Uedem. Der Protest der Uedemer Bürgerinitiative hat sich gelohnt. Das Bauunternehmen zieht seinen Antrag zurück. Wo der neue Standort ist.

Das Unternehmen Heinrich Loock Transport- und Recycling GmbH hat den Antrag, auf ihrem Gelände Molkereistraße 94 in Uedem eine Bauschuttaufbereitungsanlage zur Annahme, Lagerung und Aufbereitung von Bauschutt, Baumischabfällen und Baum- und Strauchschnitt zu errichten, zurückgenommen. Das teilt jetzt die Gemeinde Uedem der Presse mit.

Neuer Standort für die Schuttaufbereitung

„Nach mehreren Gesprächen zwischen Bürgermeister und dem Geschäftsführer, Dipl.-Ing. Ludger Janhsen, hat die Firma Loock Transport- und Recycling GmbH schriftlich erklärt, dass sie Abstand vom geplanten Bau einer Bauschuttaufbereitungsanlage in Uedem nimmt“, teilt Bürgermeister Rainer Weber mit. Als Grund nennt die Firma, dass eine zeitnahe Umsetzung des Vorhabens am geplanten Standort nicht möglich sei. Für den Straßenbau- und Kanalbaubetrieb und die dort anfallenden wiederzuverwertenden Materialen benötigt die Firma eine zeitnahe Lösung. „Daher hat die Firma Loock Transport- und Recycling GmbH mit der Firma Völkers aus Kalkar eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, um auf dem Gelände in Kalkar-Kehrum gemeinsam Material aufzubereiten“, so Geschäftsführer Ludger Janhsen.

Politik soll Aufstellungsbeschluss aufheben

„Die Verwaltung wird dem Ausschuss für Planen, Bauen und Wirtschaftsförderung nun in der nächsten Sitzung am 25. November 2024 vorschlagen, den Aufstellungsbeschluss zur 40. Änderung des Flächennutzungsplanes - Gewerbegebiet östlich der Kervenheimer Straße (L 362) - für die Errichtung einer Bauschuttaufbereitungsanlage aufzuheben“, teilt Bürgermeister Rainer Weber mit.

So berichteten wir am 14. Oktober:

Die Heinrich Loock Transport- und Recycling GmbH plant, von Bedburg-Hau nach Uedem an die Molkereistraße umzuziehen. Dort soll die auf 652 Tonnen ausgelegte Anlage Bauschutt, Straßenaufbruch, Beton, Baum- und Strauchwerk annehmen, lagern und aufbereiten. Das dafür vorgesehene Grundstück, das schon in der Vergangenheit gewerblich genutzt wurde, hat die Firma Loock bereits vom damaligen Eigentümer (nicht die Gemeinde Uedem) erstanden.

Von der Firma Loock beauftragte Gutachten zu Staub-, Geruchs- und Lärmimmissionen führten zu einer positiven Einschätzung der Machbarkeit am Uedemer Standort. Oder wie Bürgermeister Rainer Weber es im Gespräch mit der NRZ formuliert: „Das Bauvorhaben ist nach erster Einschätzung der Genehmigungsbehörde genehmigungsfähig. Das Bauleitplanverfahren sollte ordnungsgemäß durchgeführt werden. Was Recht ist, muss Recht bleiben.“

Immer mehr Widerstand

Bauschutt
Michael Schuck zeigt zur geplanten Bauschuttanlage. © NRZ | Anke Gellert-Helpenstein

Dagegen regt sich in der Gemeinde immer mehr Widerstand. Bürger haben sich in WhatsApp-Gruppen, Nachbarschaftsgemeinschaften und auch in der Initiative „Stoppt den Bauschutt“ zusammen getan. Eine Petition läuft. Nach dem Motto „viele Köche verderben den Brei“ gab es nun auf Initiative unter anderem der Nachbarschaft Kiefernweg eine umfangreiche Info-Veranstaltung in Uedem für alle Gegner einer solchen Anlage, die in einem Gründungsbeschluss für eine Bürgerinitiative gipfelte.

Mitinitiator Michael Schuck vom Kiefernweg: „Rund 70 Anwohner sind zu unserer Versammlung erschienen. Der Beschluss, den wir gemeinsam am Dienstag, 8. Oktober, gefasst haben, lautet: ‚Keine Bauschuttrecyclinganlage in Uedem in der Nähe von Wohngebieten‘.“

Das sagt der Bürgermeister

Die NRZ wollte wissen, was viele Uedemern gegen die Ansiedlung haben und warum die Stimmung gegen Rat und Verwaltung aufgewühlt ist. Bei einem Treffen der Nachbarschaft vom Kiefernweg in Uedem, wo einige Anlieger aus ihrem Garten heraus auf den Hügel schauen können, wo die Anlage entstehen könnte, machten Betroffene ihrem Ärger Luft. Der Vorwurf: Wichtige Fristen für Beschwerden hätten mitten in den Sommerferien gelegen und als öffentliche Bekanntmachung hätte es nur eine kleine Anzeige in den Medien gegeben.

Auf Anfrage der NRZ verweist Uedems Bürgermeister Rainer Weber auf die am 3. Juni erfolgte Sitzung: „Der Ausschuss für Planen, Bauen und Wirtschaftsförderung hat da einstimmig beschlossen, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange für die 40. Änderung des Flächennutzungsplanes – Gewerbegebiet östlich der Kervenheimer Straße (L 362) – durchzuführen.“

72 Stellungnahmen von Bürgern

Sämtliche Sitzungstermine und Tagesordnungspunkte sind übrigens regelmäßig im Ratsinformationssystem der Gemeinde hinterlegt und öffentlich zugänglich. „Wir sind da wirklich transparent“, betont Weber.

Bauschutt Uedem
Hier soll die Bauschuttanlage errichtet werden. © NRZ | Anke Gellert-Helpenstein

„Erreicht haben uns dann in Sachen Bauschuttaufbereitungsanlage 72 Stellungnahmen von Bürgern. Am 2. September gab es eine Ausschusstagung im Bürgerhaus, da wir wussten, dass einige Bürger kommen würden und Fragen zum Thema Bauschuttaufbereitungsanlage haben, auch wenn das Thema da gar nicht auf der Tagesordnung stand“, erklärt der Bürgermeister. Diese habe man so gut es geht beantwortet, die Stimmung sei jedoch sehr „denkwürdig“ gewesen.

Anwohner sind desillusioniert

Das wiederum empfanden die Kiefernweg-Anwohner auch so. Volker Thyssen desillusioniert: „Ich hatte immer Vertrauen in die politischen Gremien und die Verwaltung – dass sie für die Bürger handeln. Das Vertrauen ist hin. Wir bekamen keine klaren Antworten auf unsere Fragen. Eine Bürgerinformationsveranstaltung ist bis heute nicht auf die Beine gestellt worden.“ Rainer Weber gibt zu, dass die für November geplant gewesen sei, aber wohl erst im Januar/Februar erfolgen wird. 

Michael Schuck betont, dass trotz oder eben aufgrund des bereits vorliegenden Gutachtens über die Folgen einer Betriebsansiedlung die Sorgen der Menschen im unmittelbaren Umfeld der Anlage groß seien. Man sorgt sich um das Natur- und Landschaftsbild, um Wertverluste der Grundstücke, um die Emissionen, die die nahen Wohnansiedlungen Molkereistraße, Kiefernweg, Fichtenweg, Rother Berg (hier auch der Wohnmobilplatz) und Bergstraße betreffen könnten. „Viele hier sind jetzt schon durch die L 77 durch Lärm stark belästigt.“

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Vor dem Lärm schützen

„Und an der Kreuzung Kervenheimer Straße und Boxteler Bahn ist das hohe Verkehrsaufkommen heute schon oft unzumutbar“, ergänzen Norbert und Kriemhild Koch-Blum. Da – so die Berechnungen – müssen die Menschen bei Ansiedlung der Aufbereitungsanlage mit plus 70 Lkw täglich rechnen. Aber auch hier versucht Rainer Weber auf Anfrage der NRZ zu relativieren: „Bei rund 7000 Fahrzeugen, die hier tagtäglich fahren, kann man sich das prozentual ja mal ausrechnen, wie viel mehr das mit Ansiedlung von Loock wäre.“

Um vor dem entstehenden Lärm zu schützen, den Brechanlagen, An- und Abfahrten, Kippvorgänge, Schredderer und Co. auf dem eigentlichen Gelände verursachen, soll übrigens eine Lärmschutzwand von mindestens 8 Meter (5 Meter zur Geländeoberkante) aufgebaut werden. Was keinen der im näheren Umfeld wohnenden Anwohner wirklich beruhigt. Besonders Angst macht den Anwohnern auch die eventuelle Feinstaubbelastung.

Sorge um den Feinstaub

„Die geplante Bauschutt-Recyclinganlage wird ja auf einer Anhöhe nur 200 Meter von den ersten Wohnhäusern entfernt errichtet. Da pfeift der Wind über die Mauer hinweg und nimmt den Feinstaub, der von den Lkw, beim Abkippen, und Schreddern entsteht, mit“, befürchtet auch Kiefernweg-Anwohnerin Barbara Vogt. Da würde auch eine geplante Berieselung auf das Material nicht viel nützen.

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Barbara Vogt stört in den Ausführungen zur Änderung des Flächennutzungsplans übrigens vor allen Dingen das Wort „Planungssicherheit“. „Als Bauingenieurin im Ruhestand weiß ich, dass das ein ganz schlimmes Wort ist. Es bedeutet nämlich nichts anderes, als dass ohne viele Umstände die Anlage zu einem späteren Zeitpunkt auch ziemlich schnell vergrößert werden kann.“

Berechnung des Lärms

Dann ergänzt Vogt noch: „Ich habe Mathe und Physik studiert und alle geschätzten Berechnungen, alle Zahlen im vorliegenden Gutachten kontrolliert und tatsächlich keine Fehler gefunden.“ Aber all die Berechnungen zur Feinstaubbelastung, zum Lkw-Aufkommen, zum Lärm, zum Landschaftsbild und bezüglich der Wasserbelastung seien jetzt schon beängstigend groß, außerdem mit theoretischen Werten berechnet worden und in der Wirklichkeit später wohl kaum haltbar.

Und Bernhard Weber von der Nachbarschaftsgruppe betonte: „Es wurden im Gutachten zur Firma Loock jeweils alle Maschinen nur einzelnd für die Berechnungen des Lärms gemessen – aber im Betrieb laufen bestimmt mehrere gleichzeitig.“

Genehmigungsverfahren ist nicht abgeschlossen

Aber noch ist es (lange) nicht so weit. Bis das noch lange laufende Genehmigungsverfahren abgeschlossen ist, kann es noch dauern. Erst dann könnte für die Bauschuttaufbereitungsanlage der Bebauungsplan aufgestellt werden. Eine weitere Bürgerbeteiligung steht ebenfalls noch aus. Uedems Bürgermeister Rainer Weber weiß, dass sich das ganze Verfahren noch bis 2026/27 hinziehen kann.