Moers. Viele Kioske verkaufen Lachgas. Die Moerser Drogenhilfe beurteilt den Sinn eines Verbotes - und warnt vor weiteren Trenddrogen auf Schulhöfen.

Der freie Verkauf von Lachgas sorgt in Moers für Diskussionen. Einige Kioske, auch im Bereich der Innenstadt, bieten die unter Kindern und Jugendlichen beliebte Trenddroge an. Kürzlich hat die Freie Fraktion in einer Anfrage an die Moerser Stadtverwaltung gefordert, den Verkauf von Lachgas in allen Geschäften auf der Homberger Straße sofort zu stoppen.

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Der fortschreitende Missbrauch des Gases, das eigentlich Distickstoffmonoxid heißt und unter anderem zum Aufschäumen von Sahne in Sprühdosen gebraucht wird, ist längst bekannt. Bereits im Februar 2024 berichtete die Drogenhilfe der Grafschafter Diakonie gegenüber unserer Redaktion, dass das Rauschmittel mit der euphorisierenden Wirkung auf Moerser Schulhöfen angekommen sei.

Moers: Forderung nach Verbot von Lachgas-Verkauf schwer umzusetzen

Nun, fast ein Jahr später, erreicht das Thema die Lokalpolitik. Und dürfte schnell abgehandelt sein. Denn: In der Antwort der Stadtverwaltung auf die Anfrage nach einem Verkaufsverbot heißt es, man teile in diesem Punkt zwar die kritischen Ansichten der Freien Fraktion. Allerdings ist die Veräußerung von Lachgas zum jetzigen Stand nicht verboten.

Solange Lachgas nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt, ist es für Polizei und Ordnungsämter kaum möglich, die Ausbreitung der Trenddroge zu kontrollieren. Belastbare Zahlen zum Lachgaskonsum lagen der Kreispolizeibehörde in Wesel schon vor einem Jahr nicht vor.

Trenddroge in Moers: Kinder und Jugendliche kennen mittlerweile Gefahren von Lachgas

Wer sich ein Bild von der derzeitigen Lage in Moers machen möchte, muss sich daher auf die Erfahrung der hiesigen Beratungsstellen verlassen. Wir haben bei Britta Dietrich-Aust nachgefragt. Sie leitet den Fachbereich Drogenhilfe bei der Grafschafter Diakonie – und blickte bereits vor einem Jahr besorgt auf den gestiegenen Beratungsbedarf. „Lachgas ist noch ein Thema unter den Jugendlichen“, sagt sie.

Aber: „Das Wissen um die Gefährlichkeit ist inzwischen bei vielen angekommen.“ Schließlich werden die Folgen des Konsums mittlerweile bei Präventionsangeboten in Schulen stets angesprochen. Anfragen für eine Beratung wegen Lachgas-Konsums erreichen das Team der Drogenhilfe eher selten, berichtet Britta Dietrich-Aust.

Lachgas-Verbot sinnvoll? Moerser Expertin bezieht Stellung – und warnt vor Vapes

Braucht es trotzdem ein Verbot? Die Moerser Drogenexpertin ist nicht vollends von dessen Nutzen überzeugt: „Den Konsum und den Missbrauch von Lachgas (wie von anderen gefährlichen Substanzen) wird ein Verbot leider nicht verhindern können.“ Andererseits könne auf diese Weise zumindest der Zugang erschwert werden. Wichtig sei, dass ein Verbot Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aufzeigt, dass der Konsum nicht zu verharmlosen ist. Dies sei mit Blick auf die aktuelle Vermarktung der Produkte nicht der Fall.

E-Zigaretten, auch genannt Vapes, führen viele Moerser Kinder und Jugendliche in eine Tabaksucht, berichtet die Leiterin der Drogenhilfe.
E-Zigaretten, auch genannt Vapes, führen viele Moerser Kinder und Jugendliche in eine Tabaksucht, berichtet die Leiterin der Drogenhilfe. © dpa-tmn | Marijan Murat

Ein noch prägnanteres Thema unter Minderjährigen sind Vapes. Auf Nachfrage bestätigen Moerser Schulen diese Beobachtung der Leiterin der Drogenhilfe. Deutschlandweit ist der Tabakkonsum unter Kinder und Jugendlichen deutlich gestiegen. Für Dietrich-Aust ist das eine Folge der einfachen Verfügbarkeit von Vapes: „Die ‚verharmloste‘ E-Zigarette ist dabei eine problematische Alternative zum Tabakrauchen und suggeriert Kinder und Jugendlichen Lifestyle.“

Drogentrends bei Kindern und Jugendlichen in Moers: Einstieg in die Sucht über Vapes ohne Tabak

Am Kiosk steigen viele von ihnen über tabaklose Varianten mit fruchtigen Geschmacksrichtungen ins Rauchen ein und entwickeln eine Abhängigkeit. Später greifen die Minderjährigen dann zur E-Zigarette mit Tabak. Oder bis vor kurzem gar mit HHC: Bis zum Verbot im Juni 2024 gab es eine große Nachfrage nach Vapes mit der synthetisch hergestellten Cannabis-Alternative, schildert die Leiterin der Moerser Drogenhilfe.

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Doch Lachgas und Vapes sind nicht die einzigen Drogentrends in der Moerser Jugend: „Auch Snus ist wieder zunehmend ein Thema“, sagt Britta Dietrich-Aust und meint damit ein Tabakerzeugnis, dass Konsumierenden durch orale Einnahme ihren Nikotin-Kick verpasst.

Moers: Viele Jugendliche nehmen Drogen – „nahezu alle Helfersysteme sind überlastet“

In der Beratung bemerken Dietrich-Aust und ihr Team zudem, dass die Zahl der Jugendlichen, die opiathaltige Medikamente und Beruhigungsmittel konsumieren, nach wie vor steigt. Eine Entwicklung, die Anlass zur Sorge gibt: „Viele Jugendliche zeigen psychiatrische Auffälligkeiten, die dringenden Handlungsbedarf fordern.“ Jedoch: „Die Vermittlung der Jugendlichen in weitere Hilfesysteme wird dabei immer schwieriger, schon bis unmöglich, da nahezu alle Helfersysteme überlastet sind und gute Angebote geschlossen wurden.“