Berlin. Der massive Angriff auf ein Hisbollah-Quartier im Libanon galt Hassan Nasrallah. Wer war der Mann, den Israel ins Visier genommen hat?

Auch Stunden nach den Angriffen im Libanon schweigt die Hisbollah zum Schicksal ihres Anführers Hassan Nasrallah. Ihm galt der massive Luftschlag mit bunkerbrechenden Waffen am Freitag. Und das, obwohl eine internationale Staatengruppe um die USA gerade erst eine 21-tägige Waffenruhe im Nahost-Konflikt gefordert hatte. Am Samstagvormittag teilte dann das israelische Militär mit: Nasrallah starb bei den Luftangriffen.

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Es heißt, Israel habe zugeschlagen, nachdem man von einem Führungstreffen in einer unterirdischen Anlage südlich der libanesischen Hauptstadt Beirut erfahren habe. Die Operation war als Enthauptungsschlag der Miliz angelegt.

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„Es ist sehr schwer vorstellbar, dass er lebend herauskommt“, hatte die Zeitung „Times of Israel“ einen Regierungsbeamten in Tel Aviv noch vor der Bestätigung des Todes Nasrallah zitiert. Wer ist der Mann, den die Israelis ins Visier nahmen?

Hassan Nasrallah: Im Libanon genießt er Heldenstatus

Nasrallah war ein Mann der ersten Stunde. Er schloss sich der Hisbollah 1982 an. Damals wurde sie während des Israel-Libanon-Krieges gegründet. Seit 1992 führte er sie an. Die USA stufen sie als Terrorgruppe ein.

Schon 2006 hieß es, dass Israel ihn töten wollte, so wie seinen Vorgänger Abbas al-Mussawi. Allerdings wurde Nasrallah stets gut geschützt und trat kaum in der Öffentlichkeit auf. Wo er seine feurigen Reden hielt, blieb zumeist unklar.

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Die lange Zeit an der Spitze der Organisation und sein Status als religiöser Geistlicher verliehen ihm eine hohe Autorität. Im Libanon war er ein Machtfaktor und durchaus populär; für viele hat er als Israels-Feind Heldenstatus. Sein Tod dürfte ein großer Verlust für die Hisbollah sein. Umgekehrt wäre es für Israel ein entscheidender Schlag, sollten sich die Angaben des israelischen Militärs bestätigen. Allerdings könnte der Schlag auch den Iran herausfordern.

Hassan Nasrallah: „eine Kreuzung zwischen Ayatollah Khomeini und Che Guevara“

Die „Washington Post“ nannte Nasrallah einmal „eine Kreuzung zwischen Ayatollah Khomeini und Che Guevara“. Kurzum: Ein Mann Gottes, aber auch der Waffen, ein Kämpfer, ein Gotteskrieger.

Das spiegelt auch seine Biografie wider: Er studierte an islamischen Hochschulen im Irak und im Iran – und wurde dort auch in Militärlagern ausgebildet.

Mithilfe des Irans hat er in den vergangenen 30 Jahren aus der Hisbollah eine schlagkräftige Truppe geformt, mit der Israel bedroht wurde. Sie soll über ein Arsenal von 150.000 Raketen verfügen.

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Sein ältester Sohn fiel im Kampf gegen Israel

Geboren wurde er nahe Beirut, wahrscheinlich 1960 (manchmal wird auch 1953 als Datum genannt). Er wuchs in einem gemischten Viertel mit christlichen Armeniern, Drusen, Palästinensern und Schiiten auf. Sein Vater hatte einen Gemüsestand.

Über den Hisbollah-Anführer heißt es, er habe schon als Kind lieber den Koran gelesen als auf der Straße Fußball gespielt. Als Teenager schloss er sich der schiitischen Amal-Bewegung an, aus der sich die Hisbollah abspaltete.

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Seit 1978 war Nasrallah verheiratet. Seine Frau Fatima Jassin brachte drei Söhne und eine Tochter zur Welt. Der älteste Sohn Hadi schloss sich dem militärischen Flügel der Hisbollah an und wurde 1997 in einem Gefecht mit israelischen Soldaten im Südlibanon getötet.

Nasrallah schwor Vergeltung

Seine prägenden Jahre: die 80er und 90er. „Wir haben gesehen, was in Palästina passiert ist, im Westjordanland, im Gazastreifen, auf den Golanhöhen, im Sinai. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir uns weder auf die Staaten der Arabischen Liga noch auf die Vereinten Nationen verlassen können“, erzählte er der „Washington Post“. Der einzige Weg sei, „zu den Waffen zu greifen und die Besatzungstruppen zu bekämpfen.“

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel, der sich am 7. Oktober jährt, hielt sich der Mann mit dem schwarzen Turban und dem langen weißen Bart erstaunlich zurück. Das änderte sich, als im August Tausende von Pagern, Walkie-Talkies und elektronischen Geräten der Hisbollah explodierten. Für Nasrallah hatte Israel damit eine rote Linie übertreten. „Die Vergeltung wird kommen.“ Nun kam ihm Israel zuvor.

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