Kamp-Lintfort. Gute Nacht! Alles drin: Ein großes Bett, ein Miniklo, Strom gibt‘s auch und ganz viel Natur Drumherum: Übernachten im Schäferwagen
Pssst, leise! Wir wollen ja nicht stören! Außerdem, wenn alles ganz ganz still ist – dann ist das – so – friedlich. Nichts dröhnt, nichts stört, nichts ist schöner, als lautloses Staunen. Keine Bange, der Griff ans Handy ist dann normal, jeder und jede will diesen allzeitklingelbereiten Störenfried zumindest für eine kleine Weile stumm halten. Weil es wirklich sooo still ist um einen.
Wobei, wenn man ganz genau hinhört, dann ist da eine Menge los: Das leise Säuseln des Windes regt die Blätterfamilien der Obstbäume rechts und links zum Rascheltänzchen an, irgendein Vogel jubiliert sich die Kehle aus dem Hals, um seiner Angebeteten zu imponieren, und da, war da nicht soeben ein zartes blöööhööö määäähäää zu hören?
Schlafen im Schäferwagen
Gästehaus Ermen, Altfelder Str. 248 in 47475 Kamp-Lintfort.
Telefon: 02842/4 2144. Infos: gaestehaus-ermen.de
Rundherum gibt es viel zu entdecken, u.a. Kloster Kamp in Kamp-Lintfort, Bauerncafé Baerlaghof (postalisch Issum), der kleine Flughafen in Saalhoff, wo man Rundflüge buchen kann. Übernachten im Schäferwagen kostet aktuell 64 Euro für zwei Personen, Frühstück extra.
Doch! Doch! Man muss nur ganz still werden, mit sich und mit der Welt und dann in die Natur lauschen. – Okay, nunja, es könnten auch die Hofziegen gemeckert haben, ein paar Meter links vom Bett, weil sie sauer sind, dass alle, die hierherkommen, nur Schafe im Sinn haben...
Der Schäferwagen steht auf der Obstwiese
Aber das hat ja nun auch seinen guten Grund: Auf der Obstwiese neben den „normalen“ Ferienwohnungen und Gästezimmern, versteckt hinter Hecken und unter Bäumen, steht ein – Schäferwagen. Ja doch. „Früher“, wird uns später Seniorchef Heinz Ermen erzählen, sind auch in dieser Gegend die Schäfer mit ihren Herden übers Land gezogen – und wo haben die Hirten wohl geschlafen? Unter freiem Himmel, mag sein, meistens aber in ihrem Schäferwagen. Eine Art zweirädriger Bauwagen mit Bett. Natürlich aus Holz, mit kleinen Fenstern und einem Türchen für die Hunde. Und genau so ein Teil steht da auf einer Wiese zwischen dem Waldgebiet Leucht, einem Campingplatz, einem Reitclub und Weiden und Wiesen, Wiesen und Weiden.
Marina Hanke ist 2015 in den „neuen“ elterlichen Betrieb eingestiegen und heute Chefin von Schäferwagen und Co. „In bald 150 Jahren hat sich unser Hof von einem kleinen Hof mit zwei Tieren erst zu einem mittelgroßen landwirtschaftlichen Betrieb entwickelt und zählt heute zu den beliebtesten Gästehäusern in der Region Kamp-Lintfort“, sagt sie nicht ohne Stolz.
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Wobei die Ermens schon früh die Landwirtschaft als Haupterwerb aufgaben und auf eine Sparte setzten, die damals noch gewagt schien: Tourismus.
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„Wir haben uns anfangs nicht wirklich vorstellen können, dass Feriengäste an den Niederrhein kommen“, sagt Heinz Ermen. Aber seine Frau Waltraud hatte den Mut, das Projekt anzugehen. „1998 entstanden die ersten Ferienwohnungen im ehemaligen Kuhstall“, erinnert sich Tochter Marina. „Und was sollen wir sagen, die Gäste kommen!“ 2002 wurde das zweite Gästehaus eingeweiht, jetzt umsorgt die Familie insgesamt 30 Ferienbetten.
Seit ein paar Jahren kann man denn nun auch im Schäferwagen übernachten. Klein und knuffig mit ein paar Überraschungen, das 1,40 Meter mal zwei Meter-Bett passt gerade hinein, es gibt ganz viel Atmosphäre, viel Wiese drumherum – auch wenn ein Orkan die alten Obstbäume um ihre Kronen gebracht hat – neue sind schon gepflanzt. Ein kleines Klöchen, eine Waschgelegenheit, Strom alles da. Und wer gemütlich duschen möchte, muss ein paar Meter über den Hof stiefeln, da ist ein „richtiges“ Schäferwagen-Bad eingerichtet. Tipps für Waldspaziergänge am Niederrhein
Das Holz stammt aus der alten Barbarakirche
Das Holz, aus dem der Wagen gezimmert ist, hat eine Geschichte: „Es sind die alten Fußboden-Bretter der Barbara-Kirche“, erzählt Heinz Ermen. „Die Kirche ist ja nun ein Kolumbarium.“ (Lesen Sie hier, wie aus der Kirche ein Kolumbarium wurde). Wer mag, kann sich ein Frühstück buchen – das wird dann in der gemütlichen Kaffeestube serviert, in der Dutzende von Kaffeekannen die Deko bilden.
Und wenn Sie sich durch die Gegend kutschieren lassen möchten, Heinz Ermen hat die Kutsche immer einsatzklar – Komet und Summer, die beiden Kutschpferde, warten nur darauf. „Wir sind aber kein Erlebnisbauernhof“, stellt Marina Hanke noch klar – wobei: wer braucht schon action, wenn er diesen weiten Blick in die Landschaft hat, das Rascheln der Blätter hört, das Säuseln des Windes...