Essen-Rüttenscheid. In Essen-Rüttenscheid gibt es eine Splitterschutzzelle aus dem Krieg, die jetzt Denkmalschutz hat. Was es damit auf sich hat.

Wenn man an denkmalgeschützte Objekte denkt, dann hat man meist schön gestaltete, historische Gebäudefassaden, tolle Bodenmosaike und seltenes, außergewöhnliches Ambiente vor Augen. Jetzt hat die Bezirksvertretung 2 einem Objekt Denkmalschutz verliehen, dem all die aufgezählten Attribute fehlen: eine Splitterschutzzelle aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Splitterschutzzellen (SSZ) wurden auch als Brandwachenstand, Einmannbunker, Einzelschutzraum bezeichnet. Sie hatten meist eine zylindrische Form und bestanden aus Stahlbeton. Sie boten ein bis zwei Personen Schutz vor Splittern und anderen Gefahren. Einem Volltreffer hätten diese zigtausendfach in Deutschland gebauten Objekte nicht widerstanden. Es geht aus Berichten jener Zeit hervor, dass Insassen bei Treffern durchaus umkamen oder schwer verletzt wurden. Heute gibt es nur noch wenige Exemplare dieser Bauwerke, die nur eine Höhe von etwa 1,40 Metern erreichten.

Vivawest wollte Splitterschutzzelle in Rüttenscheid bewusst erhalten

Ein solcher Einmannbunker steht in Rüttenscheid auf dem Grundstück Köndgenstraße 4, das der Wohnungsgesellschaft Vivawest gehört. Das Unternehmen teilt auf Anfrage dieser Redaktion mit: „Unsere Wohngebäude in diesem Bereich der Köndgenstraße wurden im Jahr 2021 fertiggestellt. Allerdings war Vivawest auch schon vor der Neubaumaßnahme Eigentümerin des Grundstücks und hat dort Wohnungen vermietet.“

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Entsprechend sei der Bunker schon lange bekannt. Im Rahmen des Neubauprojekts sei er bewusst in die Planung der Außenanlagen integriert worden, um ihn zu erhalten: „Da in vielen Vivawest-Quartieren historisch wertvolle und teilweise denkmalgeschützte Gegenstände und natürlich auch Gebäude stehen und unsere Unternehmenswurzeln im Bergbau liegen, legen wir seit jeher Wert auf die Erhaltung solcher Zeitdokumente.“

Rüttenscheider Bezirksbürgermeister kannte das Objekt vorher nicht

Die ersten Einmannbunker wurden von der mittelständischen Betonindustrie in vielen Varianten hergestellt. Das Dach war meist ein Kuppel-, Kegel oder Flachdach. Der Korpus hatte ein bis zwei kleine verriegelbare Einstiegsluken und drei bis sechs Sehschlitze für eine Rundumsicht. Um zu verhindern, dass die Zelle durch Explosionen umgeworfen werden konnte, wurde sie, wenn möglich, auf einem Fundament errichtet. Oft wurde sie zusätzlich durch Erdaufschüttungen abgesichert. Das Objekt bestand aus mehreren Teilen, die vor Ort verschraubt wurden.

Bezirksbürgermeister Hans-Peter Huch kannte das denkmalschutzwürdige Objekt bisher nicht, das von der Straße her nicht zu sehen ist. Es liegt im hinteren Grundstückbereich, der nur von den Vivawest-Mietern genutzt werden darf. Um so überraschter war er, als die untere Denkmalbehörde die Unterschutzstellung beantragte.

Essener Denkmalliste beinhaltet über 1000 Objekte

Die Schutzzelle an der Köndgenstraße ist wahrscheinlich eine Eigenproduktion von früheren Anwohnern. Denn einige Teile entsprechen nicht den üblichen Standards. Aus der Not heraus haben sie die Schutzzelle wohl aus den Materialien gebaut, die gerade vorhanden waren. Das war einer der Gründe, aus denen die Denkmalbehörde die Aufnahme in die Denkmalliste der Stadt Essen beantragt hat.

Die Essener Denkmalliste, die mittlerweile über 1000 Objekte beinhaltet, ist damit um eine Stelle länger geworden. Vivawest teilt aber mit, dass nicht beabsichtigt sei, das Baudenkmal der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das geschehe vor allem zum Schutz der Mieterinnen und Mieter.

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