Kamp-Lintfort. Das Thema Kies wird im Koalitionsvertrag der neuen NRW-Landesregierung behandelt. Kamp-Lintforts Bürgermeister zeigt sich vom Inhalt enttäuscht.

Als „völlig unzureichend“ bezeichnet Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt die Behandlung des Themas Kies im Koalitionsvertrag der neuen NRW Landesregierung. „Wir hätten deutlich mehr erwartet“, so Landscheidt. Vor allem fehlt ihm eine zentrale Aussage zum Ausstiegsszenario in Sachen Abgrabungen. „Einen Fahrplan gibt dieser Vertrag nicht her.“ Das müsse man doch an irgendeinem Datum festmachen können – und zwar nicht bis 2050 – wann am Niederrhein kein Sand und Kies mehr gewonnen wird. Denn nur dann gehe es auch zügig voran mit der Forschung und Entwicklung in Sachen Alternativen oder Recycling. Das sei eine Frage der Prioritäten: „Es gibt doch schon genügend Hochschulen, die sich damit befassen.“

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Dass selbst bei einer grünen Regierungsbeteiligung die Themen Ressourcenschutz und Flächenverbrauch – und dabei gehe es ja nicht nur bei Bauprojekten, sondern auch beim Kiesabbau – in den Hintergrund treten, findet Landscheidt enttäuschend. „Bedauerlich ist ja, dass Kiesabbau, landesweit betrachtet, eher ein lokales Thema ist und nicht für alle Abgeordneten an erster Stelle steht.“ Er hoffe, dass die lokalen Vertreter im Landtag da weiterhin den Finger in die Wunde legen: „Wir müssen weiter Druck machen.“.

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Die Ankündigung eines Rohstoff-Monitorings überzeugt den Bürgermeister ebenfalls nicht: „Das hat es schon gegeben und hat uns nicht weitergeholfen.“ Aus seiner Sicht wäre die erste Anforderung an die neue Landesregierung, dass keine neuen Abgrabungsgebiete ausgewiesen werden.

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Da sieht er sich vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster gestützt, denn dort ist die Rede davon, dass bisher nicht ausreichend zwischen Kiesgewinnung und Umweltfolgen sowie Flächenfraß abgewogen worden sei. Außerdem gebe es noch genügend „offene Löcher“. Die aktuelle Kampagne der Kiesindustrie, die vor Rohstoffknappheit warnt, nennt Landscheidt ein „Drohszenario“: „Es ist ja nicht so, dass ab morgen kein Kies mehr da ist. Es sind so viele Tonnen da, dass reichlich exportiert wird.“

Wenn sich die Kiesindustrie mehr Planungssicherheit wünsche, dann wünsche er diese auch, sagt der Verwaltungschef mit Blick auf das Kamp-Lintforter Sorgenkind Rossenray. 2015 sollten dort eigentlich schon „blühende Landschaften“ zu sehen sein statt eines Maschendrahtzauns. Bis Mitte 2035 wird es wohl auch so bleiben. „Es gibt bislang keinen belastbaren Vorschlag, wie wir die Unternehmen hier in die Pflicht nehmen können.“ Derzeit könnten die Unternehmen offene Gruben wie Rossenray schlicht als „Verfügungsmasse“ betrachten.

Vor diesem Hintergrund nennt er auch die jüngste Initiative der Kiesindustrie, die in Neukirchen-Vluyn schon die schönsten Pläne für eine Nachnutzung vorgestellt haben, ein „Kuckucksei“, das sie sich ins Nest gelegt haben: „Das war so offensichtlich Publicity, damit verspielt man nur seine Glaubwürdigkeit.“