Schermbeck. CDU, SPD und die Partei ziehen den Antrag auf einen Ratsbürgerentscheid zur Verkehrsführung auf der Mittelstraße zurück. Grüne erheben Vorwürfe.
Seit den 80er Jahren ist die Verkehrsberuhigung der Mittelstraße bereits zweimal gescheitert. Auch der dritte Anlauf gestaltet sich schwierig und die unternommenen Verkehrsversuche sorgen für Unmut. Dass diese anfangs für Chaos sorgen könnten, hatten die externen Verkehrsplaner von vornherein prophezeit. Die Proteste von der Interessengemeinschaft Marellenkämpe und die Bedenken vieler Anwohner und Geschäftsinhaber unterstreicht die Brisanz dieses Themas in Schermbeck.
Nachdem Ende September der Freiraumplanerische Wettbewerb rund um die künftige Gestaltung der Mittelstraße abgeschlossen und ein Gewinner gewählt wurde, beschäftigt sich die Schermbecker Politik in der kommenden Woche erneut mit der schwierigen Frage, wie nach Abschluss der Verkehrsversuche eine Variante ausgewählt werden soll. Denn ein eigentlich geplantes Verfahren scheint nun doch nicht mehr infrage zu kommen.
CDU, SPD und die Fraktion machen einen Rückzieher
Anlässlich eines Antrages der CDU, der SPD und der „Partei“ hat der Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschusses am 5. September 2023 den Teilbeschluss gefasst, nach Abschluss der weiteren Phasen des Verkehrsversuches über den Inhalt und die Ausgestaltung eines Ratsbürgerentscheides zu entscheiden. Jetzt haben CDU, SPD und die Partei beantragt, eben diesen Teilbeschluss wieder aufzuheben.
Im offiziellen Schreiben der Fraktionen heißt es, dass der Antrag zur damaligen Zeit in der Hoffnung gestellt wurde, dass eines der Verkehrskonzepte für die Mittelstraße und den Ortskern eine breite Mehrheit im Rat und in der Bürgerschaft bekomme. Das sei jedoch nicht absehbar. Im Prozess eines Ratsbürgerbescheides könnte den Bürgern nur eine der verschiedenen Varianten zur Wahl gestellt und dann für diese auch nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. Für einen Entscheid wäre außerdem noch eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig.
Weil durch den Ratsbürgerentscheid nicht alle Szenarien zur Abstimmung gestellt und deshalb auch nicht die Mehrheitsmeinung der Bürgerinnen und Bürger erfragt werden könne, wurde der Antrag nun seitens CDU, SPD und die Partei zurückgezogen. Neben der Möglichkeit, den Verkehr auf der Mittelstraße nur noch in eine Richtung fließen zu lassen, könnte auch eine Netztrennung erfolgen oder der Verkehr weiter so laufen wie bisher.
„Es soll nicht mehr die Bürgerschaft entscheiden“
Eine Entscheidung, die besonders bei den Grünen nicht auf besondere Gegenliebe stößt. In einer Pressemitteilung des Fraktionsvorsitzenden Stefan Steinkühler wird vermutet, dass die Antragsteller 2023 nur aufgrund der vielen erschienenen Bürgerinnen und Bürger im Rathaus den Ratsbürgerentscheid empfohlen haben. „Später wiegelten CDU und Bürgermeister die Idee eines Ratsbürgerentscheids mit der Behauptung jedoch ab, es hätte sich nur um eine Einzelmeinung eines Ratsmitglieds gehandelt“, meint Stefan Steinkühler.
Seine Partei hätten auf die Umsetzung des Beschlusses gedrängt. Zur Ratssitzung am 17. Dezember sollte dieser Punkt nach Aussage des Bürgermeisters eigentlich endlich beraten werden. Dass der Teilbeschluss jetzt wieder zurückgezogen werden soll, sei nicht verständlich. „Es soll nicht mehr die Bürgerschaft entscheiden, sondern man will selber mit seinen 75 Prozent der Ratsstimmen die zukünftige Verkehrsregelung Schermbecks bestimmen“, lautete der Vorwurf seitens Stefan Steinkühler.
„Wir nehmen den Bürgern nichts weg, sie hätten nicht wirklich frei entscheiden können.“
Dem widerspricht der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Gardemann. „Wenn man den Bürger wirklich ernst nimmt, dann muss man ihm auch die Möglichkeit geben, zu entscheiden“, sagt er. „Wenn wir uns für Variante A entscheiden, darf der Bürger nur noch mit Ja oder Nein stimmen. Er wird aber nicht gefragt, ober eigentlich lieber für B oder C wäre.“ Bisher läge darüber hinaus noch gar kein Beschluss vor, denn das könne nur der Rat und nicht ein Ausschuss. Gegen einen Vorwurf wehrt er sich: „Wir nehmen den Bürgern nichts weg, sie hätten nicht wirklich frei entscheiden können. So wie sich das abzeichnet, sehe ich kaum eine Lösung, die von zwei Dritteln des Rates bevorzugt wird“, sagt Gardemann. „Und nur einen solchen Beschluss kann man zur Abstimmung stellen.“
„Wir haben schon damals davor gewarnt und gesagt, dass eine Auswahl, welche Variante es sein soll, nicht zulässig ist“, so Stefan Steinkühler. „Aber das interessierte weder CDU, Die Partei noch SPD und auch nicht den Bürgermeister, der über ein Jahr auf einem rechtlich nicht umsetzbaren Teilbeschluss gesessen und ihn nicht beanstandet hat. Stattdessen zieht man den Antrag jetzt besser zurück und entscheidet selber.“