Essen/Gelsenkirchen. Vor dem Arbeitsgericht Essen kämpfen Wurst-König-Frauen um ihr Geld. Spannendste Frage beim ersten Termin: Kommt die Firma aus der Deckung?
Der Streitwert: 2792 Euro, 26 Cent. Das ist der Dezember-Lohn, den Frau D. eigentlich bekommen sollte. Viel mehr, als die Verkäuferin regulär verdient, denn auf der Abrechnung steht noch eine Art Weihnachtsgeld, etwas kryptisch umschrieben als „Anwesenheitsprämie“. Normalerweise habe Wurst König nur den Mindestlohn gezahlt, sagt Volker Thiele-Salih, Rechtsanwalt. Er vertritt Frau D., die in der Filiale im Gelsenkirchener Bahnhofscenter beschäftigt war, jetzt vor dem Arbeitsgericht Essen.
Dort begann am Donnerstag (30.1.) eine ganze Reihe von Verfahren, alle ähnlichen Inhalts. Mitarbeitende, wohl ganz überwiegend oder ausschließlich Frauen, wollen ausstehende Lohnzahlungen erstreiten. Insgesamt elf Verhandlungen seien allein am Essener Arbeitsgericht schon terminiert, sagt dessen Direktorin Katja Buschkröger. Weitere vielleicht in anderen Städten, denn Wurst König hatte um den Jahreswechsel alle Filialen abrupt geschlossen. In Essen betraf es die Verkaufsstellen im Limbecker Platz und im Allee-Center Altenessen. Seit Dezember wurden keine Löhne mehr gezahlt, die Geschäftsführung scheint komplett abgetaucht.
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Arbeitsgericht Essen: Versäumnisurteil gegen Wurst König
Auch im Gerichtsaal erscheint am Donnerstagmorgen niemand, der die Metzgerei-Kette vertritt. Allerdings lässt sich auch Frau D. nicht blicken. Anwalt Thiele-Salih und der Vorsitzende Richter Tim Kusch machen die Sache alleine aus, minutenschnell. Gegen „Wurst König“ ergeht ein Versäumnisurteil: Die Firma muss den Lohn nachzahlen und die Kosten des Verfahrens tragen. Eine Woche beträgt die Einspruchsfrist. Niemand erwartet ernsthaft, dass vom Unternehmen etwas kommt.
Und dann? Was ist das Urteil für die Verkäuferin wert? Seine Mandantin sei 60 Jahre alt, berichtet der Anwalt, sie habe im Sommer 2017 bei Wurst König angefangen. Das Geld, auch wenn es nur Mindestlohn war, fehle ihr sehr, zumal auch im Januar nichts aufs Konto kam. Den Januarlohn, der erst Ende des Monats fällig wurde, wolle man ebenfalls einklagen. Und dann hoffen, dass irgendjemand einen Insolvenzantrag stellt.
Hoffnung auf Insolvenzverfahren - dubiose Vorgänge in der Filiale
„Durch das Versäumnisurteil haben wir einen Vollstreckungstitel“, erklärt Volker Thiele-Salih, „einen sicheren Nachweis, dass das Unternehmen den Lohn schuldet.“ Ein Insolvenzverwalter könnte versuchen, die Forderungen durchzusetzen, für Frau D. und alle anderen Klägerinnen.
Der Anwalt vertritt eine weitere Betroffene aus der Gelsenkirchener Filiale. Seine Mandantinnen hätten Vorkommnisse geschildert, die ihnen schon länger dubios vorkamen. So seien die Tageseinnahmen wochenlang nicht auf ein Bankkonto eingezahlt, sondern abends in bar abgeholt worden. Erst Mitte November 2024 war im Handelsregister ein neuer Geschäftsführer eingetragen worden, anscheinend ein Mann aus Sizilien. Erreichbar ist bei Wurst König niemand mehr.
Ob sich seine Mandantin arbeitslos gemeldet hat, kann Thiele-Salih nicht sagen. In Essen raten Arbeitsagentur, Jobcenter und Wirtschaftsförderung den Wurst-König-Mitarbeitenden ausdrücklich dazu. „Umgehend.“ Zuständig ist jeweils die Agentur für Arbeit am eigenen Wohnort. In einem Handzettel für die Betroffenen steht unter anderem, ein Anspruch auf „Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld“ könne geprüft werden: „Dies ist auch möglich, wenn keine Kündigung/kein Aufhebungsvertrag vorgelegt werden kann.“
Am Freitag geht es vor dem Essener Arbeitsgericht weiter. Dann kämpfen zwei weitere Wurst-König-Frauen um ihren bescheidenen Lohn.
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