Berlin. Es war ein Männerwahlkampf, den Trump klar gewonnen hat. Sind die USA nicht bereit für eine Frau an der Spitze? Vier Erklärungsversuche.
„It’s a Man’s World“: Daran lässt Donald Trump keinen Zweifel, als er sich Mitte Juli beim Parteitag der Republikaner bejubeln lässt. Noch das Pflaster am Ohr vom überlebten Anschlag auf ihn bei einem Wahlkampfauftritt in Philadelphia, schreitet er zum Song von James Brown in die Arena. Drei Monate später, in der Nacht vom 5. auf den 6. November, erklärt sich Donald Trump in Florida zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Damit zieht ein Straftäter ins Weiße Haus ein, der wegen sexuellen Missbrauchs und Schweigegeldzahlungen an eine ehemalige Pornodarstellerin verurteilt wurde. Ein Politiker, der seine Männlichkeit, seinen Sexismus ins Zentrum seines Wahlkampfes stellte. Tatsächlich hatte Trump allen Grund, zu erwarten, dass seine kraftstrotzende Rhetorik bis unter die Gürtellinie bei den meisten männlichen Amerikanern gut ankommt. Schließlich votierten auch 2016 und 2020 die meisten Männer für Trump, während Frauen überwiegend demokratisch wählten.
Im Vorfeld der Wahl am 5. November hatten viele Experten vermutet, dass sich der Gender Gap in diesem männlich-archaisch geprägten Wahlkampf verstärkt. Die Hoffnung dahinter: Republikanerinnen werden von Trump abgeschreckt und wechseln zu den Demokraten. Das hat aber nicht stattgefunden, im Gegenteil: Trump konnte nicht nur seinen Vorsprung bei Männern ausbauen, sondern auch stärker als bisher bei Frauen punkten.
Wie kommt es, dass fast jede zweite Frau für Trump stimmte? Warum ertragen sie, dass Trump seine weibliche Konkurrentin dumm, faul und schwach nennt? Warum schrecken Männer der klassischen demokratischen Klientel vor Kamala Harris zurück? Ist Amerika womöglich noch nicht reif für eine Frau als Präsidentin? Vier Erklärungsversuche:
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1. Immer mehr Frauen haben ein konservatives Weltbild
„Die Ideologie ist wichtiger als das Geschlecht“, erklärten junge Frauen kurz nach der Wahl der „Washington Post“ – und die fanden sie bei Donald Trump. Sie wünschten sich vor allem eine konservative Politik, was bedeutet: Sie leben christliche Werte streng aus, setzen auf die klassische Familie, lehnen Reproduktionsmedizin und Sexualkunde in der Schule ab und fordern eine strenge Einwanderungspolitik. Die Selbstverteidigung mit der Waffe ist für sie selbstverständlich.
Dieses konservative Weltbild, das eher in die 1950er Jahre als in diese Zeit passt, leben aber nicht nur ein paar vereinzelte Mütter in den Vorstädten. Es handelt sich vielmehr um eine Bewegung, die mehr und mehr zu einem Machtfaktor wird. So sahen bereits 2022 die beiden Amerika-Korrespondentinnen Juliane Schäuble und Annett Meiritz in ihrem Buch „Guns N-Rosé“ voraus: „Die konservativen Frauen sind gerade dabei, die USA zu erobern.“
2. Der Einfluss von Anti-Feministischen Influencern wächst
Es ist der Klassiker: In den sozialen Medien umschwärmen anti-woke Kerle vor allem junge Männer, während junge Frauen eher von Feministinnen beeinflusst werden. Inzwischen ist aber eine weitere wichtige Gruppe hinzugekommen: Die Anti-Feministinnen, die sich das gesellschaftliche Leben der 1950er Jahre zurückwünschen. Mit dieser Haltung scharrt etwa Hannah Pearl Davis zwei Millionen Follower um sich. Ihre Weltordnung: Gott, Männer, Frauen, Kinder. Sie plädiert für weniger Frauenrechte und erklärt: „Seitdem Frauen wählen dürfen, geht alles bergab.
Die Rechtspopulistin Candace Owens (fünf Millionen Follower) ruft die wie sie schwarze Bevölkerung auf, sich von der demokratischen Partei abzuwenden. Und Influencerin Estee Williams heroisiert als sogenannte Tradwife (traditional wife) das Leben als Hausfrau und Mutter und lehnt Erwerbstätigkeit ab – um nur einige Beispiele zu nennen.
3. Auch demokratische Wähler setzen Führung mit Männlichkeit gleich
Es war ein Kampf der Geschlechter. Donald Trump und sein Vize JD Vance haben sich zusammen mit dem Milliardär Elon Musk und dem ehemaligen Fox-News-Moderator Trevor Carlson eingeschlossen in ihren Boys-Club. Blanker Sexismus gehörte zum Kern ihres Wahlkampfes, zum Schluss nannte Vance die demokratische Kandidatin Kamala Harris „Trash“, also Müll.
Dieser schrille Wahlkampf hat auffallend stark etwa bei schwarzen Männern verfangen: Während 20 Prozent von ihnen Trump wählten, waren es bei den schwarzen Frauen nur sieben Prozent. Im Jahr 2020 wählten nur 12 Prozent der schwarzen Männer Trump und sechs Prozent der Frauen. „Ich scheine mit schwarzen Männern sehr gut umzugehen“, sagte Trump kurz vor der Wahl bei einer Pressekonferenz.
Der ehemalige Senator von Illinois, Kwarme Raoul, hatte dies befürchtet: „Ich stehe hinter einer schwarzen Frau, die US-Präsidentin werden will, und das macht mich nicht weniger zu einem schwarzen Mann.“ Das Wahlergebnis zeigt: Sein Einsatz war vergeblich. Für die Feindlichkeit gegenüber schwarzen Frauen gibt es bereits einen Begriff, den die Schriftstellerin Moya Baiey geprägt hat: „Misogynoir“.
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4. Frauen wählen wie ihre Ehemänner – oder wie ihr Sohn
Dieses Phänomen hat sich bereits bei der Wahl im Jahr 2016 gezeigt, als Donald Trump zum ersten Mal zum US-Präsidenten gewählt wurde. Danach untersuchte eine Studie der Universität Michigan das unterschiedliche Wahlverhalten von Frauen und Männern. Dabei kam heraus, dass Trump trotz Gender Gap die Wahl gewinnen konnte, weil ihn viele Frauen aus der mittelalten weißen Arbeiterklasse ohne College-Abschluss wählten – und zwar aus Loyalität zu ihrem Ehemann, für den die Trump-Wahl selbstverständlich war.
Beeinflussen lassen sie sich wohl auch von anderen Angehörigen, so erzählt es zumindest die Krankenschwester Chery Dulac in einem Zeitungsinterview: Trump sei zwar verrückt. Aber Harris habe es einfach nicht geschafft, sie zu beeindrucken. Deswegen habe sie Trump gewählt – wie ihr Sohn.
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