Kamp-Lintfort/Kleve. Ein Kamp-Lintforter soll Bauherren und Handwerker um viel Geld gebracht haben. Der Prozess ist jetzt gestartet. Was der Angeklagte berichtete.

105 Anklagepunkte listete die Staatsanwältin zu Beginn des Prozesses gegen einen 53 Jahre alten Unternehmer aus Kamp-Lintfort auf, im Wesentlichen ging es um Betrug. Bauherren und Handwerker sollen die Opfer gewesen sein, ein Schaden von 1,5 Millionen Euro soll dabei entstanden sein.

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Doch die insgesamt sechs Aktenordner und Mappen, die der Angeklagte und sein Strafverteidiger im Saal A 105 der Klever Schwanenburg vor sich aufgebaut hatten, machten schon vor Beginn des Prozesses am Landgericht deutlich, dass zumindest auf der Anklagebank noch eine alternative Sicht auf die Geschehnisse, die sich zwischen 2018 und 2021 in Kamp-Lintfort abgespielt haben, existiert.

Mann aus Kamp-Lintfort vor Gericht: Nicht alles lief rund

Der Unternehmer war im Baugeschäft tätig. Als Geschäftsführer eines Franchise-Unternehmens holte er Kunden heran, die sich ein Fertighaus bauen wollten. Zusätzlich war er der Gesellschafter einer anderen Firma, der die Steuerung der Bautätigkeiten oblag. Dass dabei nicht alles rund lief, räumte selbst der Angeklagte ein. Doch mal war es der Geschäftsführer des zweiten Unternehmens, der seiner Aussage zufolge nichts getan hatte und hinter seinem Rücken eine eigene Firma aufbaute. Dann wieder war es eine Mitarbeiterin, die Unterlagen gestohlen habe. Dass er selbst in betrügerischer Absicht gehandelt habe, wies er komplett zurück.

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„Wir werden zu jedem einzelnen Punkt eine Ausführung bringen“, sagte der Angeklagte, der mittlerweile als externer Planer für die Stadtwerke im fränkischen Roth arbeitet. Er ist davon überzeugt, ein unbescholtener Geschäftsmann zu sein. Als der Vorsitzende Richter am Landgericht den Mann nach Vorstrafen fragte, antwortete er: „Nö.“ Schulden? „Nö.“ Vermögen? „Nö.“

Prozess gegen Kamp-Lintforter geht am 18. Juni weiter

Immer wieder hieß es, diese oder jene Schilderung der Staatsanwaltschaft „stimmt so auch nicht“, dann wieder wurden „jede Menge Belege“ angekündigt. Das Kapitel seiner unternehmerischen Tätigkeit beendete er im Februar 2021, indem er sein Unternehmen schlicht und einfach an einen Mann aus Polen verkaufte – im Notarvertrag findet sich allerdings nicht einmal ein Kaufpreis. „Ich wollte einfach aufhören“, sagte der Angeklagte und machte gesundheitliche Probleme dafür verantwortlich. Er sei damals an einer Depression erkrankt gewesen.

Die Masse an Informationen von Seiten des Angeklagten ließen sowohl die Richter und Richterinnen der Strafkammer als auch die Staatsanwältin davor zurückschrecken, sofort detaillierte Rückfragen zu stellen. Der Prozess wurde am Mittag mit der Vernehmung erster Zeugen fortgesetzt, weitere Zeugen sind für drei weitere Verhandlungstermine geladen. Der nächste Verhandlungstermin ist am kommenden Dienstag, 18. Juni.