Kleve. Zwei Männer müssen sich in Kleve wegen Drogenhandels verantworten. Das Geschäft mit dem Kokstaxi lief über Handys. Doch die Polizei hörte mit.
Aus dem Nachtleben von Großstädten ist das florierende, wenngleich illegale Gewerbe nicht mehr wegzudenken: Menschen mit dem Bedürfnis nach psychoaktiven Substanzen rufen oder texten eine unter der Hand weitergereichte Nummer an, und schon werden die gewünschten Substanzen – in der Regel Kokain – frei Haus geliefert. Daher auch der Name: Kokstaxi. Doch ein Prozess am Donnerstag vor dem Landgericht in Kleve enthüllte, dass es dieses Gewerbe nun auch schon am beschaulichen Niederrhein gibt. Und auch dort scheint es sehr lukrativ zu sein.
Angeklagt waren zwei Männer, der eine rumänischer, der andere niederländischer Staatsbürgerschaft, die am unteren Ende der Verwertungskette standen und im wöchentlichen Wechsel mit dem Auto unterwegs waren, um illegale Substanzen an der Haustür abzuliefern. Als die Polizei zu Beginn dieses Jahres die Wohnung des in Kranenburg wohnenden, 46 Jahre alten Niederländers durchsuchte, fanden die Ermittler ein Lager mit unter anderem 1,2 Kilogramm Amphetaminen, 113 Gramm Kokain, 20 Gramm Crack und 28,8 Gramm Heroin. Und 76.890 Euro Bargeld, ein Indiz für die Summen, die bei dem Geschäft bewegt werden.
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Macheten mit einer Klingenlänge von jeweils 40 Zentimetern
In beiden Wohnungen entdecken die Ermittler zudem Waffen – in der des Niederländers einen funktionsfähigen Elektroschocker, zwei Luftdruckpistolen, einen Baseballschläger und zwei Macheten mit einer Klingenlänge von jeweils 40 Zentimetern. Bei dem 38 Jahre alten Angeklagten aus Rumänien, der in Kleve wohnt, fand sich eine Dose Pfefferspray. Das führte dazu, dass die Staatsanwaltschaft die Anklage auf sogenanntes „bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ erweiterte. Das Strafgesetzbuch sieht dafür eine Freiheitsstrafe von nicht unter fünf Jahren und bis zu 15 Jahren vor.
Vor der 2. großen Strafkammer unter Vorsitz von Richter Gerhard van Gemmeren zeigten sich beide Angeklagten geständig. Der Niederländer sagte, er habe zuletzt in der Baubranche gearbeitet und sei wegen des Konsums von „Speed und Alkohol in absolutem Übermaß“ arbeitslos geworden. Der Rumäne kam als Zeitarbeiter nach Deutschland, arbeitete als Fensterbauer und hatte mit Kryptowährungen Geld verzockt. Das sollte offenbar mit dem Drogenhandel wieder reingeholt werden. Ihre Hintermänner wollten die beiden Angeklagten vor Gericht nicht verraten. Klar ist nur, dass die Drogen aus den Niederlanden kamen.
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Urteil am 19. August erwartet
Vor Gericht verlesene Chat-Verläufe oder Mitschriften von Telefonaten machten zudem deutlich, wie selbstverständlich die Geschäfte über Mobiltelefone abgewickelt werden. „Hast du noch Schnell?“, wird da beispielsweise gefragt (gemeint ist offenbar Speed), oder es ist von Öl die Rede, womit im Jargon Heroin bezeichnet wird. Ein Anrufer fragt: „Was kriegst du für 200?“, und der Dealer antwortet nur, dass der Kunde das doch selber ausrechnen könne.
So wirkt Kokain
Kokain erzeugt einen kurzfristigen Kick. Konsumierende fühlen sich großartig. Die aufputschende Wirkung beruht auf der vermehrten Ausschüttung körpereigener Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Serotonin. Dadurch kommt es zu einer massiven Stimulation des zentralen Nervensystems. Die als positiv wahrgenommenen Wirkungen sind gesteigerte Wachheit und euphorische Stimmung. Der Körper wird insgesamt auf eine höhere Leistungsfähigkeit eingestellt. Allerdings führt Kokain dem Körper keine Energie zu – sondern bringt ihn dazu, seine vorhandenen Energiereserven zu mobilisieren. Nach etwa einer Stunde lässt der Rausch nach. Dann kann die Wirkung ins Gegenteil umschlagen. Deshalb wird oft „nachgelegt“, also erneut konsumiert. Dadurch wird der ohnehin gestresste Organismus weiter dazu genötigt, seine Energiereserven auszubeuten. Die Folgen können sein: Übererregung, aus der sich Krampfanfälle entwickeln können, Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen, die zum Koma führen können, gesteigerte Aggressivität, paranoide Wahnvorstellungen und Halluzinationen, erhöhte Körpertemperatur, Herzklopfen und Bluthochdruck, bis hin zum Kokainschock, Atemkreislaufversagen, Herzinfarkt. (Quelle: BZgA)
Nicht damit gerechnet hatten alle Beteiligten offenbar, dass die Polizei die Gespräche mithört. Und nicht mit einfacher Multiplikation auszurechnen ist auch, zu welchem Urteil die 2. große Strafkammer am 19. August gelangen wird, wenn die Verhandlung fortgesetzt und das Urteil verkündet wird.