Kamp-Lintfort. Wolfgang Angerhausen ist Naturguide. Auf seinen Touren durch die Leucht zeigt er die Folgen des Klimawandels - will aber auch Hoffnung machen.

Der viele Regen der vergangenen Wochen scheint der Natur in der Leucht gut getan zu haben. Saftiges Grün, wohin das Auge schaut – so scheint es auf den ersten Blick. Naturguide Wolfgang Angerhausen weiß es besser: „Kaum einer denkt darüber nach, dass uns der Klimawandel auch direkt vor der Haustür trifft.“ Seit einem Jahr führt der Moerser Interessierte durch das rund 2000 Hektar große Waldgebiet, um auf seinen Touren darauf aufmerksam zu machen, dass auch hier der Klimawandel längst seine Spuren hinterlassen hat.

Vom Parkplatz an der Xantener Straße aus geht es ein kurzes Stück auf dem Hauptweg, dann schlägt der 77-Jährige einen Weg nach rechts ein. Vorbei an meterhohen Farnfeldern am Wegesrand dauert es nicht lange, bis Angerhausen anhält. Er zeigt auf eine hochgewachsene Kiefer, deren Rinde abblättert und deren Krone bereits völlig kahl ist. „Die ist kaputt, irgendwann bei einem der nächsten Stürme wird sie umfallen.“

Geplatze Rinde  - auch das kann ein Hinweis auf einen kranken Baum sein.
Geplatze Rinde - auch das kann ein Hinweis auf einen kranken Baum sein. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Wie so viele andere Nadelbäume habe auch dieses Exemplar unter der Trockenheit der vergangenen Jahre gelitten, sei krank geworden und habe sich nicht mehr gegen einen Borkenkäferbefall wehren können, erklärt der Naturguide. Und dieses Exemplar wird nicht das letzte sein, das wir auf unserem kurzen Spaziergang in diesem Zustand sehen.

Verheerende Schäden nach Stürmen

„Von fünf Bäumen sind vier krank“, zitiert Angerhausen aus der jüngsten Waldstandserhebung, die Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir Mitte Mai vorlegte. Bedingt durch den Klimawandel und daraus resultierendem Wassermangel, zu hohen Temperaturen und Extremwetterereignissen seien auch die hiesigen Wälder stark bedroht, so Angerhausen. Nach dem verheerenden Sturm Kyrill in 2007 hat der Sturm Friederike 2018 noch einmal einen Schaden von 20.000 Festmetern Holz in der Leucht verursacht, weiß Angerhausen von dem unter anderem für die Leucht zuständigen Revierförster Christoph Erkens.

Der Farn wächst derzeit an vielen Stellen meterhoch und verdrängt andere Pflanzen.
Der Farn wächst derzeit an vielen Stellen meterhoch und verdrängt andere Pflanzen. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Schon immer fühlte sich der ehemalige Sozialpädagoge verbunden mit der Natur. Im letzten Jahr ließ er sich zum Landschafts- und Naturguide ausbilden. Aus Begeisterung und Freude an der Natur, aber auch, sagt er, „weil mir das mit dem Klimawandel auf der Seele lag.“ Auf seiner rund dreistündigen Tour durch die Leucht macht er seine Mitwanderer nicht nur auf die sichtbaren Schäden aufmerksam, sondern zeigt auch, was die Forstexperten vor Ort tun, um den Wald wieder gesund zu machen.

Zwei Versuchsfelder mit besonderen Bäumen

Allein nach Kyrill seien in der Leucht wieder 35.000 Bäume neu gepflanzt worden, dabei habe man darauf geachtet, mit neuen Baumarten den Mischwald wieder zu beleben. So entstanden in der Leucht zwei Versuchsfelder – ein sogenannter Energiewald mit schnell wachsenden Bäumen, und ein Klimawald, für den extra leistungsstarke „Sauerstoffspender“ ausgewählt wurden.

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Auf seinen geführten Touren macht Angerhausen aber auch immer wieder eine Erfahrung: „Viele wollen den Klimawandel nicht sehen, vielleicht, weil es für jeden auch Konsequenzen bedeutet.“ Manchmal heißt es auch - „so etwas hat es schon immer gegeben“, sagt der Naturguide. Dann versucht er klar zu machen: „Man muss die Gesamtsituation sehen.“

Mit dem Handy in den Wald

Trotz des ernsten Themas möchte er auf seinen Touren aber auch Spaß an der Natur vermitteln. Deshalb rät er zum Beispiel auch, das Handy in den Wald mitzunehmen. Per App werden so zum Beispiel Bäume bestimmt. Thema ist auch stets die spannende Geschichte der Leucht.

Die Freude an der Natur soll trotz des ernsten Themas nicht verloren gehen: „Ich kann die Natur immer noch genießen“, sagt Angerhausen. Er will bei seinen Touren auch vermitteln, wie wichtig es ist, die Natur zu schützen und achtsam mit ihr umzugehen. Trotzdem schaut er genau hin, wie auch bei Birken, die schon schief stehen oder den bereits kahlen Eschen, die am Ende unseres kurzen Waldspaziergangs erneut Zeugnis über die Folgen des Klimawandels ablegen. Aber: „Jeder kann etwas gegen Klimawandel tun“, sagt Angerhausen, „auch im Kleinen.“

Die nächste Tour

Wolfgang Angerhausen ist zertifizierter Landschafts- und Naturguide. Seine nächste Tour durch die Leucht unter dem Titel „Klimawandel – bei uns vor der Haustür?“ startet am Sonntag, 2. Juni, um 14 Uhr. Kosten: 19 Euro pro Person. Die dreistündige Tour führt mit Pausen auf etwa acht bis neun Kilometern durch das Waldgebiet. Mitzubringen sind witterungsangepasste Kleidung, Becher und Lupe und, wer hat, ein Handy. Treffpunkt ist der Parkplatz Leucht in Kamp-Lintfort, Xantener Straße/Ecke Stappweg (von Kamp-Lintfort kommend der 1. Parkplatz rechts). Anmeldungen unter 0171/4171602 oder w.angerhausen@web.de. Neben der Leucht-Tour bietet Angerhausen noch weitere geführte Touren an. Infos unter www.genussregion-niederrhein.de