Bedburg-Hau. „Therapeuten“ auf vier Hufen oder Pfoten öffnen die Herzen der Menschen, die in der LVR-Klinik Bedburg-Hau aufgenommen sind. Das steckt dahinter.


Sie öffnen die Herzen der Menschen, die in der LVR-Klinik Bedburg-Hau stationär aufgenommen sind: Therapeuten auf vier Hufen oder Pfoten. Und das bereits seit 1972. Tiergestützte Therapie ist modern – auf dem Gelände des LVR gehört sie längst zum Inventar.

Fallen lassen. Einfach das Leben spüren dürfen. Im Atemrhythmus des Pferdes den eigenen Körper fühlen. Das also ist das Ich, das wirken darf, das ein Recht auf wohltuende Augenblicke hat. „Das sind genau die Momente, in denen sich die Herzen der kleinen und großen Menschen öffnen“, sagt Birgit Buschmann-Franken. Sie ist seit 23 Jahren Reittherapeutin an der LVR-Klinik in Bedburg-Hau – und das mit Leib und Seele.

Auch schon 2014 fand eine tiergestützte Therapie in der LVR Klinik statt. Hier mit Lara Prigge (links) und Birgit Buschmann-Franken
Auch schon 2014 fand eine tiergestützte Therapie in der LVR Klinik statt. Hier mit Lara Prigge (links) und Birgit Buschmann-Franken © FFS | Heinz Holzbach

Wenn die stationären und teilstationären Patientinnen und Patienten den Weg über Ärzte und Psychotherapeuten zu ihr finden, dann bringen sie ihr Lebens-Gepäck, bestehend aus Angst, Depression, sozialer Inkompetenz, Abhängigkeiten, Persönlichkeitsstörungen und so viel mehr, mit. Vielleicht sechs oder acht Wochen später fühlt sich das Leben schon besser an – auch dank der Therapeuten auf vier Hufen oder Pfoten.

Tiergestützte Therapie ist modern, aber Anfänge schon vor über 50 Jahren

Tiergestützte Therapie, zuletzt mit Alpakas präsentiert bei der Forensischen Fachtagung „Sex, Drugs & Rock’n Roll“ auf dem Gelände der Bedburg-Hauer LVR-Klinik, ist sehr gefragt. Für stationäre Patientinnen und Patienten, beispielsweise aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie, aber auch aus der Forensik und Erwachsenenpsychiatrie besteht bereits seit 1972 die Möglichkeit zur Reittherapie auf dem hauseigenen Gelände.

„Wobei das Reiten in der Therapie gar nicht im Vordergrund steht“, erläutert Birgit Buschmann-Franken. Vielmehr seien es der Kontakt zum Tier, die Selbstwirksamkeit, das Miteinander mit den anderen Lebewesen, „und vor allem die Langsamkeit.“ Denn: „In einer Gesellschaft, in der es ständig um Leistung geht, ist Achtsamkeit ein sehr hohes Gut. Und das spüren wir hier täglich im Umgang mit den Tieren.“

Luftbild der Forensischen Psychiatrie in der LVR-Klinik Bedburg-Hau
Luftbild der Forensischen Psychiatrie in der LVR-Klinik Bedburg-Hau © FUNKE Foto Services | Hans Blossey www.luftbild-blossey.de

Täglich durchschnittlich zehn Patienten nehmen das Angebot der Reittherapie auf dem LVR-Gelände in Bedburg-Hau wahr, rund 50 Prozent davon sind Kinder und Jugendliche. Neben Fjordpferd Pieter, der inzwischen schon 29 Jahre alt ist, und Haflinger Gandor (8) ist auch Therapiehund Neele stets ein beliebter Begleiter. Impulskontrolle oder die Wahrnehmung der eigenen Wirkung auf andere fließen bei der Therapie mit den Tieren immer mit ein.

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Ganz individuell werden große und kleine Patienten dort abgeholt, wo sie stehen. Die psychischen Erkrankungen sind vielfältig und jeden Tag aufs Neue geschehen andere Begegnungen. „Das Zusammentreffen mit den Tieren ist bedingungslos und wertfrei, weshalb das Aufeinander-Zugehen oftmals leichter fällt als bei den Menschen“, sagt die Reittherapeutin, „dadurch feiern wir jeden Tag Erfolgserlebnisse.“ Nämlich solche, die Herzen öffnen. Und die wohltuende Langsamkeit ins Leben zurückkehren lassen.