Kleve. Nach 3,5 Jahren in Kleve wechselt Präsidentin Katrin Jungclaus nach Köln – mit vielen schönen Erinnerungen an das „schönste Gericht in NRW“.

Ein historisches Kapitel neigt sich dem Ende zu: Im Sommer 2021 wurde Katrin Jungclaus die erste Präsidentin in der über 200-jährigen Geschichte des Landgerichts Kleve. Damals wohnhaft in Köln musste sie nicht lange überzeugt werden, als man ihr diese Stelle am „schönsten Gericht in NRW“ anbot. Statt regelmäßig zwischen Köln und Kleve zu pendeln, entschied sie sich für eine Wohnung in der Schwanenstadt.

Doch nun, nach fast dreieinhalb Jahren, wartet eine neue Herausforderung: Zum Jahreswechsel übernimmt sie das Amt der Präsidentin des Landgerichts Köln.

Jeder Tag voller Überraschungen

Vor ihrer Verabschiedung sprach sie mit der NRZ über ihre Zeit in Kleve und gibt Einblicke in die Aufgaben einer Gerichtspräsidentin. „Ich bin die Chefin aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landgerichts und der angeschlossenen Amtsgerichte“, erklärt sie. Doch diese Aufgabe sei keine Einzelmission: „Ich habe tatkräftige Helfer – insbesondere die Geschäftsleitungen des Landgerichts und der Amtsgerichte sowie die Direktorinnen und Direktoren. Dazu kommt die Verwaltung.“ Auch Fahrten zu den Amtsgerichten, die von Kleve aus betreut werden – Kleve, Emmerich, Geldern, Moers und Rheinberg – gehören zum Programm.

„Wenn man über andere Menschen urteilt, hat man eine große Macht – und eine große Verantwortung. Dessen muss man sich immer bewusst sein. Ich habe es nie bereut. Für mich ist es immer noch der schönste Beruf der Welt“

Katrin Jungclaus
bis Ende 2024 Präsidentin Landgericht Kleve

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Für Katrin Jungclaus steckt jeder Tag voller Überraschungen: „Das ist spannend, weil ich oft nicht weiß, wie sich ein Tag entwickelt“, sagt sie. Oft beginnt der Morgen mit einer Akte auf dem Tisch – mit dem festen Vorsatz, sich im Laufe des Tages intensiv damit zu beschäftigen. Doch am Abend liegt die Akte oft noch an derselben Stelle – die Aufgaben der Präsidentin sind vielfältig.

Mit der Macht kommt die Verantwortung

„Manchmal ruft das Oberlandesgericht an, eine Entscheidung muss getroffen werden oder Personalfragen stehen plötzlich im Vordergrund“, berichtet Jungclaus. Als Präsidentin ist sie nicht nur für die Rechtsprechung zuständig, sondern auch für Organisations- und Personalfragen. Flexibilität ist dabei ein Muss, denn Krankheitsfälle oder andere unvorhergesehene Ereignisse erfordern schnelle Entscheidungen. „Es ist ein vielseitiger Beruf, der viel Koordination, Entscheidungsstärke und Spontaneität erfordert – und genau das macht ihn so spannend.“

Der Wunsch, einen juristischen Beruf zu ergreifen, entwickelte sich bei Jungclaus, die aus einer Juristenfamilie stammt, schon früh. Nach dem Abitur ließ sie sich ein Jahr Zeit, um sich zu orientieren, bevor sie mit dem Jurastudium begann. „Während des Studiums hat sich schnell herauskristallisiert, dass ich zielstrebig auf den Richterberuf hinarbeiten möchte“, erzählt sie. Vor allem die Verantwortung für andere Menschen habe sie fasziniert. „Wenn man über andere Menschen urteilt, hat man eine große Macht –und eine große Verantwortung. Dessen muss man sich immer bewusst sein. Ich habe es nie bereut. Für mich ist es immer noch der schönste Beruf der Welt.“

Ein Wechsel mit weinendem Auge

Aber auch die schönsten Berufe bringen Herausforderungen mit sich. Fälle, vor allem wenn Kinder betroffen sind, können emotional belastend sein. „Natürlich nimmt man einiges mit nach Hause.“ Mit den Jahren habe sie jedoch gelernt, professioneller mit emotionalen Belastungen umzugehen – doch unberührt bleibt auch die erfahrenste Richterin nicht. „Ein Richter, der sagt, er hätte noch nie eine schlaflose Nacht gehabt, den gibt es nicht. Das wage ich zu bezweifeln.“

Katrin Jungclaus wurde in Dortmund geboren, studierte in Hamburg und begann ihre Laufbahn als Richterin in Wuppertal. Vor 20 Jahren zog sie nach Köln. Aber wie kommt man von dort nach Kleve? „Richterlich bin ich ein Kind des Düsseldorfer Bezirks. Zum Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf gehört auch Kleve. Als die Stelle der Präsidentin frei wurde, habe ich mich sehr gefreut, dass man mich gefragt hat.“

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Der Niederrhein und die Grenzstadt

Der Niederrhein war damals Neuland – aber die Landschaft und vor allem die Menschen hätten sie sofort überzeugt. „Die Klever sind unglaublich heimatverbunden und auf eine angenehme Art direkt und ehrlich.“ Sie wurde herzlich aufgenommen und fühlte sich „unheimlich wohl!“

Nun, nach fast dreieinhalb Jahren, nimmt sie mit gemischten Gefühlen Abschied. „Es ist das erste Gericht, für das ich diese Verantwortung an vorderster Front übernommen habe. Das schafft Verbundenheit.“ Doch in Köln wartet eine neue Herausforderung. „Am Landgericht Köln arbeiten 230 Richter – das Landgericht Kleve hat 30.“ Auch die Art der Fälle unterscheidet sich. In Kleve machen Betäubungsmitteldelikte rund 70 Prozent der Fälle in den großen Strafkammern aus. „In Köln ist das anders“, dort sei die Justiz mit einer anderen Deliktstruktur konfrontiert.

Dank und Abschied

Ihr Dank richtet sich an das Landgericht, die Bevölkerung und die Stadt Kleve sowie an alle, mit denen sie zusammenarbeiten durfte. „Wir haben sehr gut zusammengearbeitet in einer nicht einfachen Zeit – ob Corona oder Energiekrise. Das hat uns sehr in Anspruch genommen.“

Bis zur Neubesetzung der Stelle übernimmt Vizepräsident Dr. Ingo Frommhold die Leitung. Zum Abschied gibt Jungclaus dem Gericht noch einen Wunsch mit auf den Weg: „Passen Sie gut auf sich auf hier am Landgericht – die Justiz wird gebraucht.“