An Rhein und Ruhr. Asylbewerber werden in Wesel zur Arbeit verpflichtet – für 80 Cent die Stunde. Für Ibrahima war es der ideale Jobeinstieg, trotz Sprachbarriere.

Ein kühler Januarmorgen am Niederrhein. Über den Grabsteinen auf dem Kommunalfriedhof an der Caspar-Baur-Straße in Wesel versucht die Sonne, ein wenig Wärme zu spenden. Auf diesem Friedhof arbeitet Ibrahima Suleimane, ein nach eigenen Angaben 30-jähriger Asylbewerber aus Mali. Seit September 2021 ist er im Rahmen eines neuen Projektes der Stadtverwaltung beim ASG Wesel beschäftigt. Er spricht weder Deutsch noch Englisch. Dafür ein bisschen Arabisch und Französisch mit malischem Akzent. Die Arbeit, so erklärt er, gibt ihm Struktur, Hoffnung und eine Perspektive in einem Land, das ihm noch fremd erscheint.

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Pünktlich um 9 Uhr beginnt Suleimane seinen Arbeitstag auf dem Friedhof. Mit einer Schubkarre voller Gartengeräte macht er sich an die Arbeit, begleitet von seinem Vorarbeiter Wladimir Nowikow, der ihm zeigt, welche Aufgaben Suleimane heute zu erledigen hat. Dabei ist die Verständigung zwischen den beiden oft eine Herausforderung: „Wir benutzen Bildsprache, Hände, Füße und manchmal den Google-Übersetzer“, sagt Nowikow mit einem Lächeln.

Asylbewerber aus Mali will einfach arbeiten

Die Arbeit auf dem Friedhof ist Teil eines neuen Projekts in Wesel, das es Asylbewerbern ermöglicht, unter bestimmten Bedingungen gemeinnützige Arbeit zu leisten. Nachdem der Rat der Stadt Wesel das im Juni 2024 beschlossen hat, hilft Suleimane seit September beim ASG in Wesel. Diese Arbeit ist laut dem Gesetz für gesunde, volljährige Menschen im Leistungsbezug, die keinen Sprach- oder Integrationskurs besuchen, keinen Minijob oder Praktikum haben, verpflichtend.

Suleimane wirkt konzentriert. Während er den Weg vom Unkraut befreit, erzählt er auf Arabisch: „Das ist eine gute Arbeit. Ich bin froh, dass ich etwas tun kann.“ Zu Hause in Mali war er Metzger. Vorerfahrungen mit der Arbeit auf einem Friedhof hat er als Flüchtling in Libyen gesammelt.

„„Er will einfach arbeiten. Er sagt mir, solange die Sonne scheint, müssen wir arbeiten.““

Wladimir Nowikow
vom ASG Wesel

ASG Wesel bietet Asylbewerbern aus Mali einen Arbeitsvertrag

Nach dem Beschluss in Wesel dürfen Asylbewerber keine reguläre Arbeit aufnehmen, stattdessen sollen sie bis zu 20 Stunden in der Woche gemeinnützige Arbeit leisten. Dafür bekommen sie 80 Cent pro Stunde. Vier Asylbewerber arbeiten beim ASG auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße. Es handelt sich also um reine Hilfstätigkeiten, während sie auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten. „Die Asylbewerber werden vom Sozialamt zur Arbeitsaufnahme aufgefordert. Wird die Arbeit nach der Aufforderung durch das Sozialamt nicht aufgenommen, ist eine Leistungskürzung vorgesehen“, erklärt Yvonne Jöhren vom ASG Wesel.

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Doch Suleimane fiel seinen Kollegen positiv auf. „Er will einfach arbeiten. Er sagt mir, solange die Sonne scheint, müssen wir arbeiten“, berichtet Wladimir Nowikow. Aufgrund seiner Leistung entschied die ASG-Geschäftsleitung, ihm einen Vertrag als Saisonarbeiter anzubieten, zunächst für zwei Monate. Dieser wurde später auf sechs Monate verlängert. „Er war total engagiert und war gegenüber anderen herausragend in seiner Arbeitsweise. Was dazu geführt hat, dass man ihn auch weiter unterstützt“, sagt ASG-Betriebsleiter Michael Blaess.

Flüchtling Sulemane Ibrahima aus Mali
Der Deutsch-Ukrainer Wladimir Nowikow (links) kümmert sich um Ibrahima Suleimane aus Mali und bringt ihm bei, wie man seine Aufgaben erledigen kann. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

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Mittlerweile blickt Suleimane zu Boden, denn er versteht kaum noch, was um ihn herum gesprochen wird. Seine Beteiligung am Gespräch hält sich daher in Grenzen. Aufgrund seiner geringen Sprachkenntnisse hat sein Vorarbeiter Waldimir Nowikow beschlossen, ihm Deutsch beizubringen. Auf eigene Kosten hat er Lernmaterial besorgt, darunter ein Wörterbuch für Französisch, Arabisch und Deutsch, aber auch Sprachbücher, mit denen Suleimane Deutsch lernen kann. „Als Deutsch-Ukrainer verstehe ich die Schwierigkeiten, die man hat, wenn man neu in einem fremden Land ist“, sagt Nowikow.

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Für Suleimane ist der Friedhof nicht nur ein Arbeitsplatz, sondern auch ein Schritt in Richtung Normalität und Integration - vielleicht ein Lichtblick in einer ungewissen Zeit, in der er auf einen positiven Asylbescheid wartet. „Die Arbeit macht mir Spaß. Die Kollegen sind freundlich.“