Neukirchen-Vluyn. Der Rat Neukirchen-Vluyn gibt Grünes Licht für den Haushalt 2025. Aber: Die Fraktionen äußerten teilweise harsche Kritik. Wer einstecken musste.
Die Stadt Neukirchen-Vluyn kann die Planungen für die Zukunft fortsetzen. Die Politik hat die Gelder freigegeben; der Stadtrat hat in der letzten Sitzung des Jahres den Haushaltsplanentwurf mit großer Mehrheit abgesegnet. Damit geht die Bindestrich-Stadt in das Jahr eins nach der Haushaltssicherung. Zehn Jahre lang hatte sie strikte Sparvorgaben zu beachten. Der Haushalt 2025 ist ausgeglichen – allerdings nur fiktiv; am Ende bleibt ein Fehlbetrag von rund 1,4 Millionen Euro. Die Kommune geht an ihr Erspartes, um zu verhindern, dass ihr wieder Fesseln angelegt werden.
Den Moment in der Stadtratssitzung nutzten einige Politiker, um in ihren traditionellen Haushaltsreden noch einmal zurückzublicken. Insbesondere bei SPD und Grünen wurde dabei deutlich, wie tief offenkundig noch immer der Stachel sitzt, den der Vorgang um die Entlassung des Ex-Feuerwehrchefs im Mai diesen Jahres gesetzt hatte.
Die Feuerwehr war wieder Thema in Neukirchen-Vluyn
Für die Sozialdemokraten offenbar die Spitze des Eisberges, auch mit Blick auf den innerpolitischen Umgang miteinander. Deren Fraktionsvorsitzender Klaus Lewitzki zeigte sich bereits im Wahlkampfmodus und führte in seiner Rede unter anderem aus, „die mehrjährigen, zum Teil sehr persönlichen und respektlosen Attacken gegen den Bürgermeister“ würden „niemals von wirklichem Erfolg gekrönt“ sein. Und weiter betonte der SPD-Chef: „Wer das Thema Leitung der Freiwilligen Feuerwehr von Tag drei an zum Wahlkampfthema macht, schadet allen Beteiligten. Es war, ist und bleibt eine einzelne Personalangelegenheit mit entsprechenden Folgen, begründet durch eine gravierende Dienstpflichtverletzung eines hohen Beamten dieser Stadtverwaltung.“
Was daraus gemacht worden sei, mache sprachlos und habe mit Rechtsstaatlichkeit wenig zu tun. Wenn eine vom gegenseitigen Respekt getragene politische Auseinandersetzung nicht mehr möglich sei, füge das der Demokratie schweren Schaden zu, sagte Lewitzki.
Der Ton in Neukirchen-Vluyn ist rauer geworden
Der Ton in der Politik ist fürwahr rauer geworden, das ist nicht zuletzt in den Sitzungen der Fachausschüsse zu beobachten gewesen. „Die Menschen, auch hier in Neukirchen-Vluyn, benötigen und erwarten eine Politik, welche Lösungen sucht und Kompromisse findet“, sagte nun in der Ratssitzung der SPD-Fraktionsvorsitzende. „Permanente und zum Teil auch respektlose Blockaden, welche wir im Laufe dieser Legislatur zur Genüge erleben mussten, sind nicht zielführend, bringen niemanden weiter, erzeugen weitere Verdrossenheit und entsprechen sicher nicht unserer gemeinsamen Auftragslage.“
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Und auch der Chef von Bündnis 90 / Die Grünen, Tom Wagener, nahm das Thema Respekt in seine Ausführungen auf. Die Zusammenarbeit sei schwieriger geworden, sagte Wagener. „Es fehlt oft der Wille, gemeinsame Lösungen zu finden.“ Aber auch die Wertschätzung, die sich Politik und Verwaltung entgegenbringen, hat aus seiner Sicht gelitten. So herrsche in manchen Ausschüssen ein raues Arbeitsklima, die Verwaltung müsse sich scharfen Angriffen ausgesetzt sehen und die Politik werde als Gegner gesehen.
„Ohne Ehrenamt funktioniert das Stadtleben nicht mehr - im Besonderen in Zeiten knapper Kassen.“
Tom Wagener sprach sehr offen davon, wie enttäuscht die Grünen vom Verhalten der Freiwilligen Feuerwehr seien. „Nicht nur von dem ehemaligen Leiter, der aus disziplinarischen Gründen vom Bürgermeister entlassen werden musste.“ Sondern auch vom Verhalten im Anschluss. Wagener: „Die Feuerwehr leistet zweifelsohne eine hervorragende und wichtige Arbeit, aber ein solches Verhalten“ werde der Stadt nicht gerecht. Er hoffe auf eine gute Lösung.
Wagener sprach auch den schwierigen Start in der aktuellen Ratsperiode an; mit Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg und appellierte, man möge nicht zulassen, dass Populismus oder rechtes Gedankengut Einzug in den Rat halte.
Der Neukirchen-Vluyner CDU-Chef will freiwillig sparen
SPD-Chef Klaus Lewitzki nutze seine Redezeit zudem, um das aktuelle Sparpaket der NRW-Landesregierung zu kritisieren, das den sozialen Bereich hart trifft. Darüber hinaus spann er einen inhaltlichen Bogen um die Themen Wohnen, Ehrenamt und Niederrheinbahn und sparte dabei nicht mit impliziter Kritik an politischen Mitstreitern. Hier war es besonders die geplatzte Bebauung des Neukircher Feldes, die die Genossen offenkundig noch immer umtreibt.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Markus Nacke hingegen ersparte sich eine umfassende Rede mit Rückblick und Kritik. Angesichts der Situation rund um den Rat und der Erkrankung des Bürgermeisters halte er derartige Ausführungen nicht für notwendig. Die CDU unterstütze die Anpassung der Hebesetze, stimme dem Haushalt zu und sehe auch in den Gebühren keine wesentlichen Hindernisse. Allerdings appellierte Nacke an den Stadtrat, sich ein freiwilliges Spardiktat aufzuerlegen. Man dürfe sich von der neu gewonnenen Freiheit nicht blenden lassen.
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Als einzige Einzelvertreterin äußerte sich Elisabeth Wannenmacher (NV Auf geht‘s) zur allgemeinen Situation in der Stadt. Wie in den Vorjahren lehnte sie auch jetzt den Haushalt ab. Die Ampel sei „daran gescheitert, weil ihre Versprechungen an der kapitalistischen Wirklichkeit zerplatzt sind“, sagte Wannenmacher zu Beginn ihrer vergleichsweise kurzen Ausführungen.
Die Fraktionen in Neukirchen-Vluyn richten Grüße aus
„Dazu gehören auch die Versprechungen zur Stärkung der kommunalen Finanzen. Statt die Altschuldenfrage zu lösen, schieben sich Bund und Land den schwarzen Peter hin und her.“ Wannenmacher kritisierte auch die ständig neuen Aufgaben, deren hauptsächliche Kosten die Kommunen trügen. „Der vorliegende Haushalt löst keine neue Pflicht zur Haushaltskonsolidierung aus. Und doch ist es ein Haushalt ohne Perspektive. Perspektivlos deshalb, weil die strukturelle Unterfinanzierung weiter voranschreitet.“
Immerhin: In der Freude darüber, dass an der Drüenstraße nun bezahlbarer Wohnraum entsteht, traf sie sich mit Klaus Lewitzki. Und fraktionsübergreifend wurden gute Wünsche an den erkrankten Bürgermeister Ralf Köpke ausgerichtet.