Duisburg. Dr. Carolin Bunert ist Tierärztin im Zoo Duisburg. Ihre Aufgaben sind vielfältig – und bei manchen Patienten muss sie kreativ werden.
Der Patient liegt bereits in Narkose. Die Diagnose? „Ein gebrochenes Bein“, erklärt Dr. Carolin Bunert und streicht durch seine Mähne. Aber keine Sorge, der Löwe hat keine Schmerzen! Die Tierärztin zeigt an dem Plüschtier nur, wie ihre Arbeit in der Praxis aussieht. Denn bei dieser Führung durch den Zoo Duisburg konnten einige NRZ-Leserinnen und -Leser, die bei unserer Verlosung gewonnen haben, einen exklusiven Einblick hinter sonst verschlossene Türen erhalten. Und später, so viel sei schon jetzt verraten, ging‘s auch noch zu einem echten Löwen mit dramatischer Kranken- (und Liebes-)geschichte...
Doch bevor es so weit ist, erklärt Dr. Carolin Bunert erst einmal, wie sie einen Löwen überhaupt in Narkose legen kann. Der ist ja nicht immer so handzahm und kuschelig wie das Exemplar vor ihr. Doch wie kommt die Spritze, die sie nun befüllt, in den Hintern? „Mit einem Blasrohr“, erklärt sie und zieht eines gleich mal hervor. Fehlt nur noch der passende Pfeil und ein orangefarbener Puschel, „der Stabilisator“, sagt sie, „das kennt man ja vom Dart“, so fliegt es besser. Jetzt muss sie nur noch den Mund ansetzen, kräftig ins Rohr pusten und dann... schläft der Löwe auch schon. Und nun? „Nein, wird nicht der Praktikant vorgeschickt“, sagt sie und lacht.
Tierarztpraxis: Wie eine Plastikflasche einem Pelikan helfen kann
Führungen durch den Zoo Duisburg
Der Zoo Duisburg bietet regelmäßig Führungen an, beispielsweise Abendsafaris – das nächste Mal gleich heute Abend, 16. August, oder wieder am Freitag, 30. August. Erwachsene zahlen 30 Euro, Kinder 25 Euro.
Bei einer Themenführung am Samstag, 14. September, erfahren Interessierte, wie ein Zoo funktioniert. Die Kosten liegen bei sechs Euro, für Kinder drei Euro zuzüglich zum Eintrittspreis.
Alle weiteren Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung sind online zu finden unter www.zoo-duisburg.de
Ganz im Gegenteil. „Es ist meine Verantwortung, deshalb gehe ich als Erste rein und als Letzte auch wieder raus“, betont Dr. Carolin Bunert. Kräftig mit dem Besenstiel anstupsen und dann, wirklich nur dann, wenn er sich nicht mehr regt, betritt sie das Gehege. Denn klar, einen Löwen würde sie nicht in die Praxis holen, um ihn hier zu behandeln. Das macht sie nur mit kleineren Tieren, so wie mit dem Panda, dessen Kopf sie erst vor wenigen Stunden geröntgt hat. Das Bild ist noch immer auf dem Computer zu sehen, „weil wir ein digitales Röntgengerät haben, das die Bilder sofort zum Laptop schickt.“
Ja, der Zoo Duisburg ist gut ausgestattet, das kann die Tierärztin nach neun Jahren in ihrem Job bestätigen. Doch manchmal helfen selbst die teuersten Geräte nicht, dann sind eher unkonventionelle Ideen gefragt... Wie beispielsweise soll eine runde Narkosemaske auf einen spitzen Pelikanschnabel passen? Gar nicht! Deshalb hat Dr. Carolin Bunert einfach mal etwas gebastelt – aus einer PET-Flasche, die sie nun aus einem Schrank hervorholt. Von der „Marke Eigenbau“, wie sie es nennt, hat einst auch Salome profitiert. Und deshalb geht‘s nun aus der Tierarztpraxis über verschlungene Wege bis zum Trampeltiergehege.
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Als ein Trampeltier im Zoo Duisburg eine Outdoorhose trug
Entspannt stehen sie da, genüsslich mampfen sie vor sich hin... Sieht doch alles gut aus! Das aber war nicht immer so, verrät Dr. Carolin Bunert: „Salome hatte zwei offene Wunden, hat uns aber nicht dran gelassen.“ Was also tun? In Narkose legen! Das ist ja nun klar, aber dann? „Das Trampeltier ist jeden Tag draußen, auch bei Regen.“ Ein herkömmlicher Verband wäre nass geworden, wäre schnell abgegangen... „Ich habe also eine alte Outdoorhose zerschnitten, weil die atmungsaktiv und wasserabweisend war.“ Und ja, „das war ein lustiges Bild“, sagt sie und lacht, ein Trampeltier in Outdoorhose, aber es hat geholfen. Und das ist, was zählt.
Die Tierärztin könnte stundenlang weitererzählen... von Alfonso, dem Tapir-Opa mit fehlenden Zähnen, oder von Eora, der Koala-Mutter, bei der sich Haare um die Zitzen gewickelt hatten und die deshalb ihr Baby nicht richtig ernähren konnte, oder von den wirklich süßen Erdmännchen, „aber wenn Sie die mal in der Praxis auf dem Tisch haben, merken sie schnell: die stinken!“ Und dann, fast gegen Ende, geht‘s endlich zu Tsavo, „einem ganz besonderen Löwen“, wie sie sagt. Wieso? Nunja, weil er keinen Schwanz mehr hat. Und der Grund dafür hat mit einer Liebe zu tun, die eigentlich keine war.
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Die dramatische Liebesgeschichte vom Löwen Tsavo
„Tsavo sollte ein Löwenweibchen an einem Kuschelgitter kennenlernen“, erzählt Dr. Carolin Bunert. Das engmaschige Gitter sollte die beiden Tier voneinander trennen, falls sie sich nicht verstehen würden. „Doch darunter war ein Spalt, in das sein Schwanz gerutscht ist, als er sich hingelegt hat.“ Und weil das Löwenweibchen alles andere als begeistert vom Kupplungsversuch war, schnappte es sich den Schwanz und... nunja, alles Weitere lässt sie mal lieber aus. Nur so viel: „Wir mussten ihn amputieren.“ Doch kann ein Löwe auch ohne Schwanz laufen, springen, kurz: das Gleichgewicht halten? Ja! „Alles funktioniert super“, sagt sie. Das können alle nun gleich mal beobachten, denn dort drüben, schreitet da nicht etwa Tsavo durchs Gehege?