Mülheim. Joshua Zilinske (26) ist der jüngste Schauspieler am Theater an der Ruhr in Mülheim. Er bringt neuen Schwung ins Ensemble am Raffelberg.

Joshua Zilinske ist eher der natürliche Typ. Normale Jeans, schlichtes graues T-Shirt, dezente Frisur, zurückhaltendes Lächeln. Und dann das: „Ich liebe Historienfilme mit aufwändigen Kostümen und würde gerne mal in einem mitspielen“, verrät der Schauspieler. Aber Kino oder Fernsehen können noch warten. Im Moment gehört sein Herz ganz der Bühne. Der 26-Jährige ist der Jüngste im Ensemble des Theaters an der Ruhr (TaR) und seit anderthalb Jahren am Hause tätig. Fest angestellt, auf unbestimmte Zeit – und hochmotiviert für alle Aufgaben, die da kommen.

Mitgespielt hat der Duisburger bereits in sieben Stücken, darunter „Woyzeck“, „Ich, Antonin Artaud - Der wilde Harlekin“ oder „Bock“. Gerade laufen die Proben für eine neue Produktion: Kleists „Der zerbrochene Krug“. Joshua Zilinske spielt den Bauerssohn Ruprecht. Geprobt wird in der Regel sechs bis sieben Stunden am Tag. „Danach hat man den Kopf auch voll.“ Zuhause geht der Darsteller den Text erneut durch und versucht, anhand von Notizen zu verinnerlichen, was im Theater besprochen wurde. Er findet auch Zeit, Bücher zum Thema, zum Stück oder Autor zu lesen. „Das ist das Gute an unserer neuen Spielzeitstruktur. Man kann in den aufführungsfreien Phasen richtig in die Materie eintauchen“, findet er.

Auch interessant

Nach der Schule hospitierte Joshua Zilinske am Mülheimer Theater

Wann ist er auf die Idee gekommen, Schauspieler zu werden – und warum? „Ich war in der Schultheater-AG., meine Englischlehrerin hatte mich als Sechstklässler dafür gewonnen und ich habe mich sofort wohl damit gefühlt, in andere Rollen zu schlüpfen“, berichtet er. Seinen ersten Auftritt hatte er als Schüler in „Bunbury. Ernst sein ist alles“ von Oscar Wilde. „Zuerst fand ich es toll, Leute zum Lachen zu bringen. Später habe ich dann die Tragödie entdeckt und mich gefragt: Schaffe ich es auch, die Zuschauer zum Weinen zu bringen?“ Als das Abi anstand, habe er überlegt, was ihm am meisten Spaß mache. Es war das Theaterspielen. „Aber ich wusste nichts über die Theater-Welt“, erzählt Joshua Zilinske. Ein Bekannter, der TaR-Schauspieler Rupert Seidl, empfahl ihm, am Mülheimer Theater zu hospitieren.

Joshua Zilinske, junger Schauspieler am Theater an der Ruhr in Mülheim,  im Gespräch mit WAZ-Redakteurin Andrea Müller.
Joshua Zilinske, junger Schauspieler am Theater an der Ruhr in Mülheim, im Gespräch mit WAZ-Redakteurin Andrea Müller. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Ich habe in der Technik mitgeholfen, war Barmann, Regieassistent und habe sogar in einem Stück mitgespielt“, erinnert er sich. Sein erster Satz lautete: „Darf ich eintreten?“ Ein Wink für die spätere Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg? Nach dem Studium im Norden kehrte Joshua Zilinske direkt zum TaR nach Mülheim zurück. „Ich hatte immer Kontakt gehalten. Viele Menschen hier haben mich geprägt. Die Art, wie sie über das Theater und das Leben denken, ist mir sehr nah“, sagt er. Er schätze es auch sehr, dass im TaR Inszenierungen immer in Teamarbeit entwickelt werden.

Vorliebe für Clowns stammt wohl von Mülheimer Theatergründer Roberto Ciulli

Seine Vorliebe für Clowns – in seinem Bachelor-Projekt etwa geht es um einen Clown, der in der Größer-Lauter-Schneller-Welt die Einfachheit wiederentdeckt – hat sicherlich mit Theatergründer Roberto Ciulli und dessen Clown-Stücken zu tun. Die verstorbene Schauspielerin und Regisseurin Simone Thoma habe ihn mit ihren Ansichten über das Spielen sehr beeindruckt. „Mir war gleich klar: So möchte ich künstlerisch arbeiten,“ sagt Joshua Zilinske. Anregungen erhalte er von allen (durchweg viel älteren) Ensemblemitgliedern. „Ich mag es einfach auch, ihre Geschichten zu hören.“

Das Theater ist für den 26-Jährigen ein wichtiger Teil der Gesellschaft, es werfe relevante Fragen auf und gebe den Menschen Raum, darüber nachzudenken. Der Zuschauer schenke dem Schauspieler ein Stück seiner Lebenszeit und bekomme dafür etwas vorgeführt, das voller Emotionen stecke und etwas auslöse in seinem Kopf. Ziel sei es nicht, den Geschmack des Publikums genau zu treffen, gefällig zu unterhalten. „Gerade in diesen Zeiten muss das Theater auch in gewissem Rahmen nerven, ungemütlich sein. Es sollte mit Ernsthaftigkeit und mit Leichtigkeit zum Denken anregen“, meint der junge Darsteller.

Mülheimer Jungschauspieler würde gerne einmal den Hamlet spielen

Was war seine liebste Produktion bisher? „Der wilde Harlekin. Auch, weil Bühne und Kostüme so großartig waren.“ Und der schwierigste Job? „Als ich bei ,Vom Licht‘ einspringen und in vier Tagen die Rolle drauf haben musste. Theaterspiel kann anstrengend wie eine Bergwanderung sein. Aber wenn man oben ist, ist es herrlich.“ Steht das Regieführen auch auf seiner Wunschliste? „Ja, irgendwann. Ein Regisseur lässt die Leute in seinen Kopf schauen. Ich würde den Leuten gerne meine Sicht auf die Welt eröffnen. Was sie dann damit machen, ist ihre Sache.“ Welche Rolle würde er gerne mal spielen? „Den Hamlet. Die Figur ist faszinierend.“

Im Gespräch: Der Duisburger Joshua Zilinske gehört zum Ensemble des Mülheimer Theaters an der Ruhr.
Im Gespräch: Der Duisburger Joshua Zilinske gehört zum Ensemble des Mülheimer Theaters an der Ruhr. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Großartig findet Joshua Zilinske auch das Ruhrgebiet. Er geht gerne in die Theater der Nachbarstädte, erkundet die Gastronomie. In der Freizeit liest er gerne, vor allem auch Romane. Seine Mutter, eine gelernte Buchhändlerin, versorgt ihn mit Büchern. Vom Vater, einem Friedhofsgärtner, hat er die Liebe zur Natur. „Ich gehe gerne raus, auch auf Friedhöfe. Dort ist es schön ruhig“, berichtet er. Mit seiner Freundin Marie Schulte-Werning (28), ebenfalls Schauspielerin am TaR, hat er schon öfter auf der Bühne gestanden, auch zuhause wird übers Theater geredet.

Lukrativer Job in Vorabendserie reizt Mülheimer Schauspieler weniger

Früher gingen Schauspieler mit einem Hungerlohn nach Hause – und heute? „Die Einstiegsgagen sind nicht mehr so gering. Man kann davon leben“, sagt Joshua Zilinske. Ein lukrativer Job, etwa in einer Vorabendserie im Fernsehen, reizt ihn daher aktuell nicht. „Man muss nicht alles mitmachen“, findet er. Vielleicht winkt ihm ja bald eine Rolle in einem Historienfilm.

Mehr zu Menschen in Mülheim

Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!

>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-VersionApple-Version).