An Rhein und Ruhr. Der Bundestag hat ein neues Gesetz zum Mutterschutz nach Fehlgeburten verabschiedet. Das Gesetz könnte auch den Umgang mit dem Tabu verändern.
- Der Bundestag hat ein neues Gesetz verabschiedet, das den Mutterschutz in Zukunft bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche ermöglicht
- Der Mutterschutz wird gestaffelt und beruht auf Freiwilligkeit
- Ein wichtiger Schritt, findet NRZ-Redakteurin Anna Schlichting
Jede dritte Frau erlebt Schätzungen zufolge mindestens eine Fehlgeburt in ihrem Leben, wobei die Dunkelziffer hoch ist. Fehlgeburten vor der 24. Schwangerschaftswoche unterliegen bisher keiner Meldepflicht, wodurch sie schlichtweg unsichtbar bleiben. Deshalb ist es nur folgerichtig, diesen Frauen endlich die Wertschätzung zu zeigen und eine Regenerationszeit zu gewähren, falls sie dies wünschen.
Das neue Gesetz, das am 1. Juni dieses Jahres in Kraft tritt, soll ab der 13. Schwangerschaftswoche mit einer Regenerationszeit von zwei Wochen greifen. Ab der 17. Woche sollen betroffene Frauen bis zu sechs, ab der 20. Woche bis zu acht Wochen Schutzzeit gewährt bekommen.
Früherer Mutterschutz nach Fehlgeburt: Eine längst überfällige Entscheidung
Eine längst überfällige Entscheidung. Frauen, die eine Schwangerschaft erleben, eine emotionale Bindung aufbauen und eine Geburt – auch wenn sie anders verläuft als bei einer termingerechten Schwangerschaft – durchleben, verdienen dringend Anerkennung und Unterstützung.
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Hinzu kommt, dass die Kosten für eine solche Regelung gering sind. Jörg Loth, Südwest-Vorstandschef der Innungskrankenkassen (IKK) schätzt die jährliche Mehrbelastung auf 21 Millionen Euro, falls 70 Prozent der betroffenen Frauen den gestaffelten Mutterschutz in Anspruch nehmen. „Dies würde lediglich einem Anteil von 0,005 % des Bundeshaushaltes entsprechen“, erklärte der Vorstandsvorsitzende im vergangenen Jahr.
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Mit dem neuen Gesetz könnte gesellschaftlicher Wandel angestoßen werden
Mit dem neuen Gesetz endet nicht nur eine jahrelange Debatte, es könnte nun auch ein gesellschaftlicher Wandel angestoßen werden. Studien zufolge passieren rund 80 Prozent der Fehlgeburten in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft, also noch vor der 13. Woche. Diese Frauen haben weiterhin keinen Anspruch auf Mutterschutz, dennoch könnte die geplante Regelung das Bewusstsein für ihre Situation stärken. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf ein Thema, das bislang mit Tabus behaftet ist.
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Denn auch eine kurze Schwangerschaft ist eine Schwangerschaft, und der Wunsch nach einer Pause nach einer Fehlgeburt muss gehört werden. Das neue Gesetz ist ein erster wichtiger Schritt, der den Weg für eine bessere und einfühlsamere Auseinandersetzung mit diesem sensiblen Thema ebnen könnte.