Wesel. Streit im Ausschuss um Obergrenze für bestimmte Läden. Die Stadt Wesel überrascht mit aktuellen Zahlen. CDU-Fraktion plädiert nun für Masterplan.

Die Diskussion um den Antrag der CDU, eine Obergrenze für Dönerbuden, Barbershops, Kioske und Handyläden zu prüfen, geriet im Stadtentwicklungsausschuss zum erwarteten Schlagabtausch – mit einem überraschenden Bericht der Verwaltung: Die hat nämlich nachgezählt. Das Ergebnis zeigt, dass es sich bei der befürchteten Fehlentwicklung wohl eher um ein gefühltes Problem handelt. Die Christdemokraten plädieren nun für einen Masterplan.

Das umstrittene Thema hat Wesel in den Medien überregionale Aufmerksamkeit verschafft und ist nach der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am Mittwoch vom Tisch. Die Stadtverwaltung hatte bereits vorab in einem Bericht erklärt, dass sie es – anders als ein von der CDU zitiertes Heilbronner Gutachten – für rechtlich nicht umsetzbar hält. Warum eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu einem anderen Ergebnis kommt, lässt sich nicht nachvollziehen, denn die Initiatoren rücken das Gutachten nicht heraus. Tatsache ist: Auch in Heilbronn schlägt man inzwischen einen anderen Weg ein.

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SPD, Grüne, WfW und Marcel Schoierer (Die Partei) übten deutliche Kritik an der Diskussion, die nach Aussage von CDU-Fraktionschef Jürgen Linz von Bürgern an ihn herangetragen wurde. Die CDU beobachtet laut ihrem Antrag einen „negativen Trend bei der Entwicklung des Einzelhandels“ hin zu immer mehr Läden besagter Branchen. Es gehe nicht darum, verteidigte sich Linz im Ausschuss, dass er den Leuten ihr Geschäft nicht gönne, sondern um die Menge der Läden.

Diskussion um Döner-Obergrenze in Wesel: Heftige Kritik im Ausschuss

Sowohl Marcel Schoierer als auch Rafael Lorberg (SPD) kritisierten, dass die CDU zwischen guten und schlechten Geschäften unterscheide. „Wo ist das Problem bei diesen Betrieben?“, fragte Lorberg. Die Menschen, oft mit Migrationshintergrund, zahlen Steuern und schaffen Arbeitsplätze, argumentierte er. Man dürfe Hass-Kommentare im Internet nicht zur Grundlage der Politik machen. Die Probleme im Einzelhandel würden nicht durch eine Überzahl an bestimmten Geschäften, sondern durch die Konkurrenz des Online-Handels verursacht. „Sie fordern einen Grundrechtseingriff“, warf Lorberg der CDU vor. Ulrich Gorris (Grüne) stimmte der SPD zu („das kommt nicht oft vor“) und warnte davor, „in die Falle der Populisten zu laufen“. Auch ein Barbershop sei eine Belebung, „wir sind eine vielfältige Stadt.“

Jürgen Lantermann (WfW) bezeichnete den Antrag als „populistisch“ und sagte: „Es ist sehr erschreckend, was wir hier diskutieren.“ Friedrich Eifert (FDP) sprang der CDU zwar bei: Man müsse sich mit dem Thema auseinandersetzen und versuchen, steuernd einzugreifen. Er sagte aber auch, die FDP sei grundsätzlich dagegen, Wettbewerb einzuschränken.

So viele Dönerläden, Kioske und Barbershops gibt es in Wesel

Konkrete Zahlen lieferte die Stadtverwaltung, die in der Fußgängerzone, am Berliner Tor und auf der Achse Kreuz/Korbmacherstraße nachgezählt hat: Demnach sind dort aktuell 232 Geschäfte und Dienstleister ansässig. Sechs Dönerläden, 12 Friseur- und Barbershops (darunter sind alteingesessene Geschäfte), sechs Kioske und acht Handyläden notierten die Verwaltungsmitarbeiter. Rechne man die Friseure heraus, seien es nicht einmal zehn Prozent der Betriebe, die in die von der CDU genannten Kategorie fallen, so Bürgermeisterin Westkamp: „Das hat mich erstaunt. Gefühlt sind es mehr.“

„Sie fordern einen Grundrechtseingriff“

Rafael Lorberg
SPD-Vorsitzender, kritisiert den CDU-Antrag, eine Obergrenze für bestimmte Geschäfte zu prüfen

Ihre Vermutung: So manches dieser Geschäfte sei optisch auffällig mit viel „Blingbling“ gestaltet. Daher müsse auf die Einhaltung der Gestaltungssatzung geachtet werden, so Westkamp. Mit Blick auf fehlende Angebote wie zum Beispiel Spielwaren oder Sportartikel betonte sie, wie wichtig es ist, dass die Menschen vor Ort einkaufen. Geplant ist, dass die Wirtschaftsförderung auf die Immobilien-Eigentümer zugeht und sie für das Problem sensibilisiert.

Einzelhandel: Heilbronn als Modell für Wesel?

Aufgrund der rechtlichen Bedenken der Verwaltung rückte die CDU letztendlich von der Möglichkeit der Obergrenzen ab, verteidigte aber die Diskussion: „Wir haben scheinbar einen Punkt getroffen, der deutschlandweit aktuell ist“, kommentierte Frank Schulten die mediale Aufmerksamkeit. Jürgen Linz unterstrich: „Ich habe keine Angst davor, Bürgern zuzuhören und Themen aufzugreifen.“ In Heilbronn hat die Politik sich darauf geeinigt, einen Masterplan für die Innenstadtentwicklung zu erstellen. Denn sollte die Stadt zur Einsicht anfordern, schlug der CDU-Fraktionschef vor. Er könnte ja für Wesel ein Modell sein.