Oberhausen. Die meisten Lokalpolitiker zeigen sich besorgt: Es gibt zu wenige bezahlbare Wohnungen in Oberhausen. Doch ihre Lösungsidee ist hoch umstritten.
Viele Jahre lang galt der Wohnungsmarkt im Ruhrgebiet als völlig entspannt: Hier gab es noch günstige Wohnungen, während in Berlin, Hamburg, Köln und München die Mieter bereits extrem hohe Mieten zahlen mussten. Doch die relativ komfortable Lage ist vorbei, deshalb sieht sich die Mehrheit der Oberhausener Lokalpolitiker gezwungen, neue Wege zu gehen, damit noch in Zukunft Familien und Alleinstehende preiswerte Wohnungen in der Stadt finden können.
Auch interessant
Dass neu gebaute Oberhausener Wohnungen wegen hoher Baukosten und Zinsen nur noch für Mietpreise von über 14 Euro kalt (ohne Heizung und Warmwasser) angeboten werden können, wie private Investoren glaubhaft beteuern, hat die Parteien vor Ort aufgeschreckt. Nicht nur Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik hält im Stadtrat die Ansicht von Politikern für blauäugig, dass ohne Eingriff der Politik auch in Zukunft genügend günstige Wohnungen bereitstehen. „Der Markt regelt das nicht, der schafft keinen bezahlbaren Wohnraum, auch im Ruhrgebiet wird das Preisniveau so hoch werden, wie es die Menschen in Berlin und anderen Städten bereits erleben.“ BOB-Ratsherr Ulrich Lütte konstatiert nüchtern: „Es herrscht ein Mangel an bezahlbaren Wohnungen.“
Oberhausener Rathaus entwickelt Konzept für eine Sozialwohnungs-Regelung
Auf Antrag von SPD und Grünen hat deshalb die Mehrheit des Rates den Stadtbediensteten des Rathauses einen klaren Arbeitsauftrag mitgegeben, ein Konzept mit schärferen Regeln für Immobilien-Investoren zu entwickeln. Zugestimmt haben neben den Sozialdemokraten und Grünen die Linken und BOB, auch wenn beiden der verabschiedete Arbeitsauftrag nicht weitgehend genug war.
Danach soll die Stadtverwaltung nun „ein Konzept zur Einführung einer Quotenregelung für öffentlich geförderten Wohnraum erarbeiten und anschließend dem Rat zur Beschlussfassung vorlegen“. Gemeint sind mit „öffentlich geförderten Wohnungen“ die klassischen Sozialwohnungen: Da erhalten Investoren Billigkredite, die vom Staat subventioniert werden, um sich danach zu verpflichten, ihre Mieten in den entsprechenden Wohnungen günstig zu halten und hierfür nur Mieter aufzunehmen, die nach Einkommensprüfung einen amtlichen Wohnberechtigungsschein besitzen.
Angepeilt werden soll nach dem Vorschlag von SPD und Grünen eine Mindest-Pflichtquote an vergünstigten Mietwohnungen von 25 Prozent, wenn der Investor mindestens acht Wohnungen baut. Die Linken würden lieber eine Sozialwohnungsquote von 50 Prozent ab sechs Wohnungen sehen, konnten sich aber damit nicht durchsetzen.
Auch interessant
Denn SPD-Planungspolitiker Ulrich Real hält eine so hohe Quote als zwingende Pflicht für Bauinvestoren für fatal. „Die Quote darf nicht so hoch sein, dass wir damit keine gute Durchmischung der Bevölkerung in den Stadtquartieren erreichen. Bei einer Quote von 50 Prozent besteht die Gefahr der Ghettoisierung. Wir wollen, dass verschiedene Einkommensschichten in den Stadtvierteln gut zusammenleben.“
FDP: Quote an Sozialwohnungen verschreckt Investoren
Vor einer ganz anderen Gefahr warnt die CDU: Was ist, wenn sich gar kein Investor findet, der noch Wohnungen in Oberhausen bauen will, weil er sich gezwungen sieht, plötzlich einen Teil Sozialwohnungen zu bauen? „In Oberhausen wird bereits viel zu wenig gebaut. Es gibt mit den zu hohen Baustandards und den steigenden Baupreisen bereits hohe Hürden, Wohnungen zu bauen, wir sollten da keine weitere Hürde hinzufügen“, argumentiert CDU-Planungspolitiker Denis Osmann. „Wir sollten privaten Hausinvestoren nicht vorschreiben, wie sie ihr Eigentum finanzieren sollten.“ Man sollte dies lieber individuell mit den Investoren von Fall zu Fall aushandeln.
Zudem habe Oberhausen im Bestand immer noch relativ günstige Wohnungen. „Zwei Drittel aller Wohnungen haben einen Quadratmeter-Preis an Kaltmiete von bis zu sechs Euro, nur fünf Prozent kosten mehr als acht Euro.“ Auch wenn zunächst nur ärmere Mieter in Sozialwohnungen einziehen würden, gebe es dann das Dauerproblem an Mietern, die durch Einkommenssteigerungen im Laufe der Zeit mehr verdienen, als in Sozialwohnungen eigentlich erlaubt ist. „In bisherigen Sozialwohnungen beträgt die Fehlbeleger-Quote über 50 Prozent. Wie soll das kontrolliert werden?“
CDU: Die Leute aus der Branche schlagen die Hände über dem Kopf zusammen
Der CDU-Ratsherr warnte allerdings vergeblich vor dem Mehrheitsbeschluss des Rates: „Wenn man mit den Leuten aus der Branche spricht, dann schlagen die über dieses Quoten-Vorhaben die Hände über dem Kopf zusammen und bitten uns, das auf keinen Fall zu beschließen. Wir werden so das Ziel nicht erreichen, mehr Wohnraum zu schaffen.“ Dass auch andere Städte durchaus auf das Instrument der Pflichtquote an Sozialwohnungen zurückgreifen, wie etwa Düsseldorf, lässt die CDU-Fraktion als Argument nicht gelten: Schließlich drängen viele Immobilieninvestoren nach Düsseldorf oder Hamburg, aber nicht unbedingt nach Oberhausen.
Ins gleiche Horn bläst die FDP. „Eine Quote verteuert und erschwert den Wohnungsbau, was letztlich zu weniger Neubauten führt“, meint FDP-Ratsherr David Bletgen. Statt Quotenpflichten zu entwickeln, müssten Investitionen erleichtert werden. So stimmten CDU, AfD und FDP gegen die Sozialwohnungsquote; SPD, Grüne, Linke und BOB waren dafür - und das Rathaus erarbeitet nun ein Quoten-Konzept.
- Oberhausen: Zu viele Hürden für preiswerte Wohnungen
- 70 neue Mietwohnungen in Oberhausen sind noch nicht vergeben
- Oberhausen: Geplante City-Wohnungen sind schon sehr gefragt
- Neue Wohnungen mit Top-Standard: Das kostet die Miete
- 30-Millionen-Euro-Projekt: Wohnungen in Oberhausens City
- In Oberhausen sinken die Preise für Häuser und Wohnungen
- Wohnungsnot: Wie die Politik jetzt dringend handeln muss
- Oberhausen plant neue Wohnungen auf grünem Zechengelände
- Neue Wohnungen bieten viel Luxus: So teuer ist die Miete
- Mieterbund warnt: Vorsicht bei Eigenbedarfskündigung