Berlin. Der CDU-Chef will Arbeitsverweigerer auf ein „absolutes Minimum“ bringen. Im ARD-Talk leistet er sich eine Spitze gegen den FDP-Chef.
Eine Tour‘d Horizon über die politischen Vorhaben eines Wahlkämpfers driftet auch in Talkrunden schnell in Richtung Langeweile. Und dennoch blitzten bei der Befragung des CDU-Vorsitzenden und Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz am Mittwoch bei „Maischberger“ einige Nuggets der Präzisierung dessen, was der laut Umfragen wahrscheinlichste nächste Kanzler so vor hat.
Aber zunächst einmal wiederholte Merz zum x-ten Mal seine harte Position zur Verteidigung der Schuldenbremse, um sich dann doch eine Option für eine Reform offenzuhalten. „Die Schuldenbremse schützt das Geld und die Steuerzahlungen der jüngeren Generation“, sagte Merz.
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Merz: „Die Schuldenbremse ist mir zu klein“
Er sei „Stand heute“ der Ansicht, dass Deutschlands finanzielle Probleme ohne Aufweichung der Schuldenbremse lösbar seien. Aber man solle in der Politik „niemals nie“ sagen und natürlich könne man das Grundgesetz ändern.
Auch müsse man abwarten, was nach Donald Trumps Amtseinführung im Januar und in der Ukraine noch passiere, was mit der enormen Staatsverschuldung Frankreichs sei und der Notwendigkeit, die europäische Währung stabil zu halten.
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„Es gibt viele andere Themen, die wir behandeln müssen. Die Schuldenbremse ist mir zu klein.“ Also halte er sich ein Türchen offen für eine Reform, konstatierte Moderatorin Sandra Maischberger. Nein, antwortete Merz, die Tür sei zu im Sinne von „wir müssen Disziplin halten mit unseren Staatsfinanzen“.
Merz zielt auf 1,7 Millionen Bürgergeldempfänger
Zu den Staatsfinanzen beitragen sollen Kürzungen beim Bürgergeld, das die Union durch eine neue Grundsicherung ersetzen will. Vor allem auf die 1,7 Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldempfänger zielt Friedrich Merz. Auf den Hinweis von Maischberger, dass von denen viele nicht qualifiziert seien, zum Teil mentale Probleme hätten und dass es unter ihnen nur 17.000 Totalverweigerer gebe, ging er nicht näher ein.
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Wenn jemand eine Beschäftigung nicht annehme, müsse man davon ausgehen, dass er die steuerfinanzierten Sozialleistungen nicht brauche: „Die werden wir auf ein absolutes Minimum setzen.“ Wenn man allein 100.000 Bürgergeldempfänger in Arbeit bringe, könne man damit zwei bis drei Milliarden Steuermehreinnahmen erzielen und Transferleistungen einsparen.
Merz will Habecks Heizungsgesetz zurückdrehen
Zurückdrehen will Merz auch das Heizungsgesetz, von dem er sagte, dass sein Erfinder Robert Habeck (Grüne) genau das Gegenteil erreicht habe, was er wollte. 2023 habe man beim Einbau von Öl- und Gaskesseln einen Höchststand gehabt. Er wolle das alte Gebäudeenergiegesetz – „ein kluges Gesetz“ – wieder in Kraft setzen und mit neuen Übergangsfristen versehen.
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Das Gesetz werde technologieoffen sein und „nicht fixiert auf die Wärmepumpen“, aber am Ende müssten CO2-neutrale Heizungen stehen. Der Heizungstausch müsse in einer „überschaubaren Zeit“ vonstattengehen, „in einer Zeit, in der es sich Privatleute leisten können“.
Geht Merz leichtfertig mit der Sicherheit um?
Merz ist bekannt dafür, dass er sich bei früher getätigten Aussagen oft falsch oder aus dem Zusammenhang zitiert fühlt. So war es dann auch in dieser Sendung. Als es um die Ukraine-Politik ging, hielt Maischberger ihm vor, im Bundestag mal ein 24-Stunden-Ultimatum für Wladimir Putin formuliert zu haben. Die SPD hatte Merz dafür „Russisches Roulette“ mit Deutschlands Sicherheit unterstellt.
Merz hatte damals gesagt, dass binnen 24 Stunden die Reichweitenbegrenzung für Raketen in Russland falle und die Taurus-Marschflugkörper geliefert würden, sollte Putin weiterhin zivile Ziele bombardieren.
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Nun betonte der CDU-Chef, dass er dieser Passage vorausgeschickt habe, damit die Ukraine dies als „Möglichkeit“ gegenüber Russland in den Raum stellen könne. Wie graduell da nun der Unterschied zwischen einem direkt oder indirekt formulierten Ultimatum ist – das hat auch Maischberger nicht weiter ergründen wollen.
Merz nennt Baerbocks Vorschlag „unverantwortlich“
Seine Ukraine-Politik schilderte Merz eher allgemein: Man müsse konkrete Maßnahmen wie die Taurus-Lieferung „im Lichte der Lage sehen“. Möglich sei, früh mit der monatelangen Ausbildung von Ukrainern an den Waffen zu beginnen. Olaf Scholz habe sich ja „immer hinter Joe Biden versteckt“, meinte Merz.
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Er selbst wolle sich eng mit Frankreich, Polen und Großbritannien abstimmen und eine europäische Kontaktgruppe gründen. „Ich werde Putin und Trump zeigen, dass wir Europäer zusammenarbeiten.“ Den Vorschlag von Außenministerin Annalena Baerbock für eine deutsche Beteiligung an einer Friedenstruppe in der Ukraine hält er „zum jetzigen Zeitpunkt für unverantwortlich“.
Merz entsetzt über Lindners Musk-Aussage
Um markante Spitzen ist Merz nie verlegen, so rüffelte er in der Sendung den FDP-Chef Christian Lindner. Dieser hatte in einer Talkrunde gesagt, er wünsche sich etwas „mehr Milei und Musk“ in Deutschland. Er sei „völlig entsetzt“ gewesen, so Merz, als er Lindners Hinweis auf den argentinischen Präsidenten Javier Milei und Elon Musk gehört habe.
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Milei sei ein Präsident, der sein Land ruiniere und die Menschen mit den Füßen trete. Auch die AfD-Chefin Alice Weidel bekam einen verbalen Seitenhieb zu spüren. Maischberger hatte darauf hingewiesen, dass der sächsische CDU-Chef Michael Kretschmer – dieser versucht eine Minderheitsregierung auf die Beine zu stellen – gesagt hatte, man müsse „auch mit der AfD“ sprechen.
Merz entgegnete, dass die AfD auch im Bundestag sitze und im Ältestenrat vertreten sei, da müsse man dann auch mit Vertretern der Partei reden. „Ich kann mir schönere Abende als mit Alice Weidel vorstellen. Aber soll ich da einfach wegbleiben?“
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