Oberhausen. Der Essener Jörg Bausch hat schon auf nahezu allen Schlager-Festivals gespielt. Er würde aber auch gerne etwas ganz Neues ausprobieren.
- Schlagersänger Jörg Bausch trat in der Turbinenhalle Oberhausen auf
- Vor seinem Auftritt hatte der Altenessener noch Zeit für Fragen
- Was ihn in Zukunft reizen würde, warum er am liebsten solo auftritt
Man kann ihm einfach nichts übel nehmen, wenn es etwas geben würde, was man ihm übel nehmen könnte: Jörg Bausch hat am Samstagabend seinen Titel als die „Anti-Zicke“ im Schlagergeschäft haushoch verteidigt. Beim gut gefüllten Solo-Konzert vor mehr als 1000 Fans in der kleineren „Turbinenhalle 2“ schlendert er 30 Minuten vor Konzertbeginn noch seelenruhig durch den Backstage-Bereich in dem fast menschenleeren ehemaligen Soccer-Bereich der großen Industriehalle.
In einer Hallenecke proben Tänzerinnen und Tänzer der „Fauth Dance Company“ aus Viersen, mit der Bausch seit 15 Jahren auftritt, noch unbemerkt die späteren Bühnen-Tanzschritte. Die Fans nebenan in der Halle klatschen sich unterdessen warm. Während andere Sänger sich längst abschotten, beantwortet er uns ohne Murren kurze Reporterfragen.
„Normale Termin-Auftritte gehen maximal 40 Minuten. Doch irgendwann habe ich gemerkt, dass in diese Zeit nicht mehr alle Titel reinpassen“, sagt der Schlagersänger, der sonst bei großen Festivals, Stadtfesten und Vereinsfeiern unterwegs ist. Dort ist er oft einer von vielen - diesmal ist er ganz alleine für die Stimmung verantwortlich.
Kein einfacher Weg. In der Stadthalle in Duisburg-Walsum hat er mit 300 Leute angefangen. Sang an spielfreien Musical-Tagen schon dreimal in der ungewöhnlichen Spielstätte des Bochumer „Starlight Express“. Bausch: „Die Leute sind bei Solo-Konzerten ganz anders vorbereitet, singen viel lauter deine Lieder mit. Solo-Konzerte liebe ich einfach.“
Jörg Bausch in Oberhausen: Trotz großer Festivals - Sänger liebt die Solo-Konzerte
Dabei hat er die großen Szene-Großevents schon gespielt: Beim „Inselfieber“ auf dem benachbarten Freigelände neben dem Centro Oberhausen und der Rudolf-Weber-Arena stand er im vergangenen Jahr vor 38.000 Fans. Mit seinen Schlagerkollegen versteht er sich, wie sollte es anders sein, nach eigenem Bekunden bestens. Über das Business, in dem sich hinter den Kulissen der ein oder andere Sänger auch mal in die Wolle bekommt, sagt er: „Irgendwie ist es doch eine große Schlagerfamilie.“
In seiner Freizeit entspannt der Mann aus Essen-Borbeck, der später nach Altenessen umgezogen ist, bei Spaziergängen in der Natur. Und wenn man dem Bodenständigen, der im Genre nahezu alle großen Events gespielt hat, dann doch versucht, ein Geheimnis zu entlocken, stößt man bei Genre-fremden Festivals auf fruchtbaren Boden. Einmal wie Heino oder Joachim Witt beim international renommierten Metal-Festival „Wacken“ auftreten? Bei Crossover-Gedankenspielen beginnt er zu strahlen. „Etwas total Gegenteiliges würde ich sofort machen. Das wäre schon ganz großes Kino!“
„Großes Kino“ heißt einer seiner bekanntesten Songs aus dem 2008 erschienen Album „Denn ich fliege“. Bislang erscheinen große Skylines von Weltstädten wie New York in der Turbinenhalle Oberhausen aber nur auf der Leinwand. Jörg Bausch formuliert Udo Jürgens Klassiker „Ich war noch niemals in New York“ deutlich zielstrebiger. Der Popschlagersänger singt zur eigenen Melodie: „Ich will auch mal nach New York“.
Jörg Bausch in Oberhausen: 300 eigene Schlagertitel - von „Tornado“ bis „Großes Kino“
Seine Songs schreibt er seit 1996 selbst. 300 Schlagertitel sind mittlerweile zusammengekommen, denen einige Kritiker manchmal einfach gestrickte Oberflächlichkeiten unterstellen, die aber von Fans von wegen ihrer ehrlichen, bodenständigen und feiertauglichen Art geliebt werden.
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Die Songs sind für Discofox-Schritte geeignet und so wagen in der Turbinenhalle einige Fans, die teils bunt blinkende Krönchen auf den Köpfen tragen, ein Tänzchen vor der Bühne. Seine „Klassiker“ spielte er früher in einer gefühlten Endlosschleife. Diesmal kokettiert er damit: „Ich gehe auf Kritik ein - soll ich die alten Songs überhaupt spielen?“
Natürlich jubeln die Anhänger schnell „Dieser Flug“, „Tornado“, „Am Zuckerwattenstand“, „Leuchtturm“ und „Wie ein Wolf in der Nacht“ herbei. Dabei zeigt sich der Sänger durchaus experimentierfreudig. „Erst wenn’s im Sommer schneit“ beinhaltet Walzer-Elemente. Zwischendurch steigen Feuersäulen empor. Eine kleine Begleitband fehlt dagegen. Diese könnte sich am 14. September 2024 wieder im Gepäck befinden, wenn Bausch sein aufwendigeres „XXL in Concert“ in der Arena Oberhausen (Tickets um 60 Euro) spielt. Die Ticketpreise in der Turbinenhalle kosteten dafür nur etwa die Hälfte.
Nach mehr als zweieinhalb Stunden plus Vorprogramm gehen die meisten Fans zufrieden nach Hause. Die sympathische Art des Sängers hat als Gesamtkonzept funktioniert. Am Ende sagt Jörg Bausch: „Lasst uns den Schlager rocken. Ich habe das Gefühl, dass dies an einigen Stellen nicht getan wird.“ Im Bausch-Universum klingt das schon wie eine offene Spitze.
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