Kleve. Weil zuletzt gleich mehrere Verkäufer ausfielen, musste die Fleischerei aus Kleve eine ihrer Filialen kurzzeitig schließen. Das sind die Gründe.
Metzgermeister Lothar Quartier ist ein wenig ratlos: „Das hätten wir nie gedacht: Wir hatten immer damit gerechnet, dass wir irgendwann mal eine Metzgerei schließen müssen, weil die nicht mehr läuft. Jetzt ist es aber genau andersherum: Die Leute kommen zu uns, weil sie Wert auf Qualität legen – und wir haben keinen, der es über die Theke geben kann.“
Zumindest war dies so an einem Samstag vor einigen Tagen. Wegen Urlaub, Krankheit und einem familiären Schicksalsschlag fielen kurzfristig gleich drei Verkäufer gleichzeitig aus. Das war zu viel für eine der vier Metzgerei-Filialen des schon 55 Jahre bestehenden Klever Traditionsunternehmens. „Es war der Tag der Tage, den wir lange vermeiden konnten: Unsere Citymetzgerei musste für einen Tag schließen“, berichten Senior-Chef Lothar Quartier und sein Sohn Daniel, die beide als Geschäftsführer die Firma leiten.
„Vom Fachkräftemangel sind gerade wir ganz extrem betroffen“
„Trotz aller Bemühungen war es für uns nicht möglich, unseren kleinen, aber schönen Laden mit Fachpersonal zu besetzen“, sagen Vater und Sohn und verbinden dies mit einem dringenden Appell, potenzielle Mitarbeiter auf die freien Arbeitsplätze von Metzgerei Quartier aufmerksam zu machen.
„Wir müssten zwei Leute mehr haben, drei mehr könnten wir auch gebrauchen“, rechnet Lothar Quartier vor, der sich gleichzeitig große Sorgen um seine Branche macht: „Fachkräftemangel gibt es in mehreren Bereichen, wir sind mit Sicherheit ganz extrem betroffen“, so der 66-Jährige. Dies liege auch daran: „Früher gab es Kleve mal 30 Metzgereien, jetzt gibt nur noch zwei – uns und Terhoeven.“ In den vergangene Jahrzehnten sei vermehrt Lebensmittel-Einzelhandel mit eigenen Fleischtheken entstanden.
„Wir haben mittlerweile die Problematik, dass junge Menschen, die vielleicht Fleisch oder Wurst verkaufen möchten, sich eher einen Job im Lebensmittel-Einzelhandel vorstellen, weil sie das vom Einkaufen mit ihren Eltern her kennen, als im Fachgeschäft“, sagt der Senior-Chef, der dies einen der Gründe sieht, bei der Metzgerei einzusteigen.
Auch die Ausbildungszahlen seinen „nicht besonders hoch“, ergänzt Daniel Quartier. In diesem Jahr wurden vier Auszubildende als Verkäufer im ganzen Kreis Kleve freigesprochen – in früheren Jahren seien dies schonmal rund 30 gewesen.
„Das Ansehen des Metzger-Berufs hat durch Berichte über Fleisch gelitten“
Für den 38-jährigen Junior-Chef gibt es auch noch diesen Grund für den Personalmangel: „Ich glaube, dass die Attraktivität des Berufs gelitten hat, aufgrund der Berichterstattung, die man über Ernährung gelesen hat.“ Vor einigen Jahren habe es die Tendenz gegeben, dass immer weniger Menschen Fleisch essen wollten – so schien es zumindest, was dem Ansehen des Metzger-Berufes stark geschadet habe, so Quartier. „Man musste ja in der Berichterstattung fast den Eindruck haben, dass Vegetarier immer mehr werden und dass es Fleisch bald nicht mehr geben wird.“ Zum Glück sei dies aber nicht so eingetreten.
„Bei den Handwerksberufen allgemein herrscht Mangel“, ergänzt Daniel Quartier und konkretisiert: „Wir haben die schlimme Situation mit unseren vier Metzgerei-Verkaufsstellen, die auch alle gut laufen: Die Handwerksprodukte sind gefragt, aber wie kriegen sie nicht mehr verkauft! Das kann man sich eigentlich nicht vorstellen.“
Von den insgesamt 134 Mitarbeitern sind 17 im Metzgerei-Verkauf
Zwei Metzgerei-Filialen hat Quartier in Kleve sowie je eine in Kranenburg und Rindern – zudem betreibt das Klever Unternehmen neun Curry-Q-Schnellrestaurants. Von den insgesamt 134 Mitarbeitern sind im Metzgerei-Verkauf 17 Leute beschäftigt, die meisten aber in den Curry-Q-Filialen, berichten Vater und Sohn Quartier. Hinzu kommen einige in den beiden Produktionsstätten, in der Verwaltung und Fahrer.
„Unsere Kunden haben ja auch einen gewissen Anspruch, gut beraten zu werden. Das kann noch lange nicht jeder“, sagt Daniel Quartier. Und sein Vater ergänzt: „Für den Beruf des Fachverkäufers im Nahrungsmittelhandwerk ist ein großes Fachwissen nötig.“
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Lothar Quartier berichtet von zahlreichen Bemühungen, neue Leute für sein Unternehmen zu gewinnen, nicht nur durch eine Erhöhung der Vergütung, ein Jobrad-Angebot und Zuschüsse zur Altersversorgung: „Wir versuchen ja schon, den Beruf so zu verkaufen, wie er ist: Interessant und attraktiv – ein Beruf, der den Leuten auch Freude macht.“ Unter anderen wirbt die Metzgerei Quartier mit einem von den Mitarbeitern produzierten Video um neue Kollegen mit dem Aufruf: „Komm in unser Team!“