Neukirchen-Vluyn. Nachdem Lutz Reimann die Aufgabe entzogen wurde, äußert sich die Feuerwehr mit einem emotionalen Posting. Das sagt der Bürgermeister zum Thema.

Große Unruhe in Neukirchen-Vluyn. Die Abberufung des Leiters der Freiwilligen Feuerwehr erregt die Gemüter. Und bewegt natürlich die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr. Die haben sich am Wochenende mit einem Aufruf in den sozialen Netzwerken geäußert. Es ist eine emotionale Reaktion, die für große Diskussionen sorgt.

„Die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr Neukirchen-Vluyn sind schockiert über die Abberufung von Lutz Reimann, unserem Leiter der Feuerwehr, und kritisieren diese aufs Schärfste“, heißt es da. Sie halten den Umgang mit dem Ehrenamt „von Teilen des Stadtrates“ und des Bürgermeisters für „nicht weiter tragbar“.

Die Feuerwehr Neukirchen-Vluyn ist schockiert

Für die Feuerwehrkameradinnen und -kameraden ist klar: „Die im Raum stehenden Anschuldigungen werden von juristischer Seite bewertet werden müssen.“ Die Abberufung widerspreche jeder Verhältnismäßigkeit. Lutz Reimann ist seit 1981 im Dienst der Feuerwehr Neukirchen-Vluyn und seit 23 Jahren als Leiter der Feuerwehr tätig.

In ihrem Schreiben nimmt die Feuerwehr den Begriff des Fehlverhaltens auf, den Stadt und Politik in ihren Begründungen für die Abberufung benutzt hatten, und wendet diesen auf die besagten Teile des Rates und den Bürgermeister an. Das dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben, heißt es. Kritisiert wird seitens der Feuerwehr auch, dass der Bürgermeister die Wehr nicht persönlich über seine Gründe informiert habe.

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Insbesondere folgende Passage des Schreibens unter dem Posting auf der Facebook-Seite der Feuerwehr hatte für Kritik gesorgt; vor allem bei politisch Interessierten und Tätigen: „Wir hoffen auf Ihre Unterstützung, indem sie als Bürgerinnen und Bürger den Politikern und dem Bürgermeister eindeutig, mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln signalisieren, dass man so nicht mit Personen im Ehrenamt, die die Sicherheit der Stadt Neukirchen-Vluyn sicherstellen, umgehen kann und darf.“

Inzwischen wurde diese Passage an einer Stelle geändert und um ein Wort erweitert. Nun ist von „allen Ihnen zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln“ die Rede. Die erste Version wurde von Kommentatoren als fragwürdiger Aufruf bewertet. Auch Politiker übten ein Ehrenamt aus und seien gerade aktuell vielen Beleidigungen und Angriffen ausgesetzt, heißt es in einem Kommentar. Von anderer Seite ist zu hören, dass eben dieser (erste) Aufruf Kommunalpolitikern Angst machen würde.

Die Feuerwehr erhält jedoch auch viel Zuspruch für ihre Äußerungen. Wenn man 23 Jahre lang Leiter der Feuerwehr war und seit 1981 Mitglied der freiwilligen Feuerwehr ist, könne man so viel nicht falsch gemacht haben, heißt es da etwa. Und: Es sei traurig, wie mit dem Ehrenamt umgegangen werde.

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Die hitzige Stimmung hat am Wochenende auch Bürgermeister Ralf Köpke veranlasst, Stellung zu nehmen, was er bisher „aus Rücksicht auf den bisherigen Leiter der Freiwilligen Feuerwehr“ nicht getan habe, wie er schreibt. Als Grund für die Abberufung des Ehrenbeamten nach § 107 des Landesbeamtengesetzes hatte die Stadt in einer Pressemitteilung den „schwerwiegenden Verstoß gegen Dienstpflichten“ benannt.

Köpke: „Zunächst sei festgestellt, dass nicht nur ich, sondern auch der Rat die jahrelange engagierte und gute Arbeit von Herrn Reimann für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Neukirchen-Vluyn immer zu schätzen wussten.“ Die sofortige Abberufung von Reimann sei „keine leichtfertige Entscheidung, sie war alternativlos“, schreibt Köpke. Das Vertrauensverhältnis sei massiv und unwiderruflich zerrüttet. „In dieser Situation ist ein erfolgreicher und reibungsloser Feuerwehreinsatz nur schwer realisierbar und birgt zusätzliche Risiken.“

Positiv nehme ich wahr, dass die Kameradinnen und Kameraden versichert haben, weiterhin für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt da zu sein.
Bürgermeister Ralf Köpke

Und weiter schreibt Köpke: „Im Rahmen der Besetzung der Stelle der Steuerungsunterstützung der Wehrleitung hat die Stadt Neukirchen-Vluyn u. a. Herrn Reimann aufgrund seiner fachlichen Kompetenz gebeten, beratend am Auswahlverfahren teilzunehmen. Leider war Herr Reimann nicht bereit, die Bewerber primär nach ihrer fachlichen Kompetenz zu bewerten. Nach Durchführung des Verfahrens hat Herr Reimann unautorisiert versucht, einen ihm aufgrund seiner politischen Vergangenheit als Ratsmitglied unliebsamen Bewerber durch persönliche Kontaktaufnahme zu verhindern.“ Trotz dessen im Auswahlverfahren nachgewiesener Eignung für das Amt.

Eine neue Wehrleitung soll in Neukirchen-Vluyn installiert werden

Der Bürgermeister führt „ein mangelndes Demokratieverständnis, fehlenden Respekt vor der politischen Entscheidungsfindung und ebenso vor dem Ehrenamt“ aus. „Wenn Politiker nicht mehr frei diskutieren können, ohne dass ihnen persönliche Konsequenzen im privaten oder – wie hier – im beruflichen Leben drohen, dann sterben wesentliche Grundsteine der Demokratie: die Meinungsvielfalt und die Meinungsfreiheit.“

Dass die Entscheidung insbesondere für die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr bisher nicht nachvollziehbar scheine, erklärt sich Köpke damit, dass dort womöglich nicht alle oder gar objektiv falsche Informationen zum Sachverhalt vorlägen. Positiv nehme er wahr, dass die Kameradinnen und Kameraden versichert haben, weiterhin für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt da zu sein. Erste Gespräche mit der stellvertretenden Wehrleitung zur Installation einer neuen Wehrleitung haben laut Köpke stattgefunden.