückweisungen an der Grenze besonders dringend“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dieser Redaktion. Der CDU-Politiker sieht zudem die Möglichkeit, dass syrische Flüchtlinge nun in ihre Heimat zurückkehren könnten.  

Es müsse geprüft werden, „ab wann auch wieder freiwilliges Rückkehren verstärkt möglich ist und ob der Schutzgrund für viele Syrer nicht entfällt“, sagte Throm. „Selbstverständlich muss es Ziel bleiben, auch dann wieder nach Syrien oder in einzelne Regionen abzuschieben.“

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Kann Deutschland nun leichter nach Syrien abschieben?

Eine Prognose will das Bundesinnenministerium auch nicht dazu abgeben, ob nun syrische Flüchtlinge in ihr Herkunftsland zurückkehren oder leichter dahin abgeschoben werden könnten. „Welche Auswirkungen die sich verändernde Lage auf die Möglichkeiten von syrischen Flüchtlingen zur Rückkehr in ihre Heimat haben wird, ist ebenfalls nicht vorhersehbar“, sagte die Sprecherin. Die Bundesregierung prüfe schon seit Längerem, schwere Straftäter und Gefährder nach Syrien abzuschieben.

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Dies sei aber nur möglich, „wenn die Sicherheitslage vor Ort dies zulässt, alle rechtlichen Voraussetzungen vorliegen und tatsächliche Möglichkeiten für die Durchführung von Abschiebemaßnahmen gegeben sind“, fügte die Ministeriumssprecherin hinzu. „In die Prüfung werden die aktuellen Entwicklungen und die Erkenntnisse, die der Bundesregierung zur Sicherheitslage in Syrien vorliegen, einbezogen.“

 „Die Bundesregierung verfolgt die sich rasch verändernde Lage in Syrien genau“, sagt eine Sprecherin von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
 „Die Bundesregierung verfolgt die sich rasch verändernde Lage in Syrien genau“, sagt eine Sprecherin von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). © AFP | Michele Tantussi

Migrationsexperte Knaus: Assad-Sturz könnte Chance für nächste Bundesregierung sein

Der Migrationsforscher Gerald Knaus bezeichnete die Ereignisse als möglichen Wendepunkt für Europa. „Es wird mehr Chaos geben“, schrieb Knaus auf X (ehemals Twitter). Aber etwas Schlimmeres als die Zeit seit 2011 unter Assad mit russischen Bombardements und IS-Terror sei kaum vorstellbar.

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„Das könnte auch eine gute Nachricht für syrische Flüchtlinge sein, zunächst im Libanon, in Jordanien und der Türkei, dann auch in Europa.“ Das gebe den nächsten Regierungen in Deutschland und auch Österreich die Chance, „die Asylzahlen drastisch zu senken – wenn sich Syrien stabilisiert“, analysierte Knaus.

Sicherheitsexperte Neumann: Beruhigung oder Bürgerkrieg? „Letzteres ist wahrscheinlicher“

Ob dies geschieht, bezweifeln jedoch auch Beobachter. „Kommt es zu einer Beruhigung, sodass Flüchtlinge nach Syrien zurückkehren können?“, schrieb der Terrorismus- und Sicherheitspolitik-Experte Peter Neumann auf X. „Oder flammt der Bürgerkrieg wieder auf und noch mehr Menschen versuchen, aus Syrien zu fliehen? Ich befürchte: Letzteres ist wahrscheinlicher.“

Die Menschen in Syrien hätten Furchtbares durchgemacht, schrieb Außenministerin Annalena Baerbock. „Eine ganze Generation ist, bedroht von ständiger Vertreibung, in Krieg, Not und humanitärer Unterversorgung aufgewachsen.“ Die Grünen-Politikerin warnte: „Das Land darf jetzt nicht in die Hände anderer Radikaler fallen – egal in welchem Gewand.“

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